Auf Suche nach verlorenen Schätzen
KÖTHEN/MZ. - An diesem Wochenende fanden auf dem Hallenparkett jedoch Duelle anderer Art statt. Keine sportlichen oder schweißtreibenden - sondern körperlose, verbale. Weniger spannend waren sie für die Beteiligten jedoch nicht. Es war Trödelmarkt in der Köthener Heinz-Fricke-Halle. Und die Regeln und typischen Eigenschaften eines Zweikampfes ließen sich auch hier beobachten. Auf der einen Seite der Trödelhändler, auf der anderen ein kaufinteressierter Kunde - das ist eine Beziehung voller Finten und abwechselnder Angriffs- und Verteidigungshaltung.
"Was soll das kosten?", fragt Bettina Schließmann. "Was sind sie denn bereit, zu zahlen?", antwortet Trödelhändler Lutz Reisser mit einer Gegenfrage. Beide wissen: Wer den ersten Schritt macht, droht zu verlieren. Kein Spiel, aber Geld. Meistens nicht viel, Reisser feilscht um jeden Cent. Vor ihm stehen Blechspielzeug, Kaufmannsläden und in die Jahre gekommene Küchenutensilien auf dem Tisch. Sein Stand ist ein Paradies für all jene, die sich an teilweise historischem Spielzeug erfreuen. Nachdem er einen kleinen DDR-Plaste-Lkw mit Verpackung für 3,50 Euro an den Mann brachte, plaudert Reisser über den Reiz eines Trödelmarktes: "Darum geht es doch hier, ums feilschen. Es wäre langweilig, wenn ich zehn Euro sage, und der Kunde sofort einverstanden ist."
Für den Profit wäre das sicher besser, aber der allein zählt scheinbar nicht. Lutz Reisser wohnt in Großörner bei Hettstedt. In der Woche, sagt er, hat er mit seiner Kneipe und einem kleinen Antikladen genug zu tun. Dennoch treibt es ihn an den Wochenenden hinaus. Auf die Märkte. Einer dieser Märkte schlug jetzt seine Zelte in Köthen auf. Der Veranstalter, die "Herzog Märkte", wirbt auf seiner Homepage mit dem Slogan: "Die Suche nach dem verlorenen Schatz." Ist das einer der Gründe, wieso man einen Flohmarkt besucht?
"Ganz klar geht es auch darum. Aus diesem Grund legen wir als Veranstalter auch Wert darauf, dass wir ein echter Trödel- und Antikmarkt bleiben", erklärt Christian Büttner, der an diesem Wochenende den Markt organisiert. Das heißt, dass es bei ihm im Gegensatz zu vielen anderen Flohmärkten keine Stände mit billigen Neuwaren gibt. "Das schätzen sowohl die Händler als auch die Besucher an unseren Märkten", so Büttner. Die "Herzog Märkte" reisen in den Wintermonaten durch die Hallen der Region. Und viele der Händler reisen mit ihnen. Was für die Köthener Besucher den Anreiz erhöht, Neues zu entdecken und sich tatsächlich auf eine Schatzreise zu begeben.
Über 1000 Neugierige stürzten sich allein am Samstag in das Getümmel der Heinz-Fricke-Halle. "Damit sind wir sehr zufrieden", wird Veranstalter Christian Büttner am Abend sagen. Zu den Suchenden gehören auch Bettina und Lothar Schließmann. An vielen Ständen werden sie begrüßt und in einen kleinen Plausch verwickelt. Das Ehepaar hat den Flohmarktbesuch zu seinem Hobby gemacht. In Teutschenthal wohnend, besuchen sie so oft es geht die Märkte der Region. "Oft nehmen wir nichts mit nach Hause", erklärt Bettina Schließmann, "aber darum geht es uns nicht mehr." Der Flohmarkt als Treffpunkt, dass sei trotz der Konkurrenz aus dem Internet - Stichwort eBay - immer noch etwas Besonderes. Schließmann sammelt alles zum Thema Katzen, vor allem Figuren. Ihr Ehemann baut sich gerade eine Simson S50 auf und benötigt dafür noch einige Teile. "Schutzblech, Tank und Sitz", seien noch die größeren Teile, die ihm fehlen. In Köthen wird er aber nicht fündig. Schatzsucher, Flaneure oder Menschen, die sparen müssen - auf dem Flohmarkt kommen sie alle auf ihre Kosten. Sie sehen ihn als Gegenentwurf zur Wegwerfgesellschaft.