Fast schon Drosaer

Von UTE NICKLISCH 28.06.2012, 18:05

drosa/MZ. - Sie sind zwar nicht in Drosa zu Hause, sondern in Jessen und eigentlich mal hier, mal da - aber dennoch sind die Sperlichs mit ihrem Schaustellerbetrieb schon fast ein Teil der Drosaer Gemeinschaft geworden. "Sie gehören einfach dazu", sagt Ilona Cäsar vom Verein "Wir für Drosa" , der das traditionelle Kinder-und Heimatfest organisiert. Denn auch derzeit stehen die Sperlichs mit ihrem Rummel in Drosa, da von Freitag bis Montag wieder gefeiert wird. Schon seit 36 Jahren kommen die Schausteller samt ihren Familien in den kleinen Ort, um das Dorffest mit ihren Karussells und Buden bunt zu gestalten.

Eberhard Sperlich, der Kopf der inzwischen großen Familie, baute damals mit seiner Frau Anita die Kontakte nach Drosa auf. Es entwickelten sich teilweise echte Freundschaften zu den Bewohnern. "Man freut sich jedes Jahr wieder hier zu sein, weil man in all den Jahren alle kennt", so der inzwischen 70-jährige. Mittlerweile führt sein Sohn Mario die Geschäfte. Er kam schon als Knirps nach Drosa und hat viele schöne aber auch weniger schöne Erinnerungen an Drosa. Mindestens eine Woche lang nämlich ließen sich die Sperlichs jeweils auf dem Festplatz im sogenannten Naherholungszentrum (NEZ) nieder. "Anfangs war das Fest noch unten auf dem Schänkenplatz", erinnert sich der Schausteller. Besonders gern denkt der 47-jährige an die Zeiten vor der Wende zurück. Die Hilfsbereitschaft der Drosaer beeindruckte ihn sehr. "Da wurden unsere Wagen sogar von den Treckern der LPG zum nächsten Standort nach Braunsbedra geschleppt. Und Dieselmarken bekamen wir auch immer", weiß der Schausteller zu berichten.

"Weniger schön war das Jahr, als der Schafstall brannte", wurde Mario Sperlich ernst. "Die Hitzewelle war so stark, dass sich der Lack von unseren Wagen löste", weiß Sperlich noch ganz genau. Dennoch fühlten sich die Sperlichs stets wohl bei den Drosaern. Jedesmal wurde abends gemeinsam gegrillt und geplauscht. "Drosa ist der schönste Platz", ist sich Marios Lebensgefährtin Melanie Rose sicher.

Inzwischen jedoch haben sich die Zeiten geändert und somit auch das Leben der Schausteller. Damals besuchte Mario fast jede Woche eine andere Schule, sah andere Lehrer und auch andere Schüler. "Schule war damals nicht so wichtig. Man wusste sowieso, dass es anschließend auf dem Rummel weiter geht", so der Schausteller-Chef.

Die Zeiten, als der Schaustellerbetrieb als sichere Existenz galt, sind jedoch schon lange vorbei. Deshalb legt Mario Sperlich Wert auf eine richtige Schulbildung und eine anschließende Berufsausbildung seiner Kinder. Friseurin und Bankkauffrau haben sie gelernt. Und auch die schulpflichtige Tochter besucht, sooft es geht, die heimatliche Schule in Jessen. "Heutzutage ist eine abgeschlossene Berufsausbildung ganz wichtig", so Melanie Rose.

Trotzdem haben auch die Kinder das Rummelleben im Blut und reisen mit, wann immer es möglich ist. Größtenteils sind die Sperlichs im ostdeutschen Raum unterwegs. Wie es auch in Drosa der Fall ist, bringen sie oft andere Schausteller mit, um das Angebot zu variieren. Während damals Fahrgeschäfte wie Kettenflieger, Luftschaukel oder "Die Fahrt ins Blaue" auf dem Platz standen, sind heute Autoskooter und noch weitaus imposantere Karussells gefragt. Mit steigenden Energiepreisen jedoch mussten auch die Preise für die Fahrgeschäfte angepasst werden. Erschwerend hinzu kommen zahlreiche Bestimmungen und Auflagen. Und so ist das Rummelleben nicht unbedingt leichter geworden. Und obwohl Mario Sperlich und seine Melanie lediglich zwei Monate in ihrer Heimat in Jessen wohnen, können sie sich nichts anderes vorstellen. "Das Schöne am Rummelleben, ist es frei und niemandem eine Rechenschaft schuldig zu sein", so Mario Sperlich.