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Blaue Flecken im Gesicht Blaue Flecken im Gesicht: Missbrauch einer Einjährigen aus Köthen kann vor Gericht nicht nachgewiesen werden

Von Susann Salzmann 28.08.2020, 10:08
Die vermuteten Übergriff auf Michelle konnten der Mutter nicht nachgewiesen werden.
Die vermuteten Übergriff auf Michelle konnten der Mutter nicht nachgewiesen werden. dpa

Köthen - Die Erzieher im Kindergarten waren alarmiert und der Kindesvater Marcel T. (alle Namen geändert) sah Rot, als er im Oktober 2019 seine Tochter Michelle aus der Kita abholte. Die damals Einjährige hatte nämlich blaue Flecken im Gesicht, die den Kindesvater Schlimmstes befürchten ließen.

Hat die Kindesmutter, seine Ex-Freundin Daniela B., der gemeinsamen Tochter Gewalt angetan? War der Mutter die Hand ausgerutscht? Sie hatte das Kind morgens mit den blauen Flecken im Gesicht in die Kita gebracht, ohne jemandem zu erklären, wie es zu den Unterblutungen gekommen ist.

Aufgrund großer Befürchtungen um das Kindeswohl erstattete der Köthener Anzeige gegen Daniela B. Und die musste deshalb nun vor Richterin Susanne Vogelsang auf der Anklagebank des Köthener Amtsgerichtes Platz nehmen.

Beide Elternteile praktizieren nach der Trennung das Umgangsrecht

Ruhig und konzentriert erzählte die 26-jährige Beschuldigte, wie es zu den Hämatomen im Gesicht des Kindes gekommen war. Beide Elternteile praktizieren nach der Trennung das Umgangsrecht. So kam es, dass Michelle gut eine Woche vor dem Vorfall jeden Tag im Haushalt der Mutter lebte.

„Meine Tochter saß auf einem schmalen Tritt auf der Balkontür, während ich Wäsche aufgehangen habe“, begann die dreifache Mutter, in deren Haushalt noch zwei größere Kinder leben, zu erzählen. Als die Kleine versucht habe aufzustehen und unterstützend Halt am Rahmen der Balkontür gesucht habe, sei sie abgerutscht. Das Mädchen sei längsseitig mit der linken Wange an die Balkontür gestoßen. Lina Woydt, Sachverständige der Rechtsmedizin aus Halle, erklärte in ihrem Bericht, dass die Unterblutung so entstanden sein kann.

Nur zwei Tage später kam es im Haushalt der Mutter zu einer zweiten unglücklichen Verkettung. Michelles Oma führte ein Internet-Telefonat und alberte dabei mit der Enkelin herum. Das beschrieb nicht nur Daniela B. so, sondern auch deren Mutter, sprich die Oma, im Zeugenstand.

„Der einzige Fehler, den ich gemacht habe, war, dass ich dem Vater nicht Bescheid gegeben habe“

Beim Faxen machen sei die Kleine mit der rechten Wange an die Tischkante gestoßen. Auszuschließen sei auch diese Version des Unfallhergangs nicht, meinte die Sachverständige. Dass die Hämatome aber nur so entstanden sind, bestätigte Woydt nicht. „Ich habe gleich mit ihr gekuschelt. Sie zeigte keine Anzeichen von Kopfschmerzen oder musste erbrechen“, begründete die Mutter, weshalb sie nicht sofort einen Arzt aufgesucht habe.

„Der einzige Fehler, den ich gemacht habe, war, dass ich dem Vater nicht Bescheid gegeben habe“, räumte die junge Frau ein. Für Daniela B.s Aussage sprach auch die Tatsache, dass die Kinderärztin bestätigte, dass Michelle bei ihr noch nicht wegen Anzeichen von äußerer Gewalt vorgestellt wurde.

Die Verhandlung nahm erst eine überraschende Wendung, als der Kindsvater den Zeugenstand betrat und die Fürsorge von Daniela B. in Frage stellte. Er versuchte, seine Ex in einem schlechten Licht darzustellen, indem er auf gewalttätige Aktionen von ihr gegenüber ihren Kindern zu sprechen kam. Auf scharfe Nachfrage von Richterin Vogelsang stellte sich aber heraus, dass er diese Situationen nie live erlebt habe, sondern nut vom „Hören-Sagen“ kannte. Und das, obwohl beide in den angesprochenen Zeiträumen noch eine Beziehung führten.

Der Richterin blieb nur eine Option: ein Freispruch

Der Zeuge aber fiel der Richterin aber noch aus einem anderen Grund auf: Vogelssang selbst hatte Marcel T. einmal zu einer saftigen Geldstrafe verurteilt, weil er gegen Daniela B. Gewalt ausgeübt hatte. Und zwar so sehr, dass diese notgedrungen mit den Kindern ins Frauenhaus flüchtete.

Auch daran und an der Aussage von Marcel T., dass „ich aufbrausend sein kann, wenn ich nicht richtig verstanden werde, aber ansonsten bin ich ein ruhiger Mensch“ lag es wohl, dass die belastenden und teils unbegründet erwiesenen Aussagen des Kindesvaters nicht zu einer Verurteilung der Kindesmutter führten. Der Richterin blieb nur eine Option: ein Freispruch. Die Tat konnte Daniela B. nicht eindeutig nachgewiesen werden, resümierten schließlich Staatsanwalt wie auch Richterin. (mz)