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Der Bus-Manager Der Bus-Manager: Günter Anton organisiert Theaterreisen nach Dessau

Von Sylke Hermann 30.05.2020, 12:00
Verbringt jetzt coronabedingt viel Zeit im Garten: Günter Anton.
Verbringt jetzt coronabedingt viel Zeit im Garten: Günter Anton. Hermann

Köthen/Dessau - Guten Gewissens und voller Zuversicht beantwortet Günter Anton an diesem 12. März die vielen Anrufe unermüdlich. Ja, wir spielen die Dreigroschenoper. Es ist Kurt-Weill-Fest. Und das Haus voll. Doch am Nachmittag wendet sich das Blatt.

Von nun an muss der Chef des Besucherrings am Anhaltischen Theater Dessau antworten: Nein, wir spielen doch nicht. Seither ist nichts mehr wie es war. Das Theater zu. Günter Anton viel zu Hause in seinem Garten.

Ginge es nach den Vorstellungen der Politik, dürften Theater von nun an wieder öffnen. Günter Anton, 64, kann da nur mit dem Kopf schütteln. „Wie soll das gehen?“ Dabei kann er es gar nicht erwarten, wenn die große Bühne endlich wieder bespielt wird - und er seine Theaterbusse vorfahren sieht. Seit über 40 Jahren ist das seine Aufgabe, bringt er die auswärtigen Besucher nach Dessau zum Theater. Auch die aus dem Altkreis Köthen.

Seit 1979 arbeitet er im Dessauer Theater, unter anderem im Bereich Öffentlichkeitsarbeit

Der gebürtige Sonnenkopp geht schon als Kind gern ins Theater. Kein Wunder. Mutter und Vater arbeiten hier. Rückblickend kürt er „Martha“ zu seiner Lieblingsoper. Warum? Das kann er nicht sagen. Aber er sieht sie in seiner Jugend „bestimmt 25 mal“.

Als er irgendwann mal wieder im Rang, 1. Reihe, Platz nimmt und die Endproben von „Die Macht des Schicksals“ verfolgt, ist er so fasziniert, dass er von da an weiß: „Das isses.“ Er will mit, am oder im Theater sein Geld verdienen.

Seit 1979 arbeitet er im Dessauer Theater, unter anderem im Bereich Öffentlichkeitsarbeit. 1992 dann für den Besucherring, den es damals bundesweit gibt. 2012 geht der in die Insolvenz. Günter Anton übernimmt die Dessauer Zweigstelle „im Einvernehmen mit dem Theater“, macht sich mit seinem „kleinen Reisebüro für Theaterreisen“ selbstständig.

Wegen Corona roll aktuell kein Bus mehr zum Dessauer Theater

Rund 35.000 Besucher kommen pro Spielzeit mit dem Besucherring zu den Vorstellungen ins Dessauer Theater. Dass das Corona-Virus ausgerechnet im März dafür sorgt, dass das Haus schließen muss, trifft Günter Anton, der Kulturwissenschaften im Fernstudium belegt hat und ursprünglich mal ein Kulturhaus leiten will, besonders hart: „Wir hatten Busse über Busse. Ich hätte heulen können.“

Fortan kümmert er sich gemeinsam mit seiner Tochter, die mit ihm die Besucherring-Angebote betreut, nur noch um Absagen. Kein Bus rollt mehr zum Dessauer Theater. Zum Glück habe niemand Stornogebühren verlangt, „weil wir so lange zusammenarbeiten“. Auch die Kulturreisen ins Ausland fallen aus. Telefon, E-Mails, Briefe - langweilig ist den beiden vor allem zu Beginn der Krise nicht. „Von der Pressearbeit über Drucksachen bis zur persönlichen Betreuung - das liegt alles in unserer Hand.“

Er will „Menschen zusammenbringen, ihnen Kultur nahe bringen“

Und vor allem schätzen Kunden des Besucherrings Günter Antons Gespür für die lohnenswerten Stücke. „Ich berate schon - und manchmal muss ich sie auch zu ihrem Glück zwingen“, verrät er. Was er empfiehlt, hat er meistens selbst gesehen und für gut befunden. Oder er entscheidet, „das kann ich meinen Leuten nicht anbieten“. Doch am Ende „muss sich jeder selbst ein Urteil bilden“.

Ohne Theater fehlt dem Dessauer etwas. Er will „Menschen zusammenbringen, ihnen Kultur nahe bringen“. Und er hofft, dass er das mit seinen kleinen Reisen bald wieder kann. „Wenn die Leute mit den Bussen ankommen, sich freuen und nach dem Stück Tränen der Freude in den Augen haben - das ist einfach wunderschön.“ (mz)