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Bessere Bildungschancen Bessere Bildungschancen: Junger Syrer in Köthen hat Stipendium der Start-Stiftung bekommen

Von Stefanie Greiner 08.10.2019, 13:12
Amir Zadah besucht die Freie Schule Anhalt in Köthen. Hier will der 18-Jährige sein Abitur machen.
Amir Zadah besucht die Freie Schule Anhalt in Köthen. Hier will der 18-Jährige sein Abitur machen. Ute Nicklisch

Köthen - Amir Zadah ist gespannt auf die Veranstaltungen, die ihn in den kommenden drei Jahren erwarten. Auf die jungen Leute, die er kennenlernt.

Der 18-Jährige hat ein Stipendium der Start-Stiftung bekommen. Er ist damit einer von sieben Jugendlichen aus Sachsen-Anhalt und einer von 160 aus Deutschland. Die Stiftung unterstützt Jugendliche mit Migrationshintergrund. „Start ist Talentschmiede für außergewöhnliche junge Menschen“, heißt es in einer Pressemitteilung.

Das Auswahlverfahren ist anspruchsvoll. Gepunktet hat Amir unter anderem mit seinem Engagement für die Initiative „Willkommen in Köthen“ vor einigen Jahren. Er kümmerte sich um deren Facebook-Seite. Der Jugendliche erwarb die Jugendleitercard, um Kinder in einem Feriencamp betreuen zu können. Und er machte ein Praktikum in einem Seniorenheim. Mit Menschen zu tun zu haben, das liebt Amir so.

Amir Zadah ist 2011 aus Syrien geflohen, kam 2015 nach Köthen

2015 kam er nach Köthen. Seine Familie war vier Jahre zuvor aus Syrien geflohen. Noch bevor die Unruhen dort losgingen. „Mein Vater ahnte, dass Krieg kommen wird“, sagt Amir. Er habe die Familie rechtzeitig in Sicherheit bringen wollen. Die Familie floh in die Vereinigten Emirate. Mit seiner großen Schwester und deren Ehemann machte sich Amir weiter auf den Weg nach Deutschland. Die Eltern blieben mit der kleinen Schwester zunächst in der Türkei.

In Köthen versuchte Amir sofort, sich einzubringen. „Ich möchte meine Zeit sinnvoll nutzen“, sagt der 18-Jährige. Er konnte nicht gleich zur Schule gehen und besuchte deshalb fast täglich die Deutschkurse, die die Initiative „Willkommen in Köthen“ anbot. Auf Deutsch verständigen konnte er sich schnell. „Es fällt mir nicht schwer, Sprachen zu lernen“, sagt er. In der Schule lernt Amir neben Englisch auch Russisch und Französisch. Arabisch spricht der junge Syrer nur selten - eigentlich nur mit seiner Familie. Die meiste Zeit spricht er Deutsch.

Inzwischen leben auch seine Eltern und seine kleine Schwester in Köthen. Amir ist froh, dass seine Familie endlich bei ihm ist. „Ich hatte immer Angst, dass es nicht klappt.“ Er habe sich dafür verantwortlich gefühlt, dass seine Eltern und seine Schwester nach Deutschland kommen können. Sie endlich wiederzusehen, sei etwas ganz Besonderes für ihn gewesen.

Stipendium über 1.000 Euro im Jahr

Seiner großen Schwester ist Amir dankbar. Dafür, dass sie während der Abwesenheit seiner Eltern für ihn da war. Und ihm ermöglicht hat, nach der Sekundarschule „An der Rüsternbreite“ nun die Freie Schule Anhalt zu besuchen. Die Schwester bezahlte das Schulgeld. Das möchte Amir nun selbst aufbringen.

Das Stipendium geht mit einer finanziellen Unterstützung einher. 1.000 Euro im Jahr. Das Geld ist dafür gedacht, in die Bildung investiert zu werden. Amir will davon auch Bücher kaufen und sich seinen Hobbys widmen. „Ich möchte alles ausprobieren“, sagt er. Der Jugendliche brachte sich Klavierspielen bei. Er zeichnet gern. Das Stipendium sieht er als Chance, um sich zu bilden.

Die Start-Stiftung bietet ihren Stipendiaten mehrere Seminare an. Zur Kommunikation. Zu gesellschaftlichen Themen. Zur Demokratie. Amir schwärmt vom ersten Treffen der Jugendlichen im August in Bonn. An diesen drei Tagen habe er so viele tolle Menschen kennengelernt, sagt er.

Was er später werden möchte, weiß Amir noch nicht genau. Journalist vielleicht. Jetzt möchte der 18-Jährige erst mal sein Abitur machen und dann studieren. (mz)

Die Start-Stiftung unterstützt Jugendliche mit Migrationshintergrund mit einem Bildungsprogramm - mit dem Ziel, eine „lebendige Demokratie, gesellschaftlichen Zusammenhalt und freiheitliche Werte in einer offenen Gesellschaft“ zu stärken.

Bundesweit haben sich 1.118 Jugendliche zum Schuljahr 2019/20 für ein Stipendium der Stiftung beworben. 160 davon haben es geschafft, sieben davon leben in Sachsen-Anhalt.

Angelegt ist das Stipendium für drei Jahre. Währenddessen können die Jugendlichen an Seminaren und anderen Veranstaltungen teilnehmen. „Damit schaffen wir ein starkes Netzwerk aus Gestalterinnen und Gestaltern, die sich aktiv für unsere Demokratie einsetzen“, sagt Michael Okrob, Geschäftsführer der Start-Stiftung.