Existenzgründer Existenzgründer: Akener Architekt ist nun sein eigener Chef

Aken/MZ - René Zein ist in der Weberstraße 73 angekommen. Jetzt. Endlich. „Nachdem wir ein Jahr lang saniert haben.“
Die Weberstraße 73 in Aken war eine Ruine. Mehr oder weniger. Jedenfalls fand sich lange niemand, der sie haben wollte. Bis auf René Zein, der als Architekt auf eigenen Füßen stehen wollte und dafür den passenden Raum suchte. Dass die augenscheinlich verfallene Immobilie Potenzial hat, das sah er natürlich. Kein Schimmel. Kein Hausschwamm. Keine aufsteigende Nässe. Und richtig viel Platz. Denn René Zein will kein Einzelkämpfer bleiben; er sucht Verstärkung. Also hat er die Weberstraße 73 ersteigert und es sich mittlerweile richtig gemütlich gemacht.
"Kreativ, dynamisch und individuell"
Auf dem halbhohen Regal neben seinem Schreibtisch steht seine neueste Errungenschaft: der Reiner-Lemoine-Gründerpreis. Zein hat ihn bekommen für ... „ja, wofür eigentlich?“, lacht er und erinnert sich doch wieder: „Ich denke, es hat der Jury imponiert, dass jemand seinen festen Arbeitsplatz aufgibt, um sich selbstständig zu machen.“ Die Normalität, vermutet der Preisträger, sei doch eher, „dass man längere Zeit arbeitslos ist und dann den Schritt in die Selbstständigkeit wagt“.
Bei ihm ist das anders. Und genau deshalb hat er ihn auch bekommen, diesen Gründerpreis der EWG. Der Chef der Entwicklungs- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft Anhalt-Bitterfeld, Armin Schenk, beschreibt Zein als kreativ, dynamisch und individuell. Der Gelobte kommentiert das nicht.
Unterstützung der Familie
37 Jahre ist er alt, als die Firma im Oktober 2011 gründet. „Jetzt oder nie, dachte ich mir.“ Ein paar Startprojekte, wie er dazu sagt, hatte er in der Schublade. Und diese für ihn recht komfortable Situation nutzte er, um den Schritt zu gehen. „Wenn die Familie da nicht mitzieht, funktioniert es nicht.“ Die Familie zieht mit. Von Anfang an. „Wir wagen es einfach und fangen an“, hatten sie die Situation analysiert.
Nach acht Jahren in einem Köthener Architekturbüro eine vollkommen neue Ausgangslage. Von den Aufgaben her unterscheide sich seine selbstständige Arbeit unwesentlich von der im Angestelltenverhältnis. Innovativ und kreativ könne man immer sein, behauptet der zweifache Vater. „Aber ich wollte es alleine schaffen.“
René Zein ist „ein reiner Hochbauarchitekt“. Von der Entwurfs- bis zur Genehmigungsplanung begleitet er Projekte - für größere wie für kleinere Bauherren. Ganz gleich, wer ihm einen Auftrag erteile - entscheidend sei der Grundsatz: „Es gibt immer ein gewisses Budget und das ist einzuhalten.“
Auf dem Tisch liegt eine Fotodokumentation vom Forsthaus Kleinzerbst. Das Objekt steht unter Denkmalschutz und Zein hat den Besitzer, ein Freund von ihm, bei der denkmalrechtlichen Genehmigung unterstützt. „Der Denkmalschutz“, so sieht er das, „darf nicht der Feind von Architekt und Bauherr sein, sondern ist Berater.“
Ein bisschen weiter hinten findet sich das Einfamilienhaus mit großzügiger Garage und Wintergarten. Die ehemalige KV-Station im ehemaligen Tagebau Gröbern ist auch ein Zein-Projekt. Eine Wellnesslandschaft, Büros, Konferenzräume, ein Restaurant - all das soll er in den Komplex integrieren und dabei ökologische Gesichtspunkte nicht außer Acht lassen.
Struktur ist wichtig
Ob er diesen Komplex so mutig planen wird, wie das frühere Konsument-Kaufhaus in Dessau? „Das war meine Diplomarbeit“, klärt er auf, „da kann man sich noch auslassen, weil es ja sowieso nicht gebaut wird.“ Eine „moderne Interpretation“ sei das damals gewesen; eine Mischung aus städtebaulichen Akzenten und klassischem Hochbau. Zeins studentisches Vorzeigewerk an der Hochschule Anhalt eben. Anders als zu Studentenzeiten ist der gebürtige Osternienburger jetzt in den Vormittagsstunden besonders kreativ, hat Struktur in seinen selbstständigen Tag gebracht. „Man kann sich zwingen, die Aufgaben systematisch abzuarbeiten.“ Schließlich sei er Dienstleister, nicht nur kreativer Kopf. „Ich will Bauherren in ihren Vorstellungen bestärken und ihnen nicht meine Meinung aufzwingen.“ Was schön sei, das müsse jeder für sich entscheiden.
René Zein behauptet, als Architekt zu arbeiten, das sei immer sein Traum gewesen. Dass er nun selbstständig und eigenverantwortlich kreativ sein dürfe, das wiederum hat er sich lange nicht träumen lassen. Doch der Traum ist wahr geworden - und wurde sogar mit einem Preis belohnt.