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Bleiloch-Kreuzer für Prag

Von Raimund Leonhardt 15.06.2007, 16:16

Aken/MZ. - Wegen seiner Länge hoben die Hafenarbeiter das Schiff mit zwei Kranen vom Lader. Transportleiter Andreas Winkelhoch ist erleichtert: "Wir sind überall gut durch gekommen." Nicht eine Hauswand wurde gestreift, keine Ampel auf dem Weg an die Elbe geknickt. Die "Saalburg" ist mehrere Jahre auf der Bleilochtalsperre für die Fahrgastschifffahrt Saalburg GmbH unterwegs gewesen. 144 Passagiere finden auf dem Dampfer Platz. Auf dem Stausee an der Saale sind neben der "Saalburg" noch zwei Schwesternschiffe - die "MS Gera" und die "MS Heinrichstein" unterwegs. Reinhardt Köchel, Geschäftsführer des Fahrgast-Unternehmens, hat sich vor kurzem zum Kauf eines größeren Dampfers entschlossen. Dieses wird über 300 Passagieren Platz bieten. "Die Touristen lassen sich gern über unseren See fahren", schildert Köchel den Zuspruch der landschaftlich sehr schönen Gegend.

Für den Schwertransport des Schiffes von Saalburg nach Aken war die Universal Transporte Michels aus München zuständig. Für Transportleiter Winkelhoch und seine Männer war die Fahrt mit dem 60-Tonnen-Dampfer Teil ihres Alltags. Eng wurde es für den 26 Meter langen, fünf Meter breiten und fast Meter hohen Kahn auf dem Hermsdorfer Kreuz. Hier musste eine Baustellen abgebaut werden, damit der Talsperren-Kreuzer vorbei kam. Eigentlich sollte das Schiff schon einen Tag früher in Aken eintreffen. Aber dann ging ein Druckluftventil am Lader flöten, das erst per Expressdienst neu besorgt werden musste.

Schwierig gestaltete sich auch die Abfahrt in Saalburg: "Von der Ladestelle mussten wir den Lkw über einen Kilometer rückwärts in den Ort schieben, um eine enge Kurve zu meistern", berichtet der Junior-Chef des Transporteurs, Joachim Michels. Da einige Straßen auf der insgesamt 230 Kilometer langen Wegstrecke nur sechs Meter breit sind, blieben für die Spezialisten-Crew des Transportunternehmens oft nur 40 Zentimeter Luft zum Rangieren. Ganz schön knapp. Als "Tortour" beschreibt er auch den Feldweg auf dem der schwere Laster das Schiff in Richtung Autobahn schleppte. Die Brücke der "Saalburg" musste im übrigen abgebaut werden, damit der Transport überhaupt möglich war. Die A 9 verließ der Transport, zu dem auch ein Sicherungs- und Begleitfahrzeug gehört, über die Anschlussstelle Wolfen. Von hier aus ging es auf der B 183 und B 187 a weiter bis in die Akener Hafen. Insgesamt dauerte die Landfahrt des Schiffes sechs Stunden. Große Transporte wie dieser dürfen übrigens nur in der Nacht auf den Straßen unterwegs sein. Tags über würde sonst ein Verkehrschaos ausbrechen.

Bis in die nächste Woche liegt das Schiff jetzt im Hafenbecken. Von hier wird es über die Elbe und Moldau bis nach Prag fahren, wo es im Dienst des neuen Eigentümers, einem tschechischen Fahrgastunternehmen, Touristen unter den Brücken der "Goldenen Stadt" bugsiert. In Prag wird die "Saalburg" dann auch umgetauft. Welchen Namen sie am Ende tragen wird, wenn sie auf der Moldau ihre Bahnen zieht, steht momentan noch nicht fest.

Für Winkelhoch und seine Leute war es im übrigen nicht die erste Landparty mit einem Dampfer im Akener Hafen. Bereits im September des Vorjahres schafften er und sein Team einen 100-Tonnen-Brocken von Aken an die Bitterfelder Goitzsche. Dieses Schiff ist heute als MS "Vineta" auf dem See im Einsatz.