Andere Obdachlose in Gefahr Familie Ritter aus Köthen: Andere Obdachlose in Gefahr - Stadtrat Köthen diskutiert über Unterbringung

Köthen - Von manchen Hindernissen wird sogar ein Eilzug gestoppt. Von einer Familie zum Beispiel, deren Verhalten den Stadtrat seit Jahren umtreibt - und nachdem der Hauptausschuss des Stadtrates auf seiner Sitzung am Dienstagabend sieben Tagesordnungspunkte in fünf Minuten abgehandelt hatte, blieb er am Thema „Ritter“ lange hängen.
Oder vielmehr an den Sorgen, die sich heute schon darum ranken, was wohl zu erwarten ist, wenn der polizeibekannte Clan in absehbarer Zeit von der Kolpingstraße 19 wieder in die mit viel finanziellem Aufwand ausgebaute und aufgepeppte Augustenstraße 63 zurückzieht.
Vorschlag im Stadtrat: Neue Notunterkunft für kurzzeitig Obdachlose?
Anlass für die Debatte zum Thema war weniger der jüngste Diebeszug im Tierpark, wiewohl er nicht unerwähnt blieb, sondern die Anregung von Steffen Reisbach (Freie Wähler), eine Notunterkunft für kurzzeitig obdachlos gewordene Menschen in Köthen einzurichten. Wohlgemerkt: Nicht im eigentlich für die Obdachlosenunterbringung vorgesehenen Objekt, sondern an ganz anderer Stelle.
Reisbach hatte mindestens einen guten Grund für seinen Vorschlag. Er kenne den auch durch die Streetworkerin der Stadt bestätigten Fall eines Jugendlichen, der als Obdachloser im Gebäude untergebracht worden war, wo derzeit die Ritters wohnen. „Er wurde zusammengeschlagen und beraubt“, zählte Reisbach auf. Der geschädigte Jugendliche, gerade 20 Jahre alt, halte sich derzeit gerade nicht in Köthen auf, weil er Angst habe, hat die MZ in Erfahrung gebracht. Daraus erklärt sich auch Reisbachs Vorschlag: „Vielleicht richtet man lieber eine Ein-Raum-Wohnung für solche Fälle ein, bevor man die Leute im Löwenkäfig unterbringt?“
„Die Leute gehen entweder nicht hin oder es passiert ihnen was“
Vielleicht. Aber der Plan, den die Stadt spätestens seit dem September 2017 verfolgte, hatte ganz andere Intensionen, wie OB Bernd Hauschild deutlich machte. Eben um auf solche akut auftretenden Notfälle an Obdachlosigkeit reagieren zu können, habe man seinerzeit im Stadtrat beschlossen, das Dachgeschoss in der Augustenstraße auszubauen - und nicht nur, wie vom Landkreis gefordert, durch den Einbau von Duschen den sanitären Zustand des Hauses verbessern wollen.
Was aber, wie Ronald Maaß (Linke) deutlich machte, das Problem nicht löse. „Das Problem ist erst dann gelöst, wenn Betroffene dort normal unterkommen können.“ In der Realität sei es aber so: „Die Leute gehen entweder nicht hin oder es passiert ihnen was.“ Es stehe im Ernstfall gar das Leben auf dem Spiel.
Deutlich wurde auf der Beratung, dass die Stadt nicht nur viel Geld für die Herrichtung der Augustenstraße 63 in die Hand genommen hat, sondern darüber hinaus zumindest mehrere Versuche unternommen hatte, um das Problem tatsächlich dadurch zu lösen, indem man die Ritters an anderer Stelle unterbringt - und eben nicht im Obdachlosenobjekt der Stadt.
Dezeit sind keine neuen Versuche der Stadt geplant, die Ritters separat unterzubringen
Man habe zum einen ein Einfamilienhaus für die Familie an der Hand gehabt, so der OB, und außerdem noch ein weiteres Angebot für die Unterbringung der Ritters. „Das wurde aber zurückgezogen“, sagte Hauschild. Im Gespräch mit der MZ ergänzte er, dass man im Moment keine neuen Versuche unternehme, für die Ritters nach einer separaten Unterkunft zu suchen. „Und es gibt auch nichts, was sich anbieten würde.“
Möglicherweise, sagt Oberbürgermeister Hauschild weiter, bringe es etwas, im Erdgeschoss der Augustenstraße einen Pförtnerraum einzurichten, zur Probe zu besetzen und abzuwarten, „ob sich was ändert“. (mz)