Kampf für Gleichstellung Christine Ihloff möchte die Chancen für Frauen an der Hochschule Anhalt verbessern
Hier erzählt die Ingenieurin, wie das gehen könnte.

Köthen/MZ - Redet Christine Ihloff über ihr neues Amt, ist ihr ein Punkt besonders wichtig: „Ich möchte das Thema Gleichstellung sichtbarer machen“, sagt die Diplom-Ingenieurin für Fertigungsmittelentwicklung. Seit dem 1. März 2022 ist die 58-Jährige neue Gleichstellungsbeauftragte an der Hochschule Anhalt. Als solche vertritt sie das Ziel der Chancengleichheit – insbesondere zwischen Frauen und Männern.
Denn davon kann bislang keine Rede sein. Frauen sind in Deutschland noch immer in vielen Bereichen benachteiligt. Das zeigt sich etwa an den Daten des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen, wo Deutschland in Sachen Geschlechtergerechtigkeit im europäischen Vergleich im Mittelfeld dümpelt, weit abgeschlagen hinter Ländern wie Schweden oder Frankreich. Für den Bildungsbereich zeichnen die Daten ein besonders düsteres Bild: So haben deutlich weniger Frauen als Männer einen Hochschulabschluss. Und: je höher der Abschluss – desto weniger Frauen.
Ihloff will nun dafür sorgen, dass sich Frauen im Hochschulalltag stärker angesprochen fühlen
Gerade an ihrem Bereich – also in den Fächern Elektrotechnik, Maschinenbau und Wirtschaftsingenieurwesen – seien deutlich mehr Männer als Frauen beschäftigt, berichtet Christine Ihloff. „Und wenn, dann sind Frauen Geschäftsassistentinnen oder Sekretärinnen“, sagt die Ingenieurin und beschreibt damit ein Phänomen, das als „gläserne Decke“ bekannt ist: Die Metapher soll beschreiben, dass Frauen, auch wenn sie hoch qualifiziert sind, der Aufstieg in Führungspositionen oft verwehrt bleibt.
Ihloff will nun dafür sorgen, dass sich Frauen im Hochschulalltag stärker angesprochen fühlen: „Einen Raum schaffen, der sichtbar ist, an den man sich wenden und an dem man seine Sorgen loswerden kann“, formuliert sie ihr Ziel. Auch wolle sie das Thema „nicht so formalistisch“ angehen, „sondern vor allem beratend.“
Defizite sieht sie etwa im Personalbereich. „Ein Ziel wäre daher, dass man bestimmte Stellen paritätisch besetzt“, sagt die Ingenieurin. Das ist für sie kein reiner Selbstzweck: Denn die männliche Dominanz in manchen Berufen wirke sich auch in der Realität aus, erläutert Ihloff: So führe der Mangel an Ingenieurinnen etwa dazu, dass Frauen bei der Entwicklung von Produkten oft nicht mitgedacht würden. Beispielsweise erfolge der Zuschnitt von Autos in der Regel nach männlichen Maßen. Deshalb sei es ihr ein besonderes Anliegen, junge Frauen für technische Berufe zu gewinnen.
Gleichwohl möchte Ihloff die Situation an der Hochschule Anhalt nicht dramatisieren
Das aber, sagt die 58-Jährige, sei alles andere als leicht. Die Ursachen dafür liegen ihr zufolge im gesellschaftlichen Umgang mit den Geschlechtern begründet, deren Rollen oft schon im Kindesalter festgeschrieben werden. „Mädchen müssen für Technik begeistert werden, wenn sie noch jung sind“, sagt die Ingenieurin. „Wenn sie dann ständig pink sehen und mit Barbies spielen, dann ist es zu spät“, kritisiert sie die oftmals klischeebeladene Erziehung von Mädchen und Jungen. Dabei gelte dasselbe auch andersherum: „Wenn ein Junge nähen möchte, dann sind Nähmaschinen für Kinder meistens pink. Damit wollen Jungen dann nicht nähen.“
Gleichwohl möchte Ihloff die Situation an der Hochschule Anhalt nicht dramatisieren. „So schlimm sieht es bei uns auch nicht aus“, sagt sie. Zudem sei die Gleichstellung von Männern und Frauen in Ostdeutschland historisch stärker verwurzelt als in den alten Bundesländern. „Für uns hier im Osten war es vollkommen neu, dass Frauen im Westen noch bis weit in die 70er Jahre hinein den Ehemann fragen mussten: ,Darf ich arbeiten gehen?’ Das hatten wir hier so nicht“, stellt die Ingenieurin fest.
Dennoch: Komplette Chancengleichheit habe es auch zu DDR-Zeiten nicht gegeben. „Die gläserne Decke – irgendwann fand sie dann doch statt“, blickt Christine Ihloff zurück.