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«Down under» bleibt im anhaltischen Blickfeld

Von MATTHIAS BARTL 11.12.2008, 17:49

KÖTHEN/MZ. - Immerhin geht es um ein ehrgeiziges Projekt an der Hochschule Anhalt in Köthen: ein Solarauto zu bauen, das einmal an der World Solar Challenge in Australien teilnehmen soll.

Cindy Gommert gehörte schon zum Solarmobil-Kernteam, als ein paar Studenten die Idee vor nicht ganz drei Jahren ausbrüteten. Heute ist die Maschinenbau-Studentin, auch wenn es in der Zwischenzeit "mal ein Tief gegeben hat", immer noch im Boot. Nicht nur das: Die junge Frau aus Stendal ist inzwischen Leiterin des Projekts, das jetzt Studenten aus verschiedenen Fachbereichen der Hochschule in sich vereint und damit eine neue Qualität erreicht hat.

Man habe eine Zeit lang, "nicht so richtig den großen Fortschritt" erkennen können, umschreibt Professor Ulrich-Michael Eisentraut den Umstand, dass es mit dem Solarmobil nicht immer voranging. Inzwischen aber hat sich die Motivation im Team sozusagen aufgefrischt - und nun wird daran gearbeitet, nach dem 1:6-Modell des Solar-Cars das "richtige" Auto zu bauen: fünf Meter lang, einsachtzig breit und 1,60 Meter hoch. Da reicht dann keine Gemüsekiste mehr als Garage, wie es noch bei dem Kleinmodell möglich war.

Arbeitsgruppen wurden eingerichtet, die sich um spezielle Bereiche des Vorhabens kümmern: um den Rahmen und um die Hülle des Wagens, um das Fahrwerk und um die Elektrotechnik, um Design und Marketing.

Bis zum Ende des Semesters im März soll beispielsweise der drei Meter lange Rahmen fertig sein, samt den notwendigen statischen Berechnungen, samt Ermittlungen über notwendige Elastizität, über Verformungen im Umfeld. Die Fahrwerk-Truppe sucht einst weilen angestrengt nach der besten Version für das Solarmobil: So leicht wie möglich, so wenig Rollwiderstand wie möglich, so preiswert wie möglich. "Wir wollen schließlich nicht irgendetwas nachbauen, sondern eine internationale Spitzenleistung an den Start schicken", lautet das Credo der Autobauer, die dafür auch in

Kauf nehmen, dass ihr Produkt bis zur World Solar Challenge 2009 mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht fertig wird. "Aber dann 2011", gibt Cindy Gommert den Zeitraum vor. Und für den Fall, dass das australische Outback finanziell gesehen doch eine Nummer zu groß wird: "Es gibt auch noch andere Ausscheide."

Dennoch: "Down under" ist das wahre Ziel. Dafür bastelt die E-Technik-Mannschaft unter André Herzberg an einem Modul, das es schafft, das Auto 3000 Kilometer durch unwegsames Gelände zu bringen, das schnell austauschbar ist. Dazu benötigt man zum Beispiel speziell beschichtete Solarzellen, die auch mal einen Puff aushalten. In diesem Punkt hat man in der Firma IKTR in Weißandt-Gölzau einen Partner gefunden, der genau das liefern soll.

144 Module werden am Ende benötigt, um für das Solarmobil die notwendige Energie aus dem Sonnenlicht zu ziehen. Die Solarzellen, die man für eine solche Leistung benötigt, sind das Feinste vom Feinen, der Daimler unter den Zellen, Triple-Junction-Module, "da kostet der Schnipsel 200 Euro". Für das Solarmobil werden sechs Quadratmeter benötigt, mithin reichlich viele Schnipsel.

Was die Marketing-Truppe ins Spiel bringt. Die Sponsorensucher, diejenigen, die das Solarmobil als Idee und Produkt verkaufen sollen. Damit steht man, weiß das Team noch am Anfang. Aber der wenigstens ist gemacht: Zwei Messebesuche hat man in den zurückliegenden Monaten absolviert, darunter die "Intersolar" in München, und hat zumindest viel Neugier geweckt: "Vor unserem Solarauto war immer eine große Menschentraube", sagt Professor Eisentraut. Auch wenn das Fahrzeug vorläufig "nur" im Modell demonstriert werden kann - man hat dadurch Fäden gezogen in Richtung Politik und Wirtschaft. Verkehrsminister Tiefensee zeigte sich ebenso interessiert wie Daimler-Forschungsdirektor Prof. Köhler. Da trägt man in der Arbeitsgruppe durchaus Hoffnung auf Hilfe und Zusammenarbeit.

Zumal ja das Modell, mit dem man auf Werbetour gehen kann, nicht eine simple Angelegenheit aus dem Bastelsatz ist, sondern schon für sich eine ingenieurtechnische Leistung der Extraklasse darstellt. 85 Zentimeter lang, vier Kilo schwer, kommt es auf eine Geschwindigkeit von rund 20 Stundenkilometern. Das Tempo ließe sich verdoppeln - aber angesichts des Wertes, heißt es, lässt man dies lieber bleiben: Ohne Arbeitsstunden hat das Modell einen materiellen Wert von etwa 20 000 Euro.

Die Solarautobauer aus Köthen sind im übrigen überzeugt, dass irgendwann Solarautos auch auf den Straßen fahren werden wie heute die üblichen Benzin- und Dieselkutschen. Allerdings nicht heute, nicht morgen und auch nicht übermorgen. "Es wird noch ein wenig dauern, aber sie kommen bestimmt."