Flächenentzug bewegt die Landwirte
KÖTHEN/MZ. - Denn den Platz für Straßen oder Industriegebiete gibt es nur einmal, anderen geht er durch solche Investitionen verloren. Betroffen von diesem Flächenentzug sind vor allem die Landwirte. Und nicht zuletzt bedeutet die Bebauung bislang unberührter Flächen auch Einschnitte in die Natur, die ausgleichende Maßnahmen zum Schutz der Umwelt erforderlich machen.
Mit diesem Spannungsfeld beschäftigte sich das 5. Agrarforum, zu dem die Kreissparkasse Anhalt-Bitterfeld am Mittwochabend nach Köthen eingeladen hatte. "Dieses Forum ist mittlerweile zu einer Institution geworden", schickte Vorstandsmitglied Markus Klatte voraus. Und die Kreissparkasse hat damit erneut den Nerv der Zuhörer getroffen, denn die Sitzplätze im Seminarraum reichten nicht aus, so dass noch einige Stühle herein gebracht werden mussten. Die Sparkasse wolle die Landwirte bei Bankgeschäften jedweder Art begleiten, aber auch ein Podium zum Erfahrungsaustausch bieten, äußerte Klatte. "Und vielleicht bekommen wir ja sogar eine wunderbare Flächenvermehrung", bemerkte das Vorstandsmitglied.
Aus Letzterem wird wohl nichts werden. Da nahm Eberhard Schoster jegliche Illusion, und eine Botschaft über eine Flächenvermehrung hatte wohl auch niemand im Saal erwartet. Schoster ist Geschäftsbereichsleiter bei der Landgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH und stellte seinen Vortrag unter das Thema "Flächenmanagement in der Landwirtschaft".
Wie sehr ein sorgsamer Umgang mit den Flächen notwendig ist, machte er anhand einer Zahl fest: Täglich gehen in Deutschland durch Straßenbau oder Gewerbe- und Industrieansiedlung 100 Hektar an Fläche verloren. Diese Entwicklung berge viel Konflikte in sich, auch im Bereich Köthen werde das in nächster Zeit erneut zu spüren sein, wenn es an den Bau der B6 neu gehe. "Sie wird enorm viel Fläche verbrauchen", so Schoster.
Die Landgesellschaft will bei diesen Prozessen helfen. "Wir betreiben die Lösung von Landnutzungskonflikten", erklärte Schoster das Anliegen der Gesellschaft, in der rund 100 Fachleute in fünf Außenstellen tätig sind. Und die Landgesellschaft verfügt selbst über rund 40 000 Hektar Fläche, davon 30 000 Hektar als Eigentümer, mit denen sie arbeiten und für Ausgleich sorgen kann. Das sind allerdings sehr komplizierte Verfahren, wie der Geschäftsbereichsleiter in seinen Ausführungen deutlich machte. Denn es gilt, die Interessen des "Eingreifers", also des Investors, mit denen der Landwirte sowie des Umwelt- und Naturschutzes so gut wie möglich in Einklang zu bringen.
Diese Aufgabe, so Schoster, kann umso besser gelöst werden, wenn "Eingreifer", Planer, Landwirte, Landwirtschaftsämter und Umweltbehörden eng zusammen arbeiten. Die Landgesellschaft selbst nutzt mit den so genannten Öko-Konten und dem Öko-Pool zwei Instrumente, um die Prozesse zu begleiten. Wie das konkret geschehen kann, erläuterte Landschaftsplanerin Ines Pozimski am Beispiel der Renaturierung der Aller bei Wefensleben im Bördekreis. Im Ergebnis dieser Maßnahme wurden für das Öko-Konto 1,6 Millionen Punkte als naturschutzfachlicher Wert erzielt.
Die Ausführungen der beiden Experten der Landgesellschaft stießen auf unterschiedliches Echo. Anerkannt wurde, dass sich die Gesellschaft sehr um ausgleichende Lösung bemüht. Den Landwirten reicht das allerdings nicht. Sie fürchten, dass ihnen in Zukunft weitere Nutzflächen verloren gehen und damit ihre Produktionsmöglichkeiten eingeschränkt werden. Einen Weg, die Flächenreduzierung in Grenzen zu halten, sehen sie darin, bebaute Areale, die nicht mehr genutzt werden, zu entsiegeln, um daraus wieder Flächen zu gewinnen. Bundesweit, so Eberhard Schoster, soll bis zum Jahr 2020 erreicht werden, dass in Deutschland nur noch 30 Hektar Fläche pro Tag verloren gehen.