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Füttern im Schutzanzug Füttern im Schutzanzug: Wie die Vogelgrippe den Tierpark in Köthen in Atem hält

Von Matthias Bartl 10.01.2017, 10:51
Der verwaiste Ententeich ist mit Absperrband überzogen, damit keine Wildvögel auf dem Teich landen können.
Der verwaiste Ententeich ist mit Absperrband überzogen, damit keine Wildvögel auf dem Teich landen können. Michael Engelmann

Köthen - Köthens Baumärkte dürften am Sonnabend einen starken Umsatzanstieg bei Ganzkörperschutzanzügen verzeichnet haben. Bei Anzügen der Art also, die gern beim Malern verwendet werden, Anzügen aus Propylen, mit Kapuze und Gummizügen. Die ab sofort auch im Köthener Tierpark, der nach dem Fund eines am H5N8-Virus gestorbenen Trauerschwans quasi zu einem Hochsicherheitsbereich geworden ist, zur Standardbekleidung zählen.

„Tierparkchef Michael Engelmann hat am Samstag so viele Einwegoveralls gekauft wie möglich“, sagt Oliver Reinke, Umweltamtsleiter der Stadtverwaltung Köthen und zugleich Geschäftsführer der Tierpark GmbH.

Die Anzüge sollen in erster Linie die Tiere schützen

In seinen Überlegungen steht derzeit verständlicherweise die Sicherheit der Einrichtung und der Tiere an vorderster Stelle. „Der Tierpark darf derzeit nur von Mitarbeitern betreten werden - und die müssen sich strengen Regeln unterwerfen.“

Nicht zuletzt muss jeder Pfleger, der eine Anlage mit Vögeln betritt, dazu einen Schutzanzug anziehen - und ihn beim Verlassen wieder ausziehen. „Wir dürfen kein Risiko eingehen. Wir müssen die Krankheit von den Volieren fernhalten.“

Bislang sind die Volieren noch Vogelgrippe-frei

Denn dort ist die gefährliche Vogelgrippe bislang nicht angekommen. Das hat die Überprüfung der Proben erbracht, die noch am Freitag an die Tierseuchenexperten des Landesamtes für Verbraucherschutz in Stendal übergeben worden waren.

Neun der zehn Proben, so Vize-Landrat Bernhard Böddeker gegenüber der MZ, seien negativ ausgefallen, eine Probe allerdings - bei einem Emu - hat einen Verdachtsfall ergeben, „was aber noch nichts heißen muss“, so Böddeker. „Das ist noch kein positiver Befund.“

Andere Befunde waren da deutlicher: Von den 25 Teichvögeln, die beprobt worden waren, waren auch alle 25 mit dem Virus angesteckt - ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Entscheidung, alle Teichvögel zu töten, zwar schmerzlich, aber unumgänglich war.

Vögel unter freiem Himmel sind besonders gefährdet

Für Geschäftsführer Reinke war das Ganze letzten Endes auch keine Überraschung. „Wir werden überflogen und vollgeschissen“, sagt er drastisch. Der Teich selbst war tagtäglich Landeplatz für eine Vielzahl von wilden Wasservögeln, „die hier natürlich Futter fanden“. „Da konnte man sozusagen drauf warten, dass was passiert.“

Dazu passe auch, dass die eingestallten Vögel befallsfrei sind. Was letzten Endes das kommende Problem des Tierparks umschreibt: Die Einrichtung wird sich etwas einfallen lassen müssen, um den Teich künftig vor fremden Vögeln abzusichern. Bevor dieses Problem nicht gelöst sei, werde es auch keine neuen Vögel in dem Teich geben, betont Oliver Reinke.

„Für uns heißt das, auf Sponsorensuche zu gehen, damit wir langfristig gesehen die notwendigen Mittel für eine technische Lösung zusammenbekommen. Wir müssen dabei mit einer nicht unerheblichen Summe rechnen, denn mit einem Holzpfahl und ein paar Netzen, die man drüber wirft, wird es nicht getan sein.“

Die Stadt wird beim Schutz des Tierparks wohl kaum helfen können

Auf die Hilfe der Stadt will Reinke, der als Umweltsamtleiter natürlich das Haushaltsdilemma der Kommune kennt, nicht vordergründig bauen. „Der Tierpark ist eine freiwillige Leistung, die Stadt wird nicht in der Lage sein, hier mit fünfstelligen Summen zu helfen.“

Zumal die Absicherung gegen die Gefahren aus der Luft nicht alles ist, was Geld kosten wird. Zum Beispiel muss der Tiermist, der Dung, der aus allen Gehegen kommt, wie Sondermüll behandelt und über eine Spezialfirma entsorgt werden. Glücklicherweise betrifft das nur die Exkremente, die derzeit auf der so genannten Dungplatte des Tierparks lagern, „aber das ist nicht wenig“.

Mit Brandkalk sollen Sondermüllkosten gespart werden

Den künftig in den Gehegen anfallenden Mist will man mit Brandkalk versetzen, bis das dadurch entstehende Gemisch ganz normal entsorgt werden kann - ohne zusätzliche Sondermüllkosten.

Zu diesem Zweck hat der Tierpark bereits jede Menge Brandkalk gekauft. „Auf einem Kubikmeter Dung werden allein 100 Kilogramm Brandkalk benötigt“, rechnet Oliver Reinke vor. „Da brauchen wir Tonnen.“ Irgendwas zwischen drei und sechs Tonnen, „aber eher sechs“. Ehe der jedoch an dieser Stelle eingesetzt werden kann, muss die Dungplatte komplett leer sein.

Selbst der Boden wird vorsorglich abgetragen und erneuert

Darüber hinaus beginnt heute eine weitere Maßnahme, die verhindern soll, dass die Seuche sich ausbreiten kann. Nachdem man innerhalb des eingezäunten Geländes rund um den Ententeich alles Holz beseitigt hat, wird damit begonnen, den Boden auszuheben. Zehn Zentimeter Erde werden abgetragen und zum Sondermüll gebracht.

Die so behandelte Fläche wird anschließend mit einer fünfprozentigen Kalkmilchlösung getränkt - und wenn diese ihr Werk getan hat, wird die Fläche wieder mit frischem Mutterboden aufgefüllt.

Die Arbeit wird von Mitarbeitern des Betriebshofes samt Technik übernommen, aber auch sie müssen in Schutzanzügen arbeiten. Das Betretungsverbot kann in diesem Fall aufgehoben werden, „aber die Regeln sind trotzdem sehr streng“, sagt Oliver Reinke. Ein Beispiel, wie weit die Vorsicht reicht: Wäre unter den Kollegen vom Betriebshof, die am Ententeich arbeiten sollen, ein Geflügelzüchter, so dürfte er das Gelände nicht betreten. (mz)

Kevin Meinhardt und Andreas Bösener vom Kukakö übergaben am Montag Tierpark-Mitarbeiter David Schaller-Engelmann (v.r.) eine Spende des Vereins in Höhe von 500 Euro.  420 Euro davon stammen aus dem Umsatz beim Knutfest, zu dem der Verein eingeladen hatte, die restlichen 80 Euro  wurden als „Aufrundung“ vom Verein dazugegeben.  
Kevin Meinhardt und Andreas Bösener vom Kukakö übergaben am Montag Tierpark-Mitarbeiter David Schaller-Engelmann (v.r.) eine Spende des Vereins in Höhe von 500 Euro.  420 Euro davon stammen aus dem Umsatz beim Knutfest, zu dem der Verein eingeladen hatte, die restlichen 80 Euro  wurden als „Aufrundung“ vom Verein dazugegeben.  
Oliver Müller-Lorey