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«Erntehelfer» mit dem Jagdgewehr

Von Wladimir Kleschtschow 23.07.2007, 16:55

Trebbichau/Aken/Köthen/MZ. - Erntearbeiten am vergangenen Sonnabend auf einem Rapsfeld bei Trebbichau / Aken. Immer größer wird das Stoppelfeld, immer kleiner die Fläche, auf der die Pflanzen noch dicht wie eine Wand stehen. Plötzlich erscheint eine Rotte Wildschweine aus dem Rapsdickicht. Auf diesen Moment haben Jäger vom Hegering Köthen gewartet. Ein Schuss - und eines von den sechs oder sieben Tieren blieb liegen. Die restlichen entkamen.

Dieser Einsatz war ein Beispiel einer langjährigen Zusammenarbeit zwischen den Jägern und den Landwirten. "In der Gegend Dessau-Aken-Quellendorf-Diesdorf gibt es viel Schwarzwild", sagt Klaus Dieter Brömmel, Leiter des Hegeringes Köthen. "Die Tiere können der Landwirtschaft großen Schaden zufügen. Um dem vorzubeugen, versuchen wir, das Wild von den Feldern fern zu halten. Schließlich leben die Landwirte von ihrer Ernte."

So informieren sich die Weidgenossen rechtzeitig darüber, wo und was die Landwirte in der jeweiligen Saison anbauen. Durch Ansitzjagden soll dann das Wild von schadenträchtigen "Besuchen" der Landwirtschaftsflächen möglichst abgeschreckt werden. Nach Angaben von Brömmel sei auf diese Weise im selben Revier bei Trebbichau erst vor kurzem ein kapitaler Keiler mit einem Gewicht von 70 Kilo erlegt worden.

Natürlich lässt es sich nicht verhindern, dass etliche Tiere ihren zeitweiligen "Wohnsitz" direkt auf einer landwirtschaftlich genutzten Fläche einrichten. Raps- und Maisfelder bieten dafür ideale Bedingungen: Hier finden die Wildtiere genügend Nahrung und ein sicheres Versteck. Dann werden während der Erntearbeiten in Abstimmung mit dem jeweiligen Bauern solche Jagden wie am Sonnabend organisiert.

"Die Erntezeit ist für uns eine gute Gelegenheit, auf den Schwarzwildbestand regulierend einzuwirken", bestätigt Karlheinz Ecke, Vorsitzender der Köthener Jägerschaft. Die Zahl der Wildschweine nahm deutlich zu. "Vor 1945 gab es im Kreis Köthen kaum Schwarzwild", so Ecke. Vorhandene Tiere seien im Kochtopf gelandet. Aber schon zu DDR-Zeiten habe der Bestand an Schwarzwild so zugenommen, dass Jäger manchmal von ihrer eigentlichen Berufstätigkeit für Wochen frei gestellt worden seien, um Schwarzkittel zu jagen.

Landwirtschaftsschäden seien allerdings nicht in erster Linie der Grund dafür gewesen, so Ecke. Wildschweine können Schweinepest übertragen. Deshalb sei darauf geachtet worden, dass ihre Bestände nicht zu groß werden.

Diese Aufgabe gelte auch heute. "Natürlich achten die Jäger außerdem darauf, dass sie von den Landwirten nicht zur Kasse gebeten werden", meinte der Vorsitzende der Köthener Jägerschaft. Denn für Schäden, die das Wild in der Landwirtschaft anrichtet, kann die Jägerschaft finanziell haftbar gemacht werden. Ecke selbst ist Sachverständiger für solche Wildschäden und tritt bei Streitfällen zwischen Bauern und Jägern in Aktion.

Allerdings gibt es nach seiner Auskunft auf dem Territorium des ehemaligen Landkreises Köthen kaum solche Streitigkeiten. Offenbar verständigen sich die Weidgenossen und die Landwirte in solchen Fällen gut miteinander, vermutet er.

Klaus Dieter Brömmel bestätigt das gute Verhältnis zu den Landwirten. "Seit Jahrzehnten arbeiten wir mit ihnen zusammen, so der Jäger. "Wie ich gehört habe, bereitet der Landesjagdverband neue Regelungen für die Regulierung von Wildschäden vor. Offenbar ist das wo anders ein Problem. Wir regeln alles, indem wir und die Landwirte eng miteinander kooperieren. Auch benachbarte Jäger, zum Beispiel aus Kühren, sind dabei."

So denken sowohl die Landwirte als auch die Jäger nach der Rapsernte an den Mais. Dort suchen Wildschweine jetzt und in den kommenden Wochen verstärkt Zuflucht und einen gedeckten Tisch. So werden die Jäger in der nächsten Zeit hier verstärkt auf die Pirsch gehen, zumal der Mond zunimmt und es auch in der Nacht hell wird. Auch bei der späteren Ernte werden sie mit ihren Gewehren dabei sein - in Abstimmung mit den Landwirten.

Sowohl Ecke als auch Brömmel betonen, dass bei solchen Jagden die Sicherheit aller Beteiligten an erster Stelle steht. Nicht zuletzt Pannen aus den letzten Jahren - bei einem Unfall wurde ein Mähdrescher-Fahrer verletzt - mahnen die Weidgenossen zur Vorsicht.

Deshalb sei laut Brömmel auch im Vorfeld der Jagd am vergangenen Sonnabend exakt abgesprochen worden, wer wo stehe und wie der Mindestabstand zum Mähdrescher sein müsse. "Zum Thema Sicherheit haben wir uns sogar einen speziellen Film angesehen", so der Leiter des Hegeringes.