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Das Haus Anhalt hat keine Einwände

Von LOTHAR GENS 28.10.2009, 17:44

KÖTHEN/DESSAU/MZ. - "Das Wort 'anhaltisch' hat einfach keine rechte Sprachmelodie", sagt der Sprecher des Orchesters. Und deshalb habe man sich immer wieder über Meinungen, den Namen müsse man ändern, hinweggesetzt.

Und nun, im 90. Jahr des Bestehens, habe man endlich aus dem höchsten berufenen Munde die Bestätigung, dass man sich so nennen könne und dürfe, wie man schon lange heißt. Prinz Eduard von Anhalt, der zum Jubiläum eingeladen worden sei, habe versichert, er habe gar nichts dagegen einzuwenden, wenn sich das Orchester des eigentlich dem Fürstenhaus vorbehaltenen Terminus "anhaltinisch" bediene. "Nun ist es quasi amtlich", freut sich Mehner, "wir haben die Absolution seiner fürstlichen Durchlaucht."

Und er freut sich natürlich auch auf die beiden Jubiläumskonzerte, die das Orchester aus Anlass seines 90. Geburtstages geben wird: In Dessau findet es am 7. November um 16 Uhr in der Marienkirche statt, in Köthen wird dazu am 8. November um 16.30 Uhr in die Agnuskirche eingeladen.

Von Mozart bis Menichetti

Erklingen werden jeweils Werke u. a. von Händel, Mozart, Stamitz, Kuwahara und Menichetti sowie Folklore. Das "Anhaltinische Zupforchester", das in der Regel in der Besetzung fünf erste Mandolinen, fünf zweite Mandolinen, zwei Mandolen, sechs Gitarren und Bassgitarre bzw. Elektrobass musiziert, hat sich dazu Solisten eingeladen: Bianca Amelew (Gesang), Christoph Schreiber (Violine), und Ronald Müller (Moderation) werden das Orchester unterstützen, das seit 2004 von Adda Noack geleitet wird.

Bevor es sich den Namen "Anhaltinisches Zupforchester" (AZO) gegeben hat, führte der Klangkörper über die vielen Jahre hinweg auch andere Namen auf seinem Schild. Begonnen hatte alles, als 1919 von acht Freunden in Dessau eine Musiziergemeinschaft gegründet wurde, die sich Mandolinenclub "Südstern" Dessau nannte und bald schon auf 45 Mitglieder angewachsen war. Ihre Gesinnung entsprach der damaligen Wandervogelbewegung, das Repertoire umfasste vorwiegend volkstümliche Musik und Volksliedbearbeitungen. 1925 schloss die Gruppe sich dem Arbeiter-Mandolinisten-Bund an, und nach einer Unterbrechung durch den Zweiten Weltkrieg wurde die Tradition des Orchesters ab 1945 weitergeführt.

Professionelle Musiker des Dessauer Landestheaters haben seit 1954 die Leitung des Orchesters übernommen. Unter Klaus-Günter Knochenhauer, Günther Sadzinski und Heinz Rombinski wurde das Repertoire um Werke des Barock, der Klassik und um zeitgenössische Musik erweitert - noch unter dem Namen Zupforchester Gärungschemie Dessau.

Von 1985 bis 2004 hatte Heidemarie Münzberger, Lehrerin für Gitarre an der Musikschule Dessau, die musikalische Leitung inne und während dieser Zeit das Orchester nachhaltig geprägt. Nach der Konzertsaison 2004 übergab sie den Dirigentenstab an Adda Noack, ebenfalls Gitarrenlehrerin an der Dessauer Musikschule.

Während der ganzen Jahre hatte es natürlich eine Menge musikalischer Höhepunkte gegeben. 1956 bereits hatten die Ensemble-Mitglieder am Deutschen Musikfest in Hannover teilgenommen, Rundfunkaufnahmen in Berlin 1964 und Auszeichnungen ließen es DDR-weit bekannt werden.

1989 wurde das Orchester mit dem Wilhelm-Müller-Kunstpreis der Stadt Dessau ausgezeichnet. Nach der Wende unternahm man mehrmalige Konzertfahrten und Austausche mit den Mandolinenorchestern in Darmstadt-Eberstadt und Bad Soden-Neuenhain. Und im Mai 1994 nahm das AZO am ersten gesamtdeutschen Bundesmusikfest im "Musikwinkel" im Vogtland teil, wo es als einziges Orchester das Land Sachsen-Anhalt vertrat.

Im zur Zeit aus 24 Mitgliedern bestehenden Klangkörper, der nicht selten gemeinsam mit Gästen musiziert, sind vor allem "Zupferinnen" und "Zupfer" aus Dessau und Köthen organisiert. Aber es gibt auch weiter Gereiste. So beispielsweise Thomas Lübeck aus Berlin, der in der fünften Klasse zum AZO stieß, es 1967 verließ und nach vierzig Jahren wieder eintrat.

Er erinnert sich an seine Wiederaufnahme: "Diese Gefühle kann man fast nicht beschreiben. Es öffnete sich ein Kreis von alten Bekannten und neuen Freunden . . ." Am längsten dabei in diesem Kreis ist die Dessauer Gitarristin Brigitte Gräfe. Das jüngste Mitglied des AZO ist Sophie Stahl aus Köthen. Die Dreizehnjährige spielt Mandoline, hat erst in diesem Jahr beim Anhaltinischen Zupforchester begonnen. Die Jubiläumskonzerte werden ihre ersten sein.

Prinz kommt später

Übrigens: Prinz Eduard von Anhalt hat bedauert, dass er nicht an einem der Jubiläumskonzerte teilnehmen kann. "Wie er mitteilte, ist er da gerade verhindert", war von Klaus Mehner, der im Orchester als Konzertmeister u. a. zuständig ist für die so genannten Registerproben und einen Teil der Öffentlichkeitsarbeit, zu erfahren. Aber der Fürstenspross habe geschrieben, dass er sich über eine Einladung zu einem der nächsten Konzerte sehr freuen und dann auch ganz bestimmt kommen würde. Zu einem Konzert des Anhaltinischen Zupforchesters Dessau / Köthen.