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Flunkyball-Cup in Radegast Flunkyball-Cup in Radegast: Ein Trinkspiel zwischen Volksfest und Sportevent

Von Anja Förtsch 10.07.2017, 16:06
Aufstellung: In Radegast kämpften am Samstag zwölf Teams um den „Radegaster Flunkyball-Cup“.
Aufstellung: In Radegast kämpften am Samstag zwölf Teams um den „Radegaster Flunkyball-Cup“. Heiko Rebsch

Radegast - Ein roter Wagen nähert sich der Radegaster Festwiese, wird langsamer, hält schließlich ganz an. Ein Seniorenehepaar schaut aus dem Fenster auf die Wiese, verwundert, neugierig und durchaus auch ein bisschen verwirrt.

Denn die knapp 100 Personen, die sich an diesem Samstagmittag auf der Festwiese tummeln, sind keine Fußballer. Und auch ein Volksfest findet an diesem Wochenende nicht in dem kleinen 1.000-Einwohner-Ort statt. Nur was machen die ganzen Menschen zwischen den Bierzelten?

Die Antwort heißt Flunkyball. Ein Trinkspiel, das vor Jahren auf den Festival-Campingplätzen in Deutschland auftauchte. Gespielt wird in Teams, die abwechselnd mit einem Ball auf eine Flasche in der Mitte werfen.

Bei einem Treffer darf das Werfer-Team trinken, die Gegner müssen so schnell wie möglich die Flaschen wieder aufstellen. Das Team, das zuerst sein Bier geleert hat, gewinnt.

Idee zum Flunkyball-Cup kam bei einem Festival

Der Radegaster Flunkyball-Cup findet bereits zum sechsten Mal statt. „Zwölf Mannschaften treten in diesem Jahr an, letztes Jahr waren es noch neun“, sagt Johannes Mozdzanowski.

Der gebürtige Radegaster hat das Event ins Leben gerufen und organisiert es - gemeinsam mit vielen Helfern - jedes Jahr. „Die Idee kam auf einem Festival“, erzählt er. „Da hatten wir das Spiel kennengelernt und dachten uns: Das müsste man mal richtig professionell machen.“

Und genau das tat Mozdzanowski. Der Cup ist nicht einfach ein gemeinsames Betrinken im Freien. Auf der Festwiese stehen Bierzelte, Bänke und Tische, es gibt einen Getränkeausschank und einen Grillstand, am Nachmittag - wenn mehr Radegaster zum Zuschauen kommen - auch Kaffee und Kuchen.

Mannschaften aus Köthen, Bernburg, Berlin und Leipzig

Für die Sicherheit sind stets Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr dabei, gebraucht wurden die aber noch nie. „Wir haben recht klein angefangen und überlegen uns jedes Jahr etwas neues Kleines, das dazu kommt“, sagt Mozdzanowski.

„Im letzten Jahr war das der Bildschirm mit den Live-Spielständen, in diesem Jahr ist es der aufstellbare ’Flunkyball’-Schriftzug.“ Und auch was die Teilnehmer angeht, zieht das Turnier immer weitere Kreise: „In diesem Jahr sind Mannschaften aus Köthen, Bernburg, aus Leipzig und sogar aus Berlin dabei.“

Eines dieser Teams trägt den klangvollen Namen „800g Gehacktes“. Die Köthener sind seit dem ersten Cup dabei. „Mittlerweile ist es so eine Sache im Jahr, auf die man sich immer schon vorher freut“, sagt Teammitglied Michael Walter.

Und von Jahr zu Jahr verbessere sich die Veranstaltung sogar. „Es ist einfach klasse hier, in Radegast ist immer was los“, so Walter. „Und auch die Leute hier sind cool drauf, es gibt einen richtigen Zusammenhalt und es kommt nie Streit auf.“

Flunkyball-Cup zwischen Volksfest und Sportevent

Das zeigt sich, wohin man auch blickt: Die Teams feuern sich gegenseitig an, einzelne Spieler üben vor ihrem nächsten Spiel am Rand das Werfen, die „Flunkyladies“ flechten sich gegenseitig die Haare.

