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Gesellenbrief in der Tasche, aber kein Job in Sicht

Von Wladimir Kleschtschow 17.02.2008, 17:56

Köthen/MZ. - So wird seit etwa zwei Jahren der Beruf bezeichnet, der früher "Kfz-Schlosser" hieß. Alle Auszubildende haben die Prüfungen bestanden und erhielten in der Veranstaltung, die diesem Anlass gewidmet war, nun ihre Gesellenbriefe.

Im vergangenen Jahr waren weniger als 30 frisch gebackene Mechatroniker "freigesprochen" worden, wie es im traditionellen Fachjargon heißt. Etwa um ein Viertel stieg also die Zahl der jungen Menschen, die diese solide technische Ausbildung und damit eine Grundlage für einen erfolgreichen Berufsstart erhielten. "Die Unternehmen haben eben mehr Lehrlinge ausbilden lassen", hieß es in der Veranstaltung am Freitag zur Begründung der stark gewachsenen Zahl der Auszubildenden.

Doch ein Zeichen für einen Aufschwung in der Branche ist es offenbar nicht. Denn wie es in der Veranstaltung hieß, kann sich lediglich jeder Dritte von den neuen Gesellen über den erfolgreichen Abschluss der Lehre uneingeschränkt freuen. Den restlichen zwei Dritteln fehlt die zweite wichtige Voraussetzung für einen hoffnungsvollen Berufsstart: ein Arbeitsplatz.

So ließ auch der Kfz-Innungsobermeister Klaus Kretzschmar seinem Glückwunsch an die Gesellen zum erfolgreichen Abschluss der Lehre sofort den zweiten Satz folgen. "Ich bedauere," so Kretzschmar, "dass so viele nicht übernommen wurden." "Ich hatte einen Kloß im Hals und konnte nicht richtig sprechen, weil mir die Jungs so sehr Leid tun", sagte Kretzschmar der Mitteldeutschen Zeitung nach der Veranstaltung.

Nach Meinung der Obermeisters ist die gestiegene Qualität der neuen Fahrzeuge eine der Ursachen für die geringe Nachfrage nach neuen Arbeitskräften in den Autowerkstätten. "Längere Intervalle zwischen den Inspektionen, weniger Pannen - das heißt auch weniger Arbeit für die Werkstätten", erläuterte Kretzschmar.

Martin Bahn aus Nienburg gehört zu der glücklichen Minderheit, die bereits einen Arbeitsplatz hat. Seine Tischnachbarn Thomas Schwieger aus Bernburg, Rene Stoye aus Edlau und Nico Schwertfeger aus Köthen müssen mit ihren frisch ausgestellten Zeugnissen dagegen erst einmal in die Arbeitslosigkeit gehen.

Schwieger, 24 Jahre alt, hat in seinem Zeugnis überwiegend gute und sehr gute Noten. Angesichts eines fehlenden Jobs will er nicht resignieren. "Ein paar Bewerbungen laufen noch", sagt er. "Wenn keine Zusage kommt, werde ich mich erst einmal ab Juli weiter bilden - zu einem Meister. Bekomme ich einen Job, mach ich die Weiterbildung parallel."

Zu ständiger Weiterbildung rieten Vertreter der Innung und der Kreishandwerkschaft Bernburg-Köthen übrigens allen neuen Gesellen. "Das, was ihr gelernt habt, entspricht zwar dem neuesten technischen Stand", hieß es. "Die Halbwertzeit des handwerklichen Wissens liegt jedoch bei fünf Jahren. Dann werden eure Kenntnisse veraltet sein."

Einen Arbeitsplatz zu finden, einen guten Meister zu haben und ordentlich Geld zu verdienen wünschte Landrat Uwe Schulze dem Mechatroniker-Nachwuchs. "Viel Erfolg und dass ihr anständig durch das Leben geht", gab der Landrat den jungen Menschen mit auf den Weg.