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Beringt auf Weltreise Beringt auf Weltreise: Ingolf Todte aus Aken hat die Kraniche der Region im Blick

Von Sylke Hermann 17.01.2021, 13:00
Ingolf Todte in seinem Element: Im Juni 2020 bekommt Kranich Sylvia in Lödderitz eine spezielle Kennzeichnung.
Ingolf Todte in seinem Element: Im Juni 2020 bekommt Kranich Sylvia in Lödderitz eine spezielle Kennzeichnung. Hartmut Spott

Aken - Der Kranich ist nicht einfach ein Vogel. Der Kranich fasziniere die Menschen mit seiner Schönheit, den langen Beinen, die ihn schnell davon schreiten lassen und vor allem mit seinem trompetenähnlichen Ruf. Der Kranich, der als Symbol der Wachsamkeit und der Klugheit gilt, ist der „Vogel des Glücks“. Er sei unverkennbar. Sagt Ingolf Todte.

„Der Kranich gehört zu den wenigen Arten, die in ihrem Bestand wachsen“, erklärt das Mitglied im Ornithologischen Verein Aken. Lange Zeit ist die Elbe „eine magische Grenze“, die der Kranich nicht überwindet. Insofern trifft man den Vogel lediglich in nördlicher gelegenen Ländern an, in Mecklenburg-Vorpommern oder Brandenburg.

1998 dann die ersten Ansiedlungen im Altkreis Köthen, genau genommen im Olberg-Forst zwischen Dessau und Aken. „Das war schon überraschend“, erinnert sich Ingolf Todte, der seither mit großem Interesse beobachtet, wie es dem Vogel hierzulande ergeht. Immerhin neun Paare zählt er 2020 im Altkreis. Drei weitere im Elbe-Saale-Winkel.

Der Akener ist Mitglied in der sachsen-anhaltischen Landesgruppe Kranichschutz

Der Akener ist Mitglied in der sachsen-anhaltischen Landesgruppe Kranichschutz, die Vogelkunde von Kindesbeinen an sein Hobby. Es braucht letztlich nicht viel, damit sich eine Gruppe engagierter Männer aus dem Raum Wittenberg, dem Altkreis Bitterfeld und aus dem Akener Verein anschickt, ein Beringungsprogramm für den Kranich zu starten, „um zu gucken, was die Tiere hier machen und wohin es sie zieht“. 2018 ist das der Fall, erinnert Ingolf Todte. Mittlerweile sind nicht nur die ersten Tiere beringt, es liegen auch die ersten Daten ihre Reisen vor.

In einem Lehrgang hatte sich Ingolf Todte das fachliche Rüstzeug angeeignet, bevor er sich an die Arbeit macht. Weltweit, berichtet er, werden Kraniche mit farbigen Ringen markiert. Sechs an der Zahl. Drei stehen für die Länderkennung, die jährlich wechselt, drei für exakt dieses Tier. Der Vorteil: Die Ringe an beiden Beinen lassen sich mit dem Fernglas gut erkennen - und damit auch der Vogel exakt zuordnen. Weil das weltweit mittlerweile viele Menschen tun und ihre Beobachtungen anschließend im Internet zur Verfügung stellen, lässt sich der Lebenslauf jedes einzelnen Tieres, sofern es beringt ist, mehr oder weniger lückenlos nachvollziehen.

„Der Kranich ist sehr scheu und aufmerksam und extrem flink, selbst wenn er noch nicht fliegen kann“

Auch für Ingolf Todte und seine Mitstreiter sind diese Kranichseiten eine faszinierende Fundgrube, um sich immer mehr Wissen über diese Vögel anzueignen. Und natürlich füttert er das Netz ebenso mit den Angaben seiner hier beringten Kraniche. Inge zum Beispiel. Inge ist der erste von ihm mit sechs farbigen Ringen gekennzeichnete Kranich.

Ein Weibchen übrigens, weshalb ihn der Beringungstrupp in Merschwitz (Landkreis Wittenberg) damals auf den Namen Inge tauft. Inge ist seit 2018 mit Ring unterwegs. Weitere Tiere folgen 2019 im Altkreis Bitterfeld und 2020 auch hier in der Nähe. Sylvia zum Beispiel, der man sich im Juni in Lödderitz nähert und sie entsprechend kennzeichnen kann. Ihren Namen hat sie ihrer Entdeckerin Sylvia Spott zu verdanken.

Dass man für eine solche Aktion früh aufstehen sollte, sei der Tatsache geschuldet, dass sich die Kranichfamilie mit ihren halbwüchsigen Jungen oftmals in den Morgenstunden außerhalb des schützenden Schilfes auf Nahrungssuche begibt. Nun muss man schnell sein, der Kranich ist es schließlich auch, um die tierischen Ausflügler einkreisen und letztlich einfangen zu können. „Der Kranich ist sehr scheu und aufmerksam und extrem flink, selbst wenn er noch nicht fliegen kann“, weiß Ingolf Todte von einigen Aktionen. „Am Ende pusten die kleinen Kraniche wie ihre Fänger“, beschreibt er die Situation.

Jungvögel werden unter anderem vermessen, gewogen, man entnimmt ihnen eine Feder

Die Jungvögel werden unter anderem vermessen, gewogen, man entnimmt ihnen eine Feder, um das Geschlecht bestimmen zu können und schließlich werden sie mit den Kunststoffringen individuell gekennzeichnet. Allein dieser Umstand versetzt die Ornithologen in die Lage, die Tiere exakt verfolgen zu können - egal wo sie sich aufhalten.

Inge zum Beispiel ist im Winter gern in Frankreich. Andere bevorzugen Spanien. Etliche bleiben sogar hier, was eine nicht uninteressante Erkenntnis aus diversen Beringungsaktionen sei, sagt Ingolf Todte. „Es ist spannend zu erleben, wo sich unsere Kraniche in drei, vier Jahren einmal ansiedeln.“

Das setzt allerdings voraus, dass es irgendwo auf dieser Welt Menschen gibt, die den Zug der Kraniche nicht nur interessiert verfolgen, sondern die sich auch online registriert haben, um diese Daten dort zu veröffentlichen. Für andere Nutzer einsehbar. „Das ist immer auch ein bisschen Glückssache, ob es Angaben gibt oder nicht.“ Ingolf Todte zählt wenig überraschend zu denen, die die Plattform emsig mit Daten füttern, sobald sie einen Kranich sehen. Schon die Neugierde, woher das Tier wohl kommen mag, treibt ihn an. (mz)

Raphael Nitsch gehört zu den emsigen Helfern beim Beringen.
Raphael Nitsch gehört zu den emsigen Helfern beim Beringen.
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