1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Köthen
  6. >
  7. Banner-Streit in Weißandt-Gölzau: Banner-Streit in Weißandt-Gölzau: Konflikt um Photovoltaik-Projekt eskaliert

Banner-Streit in Weißandt-Gölzau Banner-Streit in Weißandt-Gölzau: Konflikt um Photovoltaik-Projekt eskaliert

Von Doreen Hoyer 15.06.2019, 07:00
Am Samstag befestigten die Männer aus Weißandt-Gölzau das Banner.
Am Samstag befestigten die Männer aus Weißandt-Gölzau das Banner. Ute Nicklisch

Weißandt-Gölzau - Es ist 15 Meter lang, weiß und trägt folgende Worte: „Wir sind für Erweiterung von Industrie - Photovoltaik an diesem Standort nie“. Das Protestbanner, das am Wochenende an einem Zaun am Industriegebiet Weißandt-Gölzau angebracht wurde, beschäftigt seit Tagen Einwohner und Behörden gleichermaßen. Es zeigt sich ein Stück in drei Akten rund um unterschiedliche Ansichten von Recht und Gesetz:

Erster Akt: Anbringen

Am vergangenen Samstag trafen sich etwa ein halbes Dutzend Männer an einem Zaun an der Bundesstraße 183 bei Weißandt-Gölzau. Im Gepäck haben sie besagtes Banner, das sie am Zaun befestigen wollen. Mit dabei sind unter anderem die ehemaligen Stadträte Erich Neuber und Rajko Amler, sowie die frisch gewählten Stadträte Daniel Richter und Burkhard Bresch - allesamt aus Weißandt-Gölzau.

Mit dem Banner wollen sie gegen die Photovoltaik-Anlage demonstrieren, die auf dem Gebiet hinter dem Zaun entstehen soll. Ein Teil gehört zur Gemarkung Weißandt-Gölzau und wurde bereits von der Mitteldeutschen Sanierungs- und Entsorgungsgesellschaft (MDSE) verkauft. Für den Radegaster Teil beschloss der Stadtrat im März einen Vertrag, der es der Firma Naumburger Solar GmbH mit Sitz in Bitterfeld ermöglicht, dort Pläne für Photovoltaik voranzutreiben. Insgesamt geht es um 39.000 Quadratmeter.

Bürgermeister Thomas Schneider: „In Deutschland kann jeder seine Meinung frei äußern“

Neuber verweist darauf, dass das Gelände doch zur Ansiedlung von Industrie dienen solle. Dass von dort aus eine Brücke gebaut werden könne zur anderen Seite der B 183 für eine mögliche große Erweiterung des Industriegebietes. „Wir machen uns mit dieser Aktion unbeliebt, aber nachfolgende Generationen werden es uns vielleicht mal danken“, meint der Gölzauer. Ob sie das Banner überhaupt am Zaun anbringen dürfen? „Für Fälle von Protest-Resolutionen ist das frei“, meint Neuber.

Thomas Schneider, Bürgermeister des Südlichen Anhalts, betont, er habe nichts gegen weitere Industrieansiedlung, im Gegenteil. Aber es gebe momentan keinerlei derartigen Signale von Firmen. Der Zaun gehöre im Übrigen nicht der Stadt. „In Deutschland kann jeder seine Meinung frei äußern“, sagt er bezüglich des Banners.

Wem gehört der Zaun dann? Ingo Pannicke, Geschäftsführer der Naumburger Solar, sagte am Dienstag auf MZ-Nachfrage, er wisse spontan nicht, ob der Zaun Firmeneigentum sei. Er werde aber gegen das Banner „keine Aktion starten“, es gelte die freie Meinungsäußerung.

Der Bau der Anlage solle noch 2019 starten

Generell verstehe er aber den Unmut in Gölzau nicht, der Stadtrat habe sich schließlich für das Projekt ausgesprochen. Der Bau der Anlage solle noch 2019 starten. Im Übrigen gehörten die Naumburger Solar GmbH und die Firma „Grüne Energien Solar“, für die er ebenfalls arbeitet und die im Vorfeld im Gölzauer Ortschaftsrat um Unterstützung geworben hatte, zusammen. Flächeneigentümer sei eine andere damit verbundene Firma, deren Namen er allerdings auf Nachfrage nicht nannte.

Zweiter Akt: Verschwunden

Lange bleibt das Banner nicht hängen. Am Mittwoch ist es weg. Ein Mann in einem grünen Cabrio sei vorgefahren, habe es abgeschnitten und mitgenommen, erzählt Erich Neuber. Zeugen hätten ihm das berichtet.

Bei der Polizei wird eine Anzeige wegen Diebstahls gestellt. Und mehr noch: Jemand habe gesehen, wie der Cabrio-Fahrer das Banner in das Gebäude der Stadtverwaltung in der Gölzauer Hauptstraße getragen habe.

140 Euro habe er für die Beschriftung ausgegeben, das sonstige Material sei gespendet worden, so Neuber. Er hofft, seine Aufwendungen aus Mitteln der Ortschaft zurückzubekommen. Wenn nicht, werde halt eine Spendensammlung gestartet, hatten seine Mitstreiter schon am Samstag angekündigt.

Neuber betont auch, man habe den Zaun noch einmal nachträglich mit Erdankern und Holzbalken gegen Sturm gesichert. Die Zaunsäulen seien rostig gewesen.

Dritter Akt: Wieder da

Am Donnerstagvormittag bestätigt Bürgermeister Schneider: „Das Banner ist bei uns. Aber die Stadt hat es nicht entfernen lassen.“ Vielmehr habe der Eigentümer des Zauns es abgeschnitten und im städtischen Fundbüro abgegeben.

Das bestätigt Pannicke. Ja, der Zaun gehöre seinem Unternehmen. Er habe auch Anzeige wegen Sachbeschädigung gestellt. „Der Zaun wäre ja dadurch fast zusammengebrochen.“ Unter anderem seien Pfosten nicht fachgerecht angebracht worden. Wegen dieser Schäden habe er sich doch entschieden, etwas gegen das Plakat zu unternehmen. „Es ist ja ein Unterschied, ob einer ein Bettlaken aufhängt oder so ein fast 20 Meter langes Plakat.“

Erich Neuber holte das Banner noch am Donnerstag aus dem Fundbüro ab, es ist leicht beschädigt. Die Anzeige werde er nicht zurückziehen, hier sei in seinen Augen Diebstahl geschehen.

Das sieht Polizeisprecher Michael Däumich allerdings anders: Entscheidend seien die Ermittlungsergebnisse und die Staatsanwaltschaft befinde über die Anklageerhebung. „Aber Diebstahl ist das wahrscheinlich nicht. Das Banner wurde ja vom Zauneigentümer nicht selbst benutzt, sondern ins Fundbüro gebracht.“

Er werde jedenfalls nicht locker lassen, betont Neuber. In wenigen Tagen werde er das Banner wieder anbringen, kündigt er an. An derselben Stelle. (mz)

Erich Neuber zeigt eingerissene Stellen am Banner.
Erich Neuber zeigt eingerissene Stellen am Banner.
Ute Nicklisch