„Kann ich mir auch einen Schmetterling ins Gesicht schminken lassen?“, fragt einer im Vorbeigehen und lacht. Ein bisschen erinnert doch alles an ein kleines Volksfest.

Wird der Cup dann etwa mal noch zu einem richtigen, großen Volksfest? „Nein, es wird wohl in dem Rahmen bleiben“, winkt Thomas Morch ab. Er ist zweiter Vorsitzender des SV Schwarz-Gelb Radegast und hilft jedes Jahr bei der Organisation.

„Wir mussten sogar teilweise schon einen Annahmestopp verhängen. So schön wie es ist, aber irgendwann sprengt es den Rahmen. Bei zwölf Teams dauert der Cup ja schon von 10 bis 20 Uhr“, so Morch. „Dabei muss man auch sagen: Ohne die vielen Helfer, wäre das alles gar nicht möglich.“

Radegast unternimmt viel, um die Jugend im Ort zu halten

Geholfen hat übrigens sogar Radegasts Bürgermeister Michael Graf, der im Vorfeld eigenhändig den Rasen der Festwiese gemäht hat. „Für unsere Vereine machen wir alles“, sagt Graf. Und das zahlt sich aus: In Zeiten, in denen immer mehr kleine Orte im Land über Fortzüge und Aussterben klagen, zeigt Radegast, wie es funktionieren kann.

„In Radegast gibt es noch viele junge Leute und es werden wieder mehr Kinder geboren“, sagt Jörn-Torsten Mozdzanowski, der Vater von Johannes Mozdzanowski und Vorsitzende des Vereins Radegast (be)leben.

„Es gibt neuerdings eine Mädchentanzgruppe und eine Kindersportgruppe. In der können wir sogar keine neuen Mitglieder aufnehmen, weil die Trainerinnen nicht noch mehr schaffen.“ Das Geheimnis, das so mancher Ort in Sachsen-Anhalt sucht, scheint einfach: das Vereinsleben.

„Ich freue mich riesig, dass die ganzen Angebote so gut angenommen werden“, sagt Mozdzanowski. „Das geht aber, nur weil alle drei Vereine - SV Schwarz-Gelb, Radegast (be)leben und die Freiwillige Feuerwehr - so gut zusammenarbeiten.“

Der Pokal geht an die „Flunkyboys“ nach Bernburg

Die Jungs von „800g Gehacktes“ arbeiten derweil auf dem Spielfeld zusammen: Gerade treten sie gegen die „Hafensänger 2.0“ an.

In der dritten Runde treffen die Sänger und legen vor, 800g holen zwar auf, aber die Sänger ziehen davon. Nach sechs Treffern hat auch der letzte Sänger sein Bier geleert, das Team gewinnt.

Aufs Treppchen schaffen es „800g Gehacktes“ in diesem Jahr nicht, sie landen auf dem siebten Platz - aber noch vor den Hafensängern. Der Wanderpokal - eine überdimensionale Bierflasche - geht an die Bernburger „Flunkyboys“, die sich im Finale gegen „Die Maßlosen“ aus Quellendorf durchgesetzt haben.

Nach Vorrundenspielen, Viertel-, Halb- und Finale haben sie insgesamt acht Bier gestürzt, allein im Spiel. Schluss war damit aber noch lange nicht: Erst gegen zwei Uhr nachts ist der Großteil der Flunkyballer verschwunden. Bis sie nächstes Jahr wiederkommen. (mz)

Trotz tollem Namen: Am Samstag gab es Bier statt Gehacktes.
Trotz tollem Namen: Am Samstag gab es Bier statt Gehacktes.
Heiko Rebsch
Auch Gründer Johannes Mozdzanowski trat beim Turnier an.
Auch Gründer Johannes Mozdzanowski trat beim Turnier an.
Heiko Rebsch