DDR-Mythen DDR-Mythen: Jugendliche in Köthen stellen Fragen zur Deutschen Einheit

Köthen - Erich Honecker war ein alter Bandleader, in der DDR gab es keine Filzstifte und die Bürger hatten alle gleich viel Geld, aber immer weniger zu essen. Das glauben zumindest 14- bis 15-jährige Schüler heute, über 25 Jahre nach der Wende. Sie kennen die DDR nicht mehr. Grund genug für die Berliner Autorinnen Julia Balogh und Birgit Murke, ein wenig aufzuräumen mit den falschen Vorstellungen über den untergegangenen Staat und zugleich Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, Zeitzeugen aus Ost und West Fragen zu stellen über die Deutsche Einheit. Herausgekommen ist ein Buch mit dem Titel „Geteilte Ansichten - Jugendliche stellen Fragen zur Deutschen Einheit“, das eine der beiden Autorinnen jetzt an der Sekundarschule „Völkerfreundschaft“ vorgestellt hat.
„DDR - Mythos und Wirklichkeit“
Anlass dafür, dass Autorin Balogh eigens aus Berlin nach Köthen gereist ist, war die Eröffnung einer Ausstellung der Konrad-Adenauer-Stiftung an der Schule der Völkerfreundschaft passend zum Thema. Unter dem Titel „DDR - Mythos und Wirklichkeit“ werden auf Schautafeln 19 Mythen über Deutschlands Osten aufgegriffen und anschaulich widerlegt. Da geht es beispielsweise um den Wehrunterricht, Studienzulassungen, Kunst und Kultur ebenso wie um das Thema Umwelt oder Ideologie in der DDR.
Schüler sehr interessiert
Bereits zur Eröffnung der Schau, die der Initiative der Lehrerin Cornelia Stork zu verdanken ist und nun von ihr und ihrer Lehrerkollegin Antje Weise betreut wird, waren die Schüler der Klassen 9a und 9b sehr interessiert und lasen mit Spannung und auch Staunen die Erläuterungen an den Schautafeln. „Das kann man sich gar nicht richtig vorstellen, wie das früher so war“, meinten einige der 15-Jährigen unisono.
Interviews mit Peter Fox und Oliver Rohrbeck
Bevor es jedoch in die Ausstellung im zweiten Stock der Schule ging, lauschten sie den teilweise betroffen machenden Interviews, die Julia Balogh in ihrem Buch zusammengetragen hat. Entstanden sind die Interviews in Zusammenarbeit mit Berliner Kindern und Jugendlichen der Literatur-Initiative Berlin, die Prominente aus Ost und West über deren Leben im jeweiligen Teil Deutschlands ausgefragt haben. Zu den Interview-Partnern zählen unter anderem Pierre Baigorry alias Peter Fox, die Sprecher der „Drei Fragezeichen“ - Oliver Rohrbeck und Andreas Fröhlich -, Schauspielerin Hanna Schygulla, Marianne Birthler, Sten Nadolny und viele andere mehr. Gefördert wurde das Buchprojekt, das innerhalb von drei Jahren entstanden ist und erst am vergangenen Freitag mit dem deutsch-französischen Jugendbuchpreis ausgezeichnet wurde, von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur.
DDR-Quiz am 22. Juni
Durch die kurze Buchlesung vorbereitet, ging es für die Schüler an der Köthener Schule anschließend in die Ausstellung. Deren Besuch am Eröffnungstag wird allerdings nicht der einzige bleiben: Die Schüler beider neunten Klassen werden sich in den nächsten vier Wochen intensiv mit den DDR-Mythen befassen, um sie zum Schulfest am 22. Juni in Form eines DDR-Quiz’ ihren Mitschülern näherbringen und vor allem erklären zu können.
Ausstellung bis Ende Juni
„Da gibt es allerhand Aufklärungsbedarf, denn die eine Geschichtsstunde pro Woche in den zehnten Klassen reicht bei weitem nicht aus, um das Thema Ost-West auch nur annähernd zu behandeln, geschweige denn näher zu beleuchten“, so Thomas Block, der an der Sekundarschule Deutsch und Geschichte unterrichtet. Deshalb freut sich auch Uwe Sponagel, stellvertretender Schulleiter der Sekundarschule, dass die Ausstellung der Konrad-Adenauer-Stiftung an seiner Schule bis zum 23. Juni Station macht. (mz)
Die Ausstellung kann wochentags von 8 bis 15.30 Uhr in der Schule der Völkerfreundschaft, Am Wasserturm 36, besucht werden. Eintritt frei