Frohe Botschaft: Die Kirche in Wieskau wird erhalten
WIESKAU/MZ. - Ganz pünktlich konnte der sonntägliche Ostergottesdienst in der Wieskauer Kirche nicht beginnen - nichts freilich, was die kleine Gemeinde in Unruhe stürzte. Umso weniger, als Pfarrer Christoph Schulze doch noch auftauchte: er hatte die Gesangsbücher in Ostrau vergessen und musste noch einmal umkehren. Eine Episode, die ein wenig den familiären Charakter unterstreicht, wie in Wieskau "Kirche gemacht ...
Ganz pünktlich konnte der sonntägliche Ostergottesdienst in der Wieskauer Kirche nicht beginnen - nichts freilich, was die kleine Gemeinde in Unruhe stürzte. Umso weniger, als Pfarrer Christoph Schulze doch noch auftauchte: er hatte die Gesangsbücher in Ostrau vergessen und musste noch einmal umkehren. Eine Episode, die ein wenig den familiären Charakter unterstreicht, wie in Wieskau "Kirche gemacht wird".
Viel Eifer entwickelt
Die Kirchengemeinde, darauf macht Pfarrer Schulze aufmerksam, ist klein, hat nur wenig mehr als 35 Mitglieder. Darunter aber einige, die in den vergangenen Jahren viel Eifer entwickelt haben, als es darum ging, das Gotteshaus des Ortes vor dem Verfall zu bewahren.
Denn nicht mehr und nicht weniger stand zu befürchten: Die Kirche in Wieskau, eigentlich ein Kleinod ländlich-barocker Verspieltheit, war herabgekommen. Woran zu allererst das marode Dach seinen Anteil hatte, das Regen und Nässe nicht mehr abhielt, sondern durchließ ins Gebälk und in den Putz des Tonnengewölbes über dem Kirchenschiff. Der an manchen Stellen schon ein Leck sehen lässt.
Die fröhliche Osterbotschaft hat aber auch ihre spezielle Wieskauer Variante - zugegeben ein klein wenig materialistisch, aber doch wichtig für die Christen des Ortes und all jene, die auch ohne Bekenntnis ihr Herz an den das Ortsbild dominierenden Kirchenbau gehängt haben: "Wir werden in diesem Jahr das Dach nicht nur dicht bekommen, sondern es wird auch schön aussehen", bekräftigt Pfarrer Schulze, der seit vier Jahren in der Gemeinde tätig ist.
Viele Förderer gewonnen
Und der sich dagegen wehrt, das derzeitige Teerpappendach als "Notdach" zu bezeichnen. Das Wort hat für den Seelsorger einfach einen falschen Zungenschlag. "Denn alles, was sich unter der Pappe befindet, ist bereits auf einem erneuerten Stand", sagt Christoph Schulze. Für das Dach hat die Evangelische Kirche Mitteldeutschlands (EKM) 40 000 Euro beigesteuert, 20 000 Euro kommen vom Kirchenkreis Halle-Saalkreis. Schulze hofft außerdem, dass auch vom Amt für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten (Alff) Geld nach Wieskau fließt; noch einmal 20 000 Euro könnten das werden. Und der größte Brocken - zumindest was die Mühsal des Beschaffens angeht - kommt von der Gemeinde selbst: 2 500 Euro will man über Spenden akquirieren, das ist schon eine Leistung besonderer Art an der Fuhne.
Die aber zeigt, wie ernst es der Kirchengemeinde mit der Rettung ihres Gotteshauses ist. Daher hat sich die kleine Gemeinschaft, die sich am Ostersonntag zum Gottesdienst eingefunden hatte, besonders darüber freuen dürfen, dass die Glocke wieder läutete. Das ist ein Umstand, der durchaus nicht als Selbstverständlichkeit gesehen werden kann, wenn man zum Beispiel auf das Vorjahr blickt: Das alte Glockenjoch war hinüber, ganz abgesehen davon, dass die Stabilität des Turmes auch nicht dazu angetan war, das Geläut buchstäblich zu tragen - die bauliche Sperrung der Glocke war die Folge. Inzwischen hat der Turm ein paar hölzerne Korsettstangen bekommen, das Schallloch auf der Westseite neue Lamellen und neues Mauerwerk - drei weitere Schalllöcher warten jedoch noch auf ihre Behandlung.
Hilfe von der Gemeinde
Dafür aber wird die 1759 von Friedrich August Becker in Halle gegossene Glocke wieder von einem stabilen Eichenjoch gehalten. Dabei hat auch die politische Gemeinde der Kirchengemeinde geholfen, "worüber wir uns sehr gefreut haben", sagt Carmen Sachse - immerhin waren es 5 000 Euro, die aus der Gemeindekasse in die Glocke investiert wurden.
Und irgendwann in dieser Woche wird auch das elektrische Läutwerk installiert. Gemeindekirchenrat Volkmar Sachse hat mithin am Sonntag eine für Wieskaus Kirche tatsächlich historische Handlung vollzogen: Er hat die Glocke letztmalig von Hand geläutet.
Einen richtigen Klöppel hat das Läutwerk bei der Joch-Kur durch die Berliner Glockenbaufirma Schmidt auch gleich erhalten, der alte, der noch im Turm liegt, hatte eine mehr als ungewöhnlich längliche Form, bei der man sich fragt, wie damit der Glockenkörper überhaupt getroffen werden konnte. Dafür aber ist der Rand der Glocke ein wenig schartig geworden. Einstmals hatte die Kirche auch noch eine zweite Glocke, "aber die ist irgendwann zur Kanone geworden".
Umso mehr hängt man an dem letzten verbliebenen Läutwerk. Demnächst irgendwann, kündigt Sachse an, soll die Glocke auch noch von dem schon fast kristallin gewordenen Taubendreck gereinigt werden, der die Inschrift fast schon unleserlich gemacht hat. Und die Tauben nach der Reinigung von der Glocke fernzuhalten, dafür soll ein Falke sorgen, für den man eigens einen Falkenkasten am Turm installiert hat - "im vorigen Jahr war der auch bewohnt, hoffentlich wird das auch in diesem Jahr wieder was".
Ungestört in luftiger Höhe wird er in diesem Jahr allerdings nicht sein. Irgendwann zwischen Juni und September / Oktober sollen die Dachdecker kommen und die Teerpappe - wie von der Denkmalpflege gewünscht - durch altdeutschen Schiefer ersetzen. Aus diesem Material bestand die Eindeckung, die die Kirche einst hatte, bevor irgendwann in den 70er Jahren, erinnert sich Volkmar Sachse, der Schiefer aus unerfindlichen Gründen durch Schindeln ersetzt wurde, "und danach war das Dach dann undicht".
Aber selbst wenn die Etappe "Dach" abgeschlossen ist, bleiben noch genug andere Probleme. Im Kirchturm müsste die Schwammsanierung fortgesetzt werden. Im Bereich des Turmdaches sind alte, vom Schwamm befallene Teile schon ausgetauscht worden; ein paar Meter tiefer gibt es sie noch. Und irgendwann müsste auch das Tonnengewölbe einer Sanierung und Restaurierung unterzogen werden. Alles freilich ist eine Frage des Geldes. Man werde nur kleine Schritte machen können, weiß Pfarrer Schulze. Und auch die nur, wenn es gelingt, weitere Helfer und Spender zu finden. "Da sind wir jedem dankbar, der uns unterstützt."