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Mit dem Herzen dabei Dorothea Mader nimmt nach fast 45 Jahren Abschied vom Kinder- und Jugendheim „Arche“ in Köthen

26.04.2021, 10:19

Köthen - In den Tag hineinleben kann sie nicht. Will sie auch gar nicht. Ihr Leben braucht Struktur. Die Arbeit genauso wie die Freizeit. Nach fast 45 Jahren im Kinder- und Jugendheim „Arche“ in Köthen - drei Monate fehlen ihr an der vollen 45 - geht Dorothea Mader jetzt in den Ruhestand. Sie mag gar nicht an ihren letzten Tag denken. Tränenreich, so viel deutet sich an, wird dieser Abschied in dieser Woche auf jeden Fall.

Dorothea Mader verbringt ihr gesamtes Berufsleben in der „Arche“. Daran ist nicht zu denken, als sie am 1. August 1976 in Köthen anfängt. Doch es habe auch keinen Grund gegeben zu wechseln, etwas anderes zu tun. Sie fühlt sich wohl. Sie liebt es, für die Kinder und Jugendlichen da zu sein.

Für die Bewohner der „Arche“ wird Dorle, wie sie genannt wird, zu einer festen Bezugsperson. Jemand, der für jeden Spaß zu haben ist, der Ordnung liebt und Ordnung vermittelt („Wenn sie es bei uns nicht lernen, wo dann?“).

Die Gemeinschaft in der „Arche“ ist Dorothea Mader von Anfang an eine Herzensangelegenheit

Sie ist diejenige, die so oft es geht, bunten Salat auf den Speisenplan schreibt und ist begeistert, dass sich die Mädchen und Jungen die gesunde kalte Küche inzwischen sogar wünschen. „Dorle, heute Abend gibt’s Salat“, hört sie des Öfteren. Eisberg, Tomate, Gurke - und ganz wichtig: Schafskäse, „der darf nicht fehlen“. Das gemeinsame Schnippeln, es wird ihr fehlen.

Die Gemeinschaft in der „Arche“ ist ihr von Anfang an eine Herzensangelegenheit. Mit 19 fängt sie an, hier zu arbeiten. Da ist ihre Tochter gerade ein paar Monate alt. Wenn sie eingeschult wird, so der ursprüngliche Plan, will sich Dorothea Mader etwas anderes suchen. Eine Arbeit, die familienfreundlicher ist. Gäbe es ihren Mann nicht, dem sie von Herzen für dessen Unterstützung dankt, hätte sie nicht als Heimerzieherin arbeiten können.

„Wir haben es mit Menschen zu tun - und die fordern und brauchen uns“

Unzählige Nächte verbringt sie auf Arbeit, trocknet Tränen, sitzt an Krankenbetten, tröstet. „Wir sind hier nicht in einer Fabrik. Wir können die Maschinen nicht einfach ausschalten. Wir haben es mit Menschen zu tun - und die fordern und brauchen uns“, weiß sie.

Dorothea Mader, die ursprünglich aus Porst stammt, in Bernburg Heimerziehung mit der Lehrbefähigung für Musik und Werken studiert, muss sich nach der Wende in einer anderen Einrichtung bewähren, ihre Qualifikation untermauern. Das tut sie in einer Kindertagesstätte, ist nach Dienstschluss jedes Mal „fix und alle“ und kommt zu der Erkenntnis, das wäre nichts für sie gewesen.

In der „Arche“ gäbe es eine ganz andere Struktur, die Anforderungen sind andere, es müssen viel mehr und sehr verschiedene Entscheidungen für die Kinder und Jugendlichen getroffen werden, die hier eine Familie auf Zeit gefunden haben.

Sie habe immer versucht, „eine persönliche Ebene“ zu finden

Diese Familie wird die langjährige Erzieherin, die seit 1992 auch die stellvertretende Leiterin gewesen ist, schmerzlich vermissen. Sie habe immer versucht, „eine persönliche Ebene“ zu finden. Und den Bewohnern Werte zu vermitteln. Dafür steht Dorothea Mader, die ihre freie Zeit nun mit ihrem Mann genießen will. Sie freut sich, die Enkelin häufiger sehen zu können, die mit ihren Eltern in Niedersachsen lebt. Und mit dem E-Bike von ihrem Wochenendgrundstück in Brandenburg aus die Gegend zu erkunden.

Da der Sommer kommt, sie sich viel um ihre Blumen kümmern kann, fällt ihr der Abschied von der Arbeit, von der „Arche“ vielleicht ein bisschen leichter. Sie hofft es ein bisschen. (mz/Sylke Hermann)