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Auf den Spuren eines Kämpfers gegen Napoleon

Von MATTHIAS BARTL 13.04.2009, 17:53

KÖTHEN/MZ. - In Dessau selbst jubelte ihnen die patriotisch gesonnene Bürgerschaft zu. Und in aller Herrgottsfrühe am 3. Mai 1809 schleichen sie sich an das Köthener Bärtor heran, blasen das Posthorn, übertölpeln den Wächter und nehmen die militärisch nur schwach geschützte Stadt und das Schloss faktisch im Sturm - ohne Tote, ohne Verletzte. Die Jäger des Majors Ferdinand von Schill sind schon um acht Uhr morgens die Herren der Stadt.

Schills Name ist damals wie heute ein Synonym für Patriotismus, für Widerstand und Kampf gegen Fremdherrschaft. Sein Rebellenzug gegen die Besetzung Deutschlands durch napoleonische Truppen endete tragisch: Schill kam in Stralsund beim Straßenkampf mit dänischen und holländischen Truppen, Handlangern der Franzosen, ums Leben, elf seiner Offiziere, darunter Albert und Carl Leopold Magnus Wilhelm von Wedell, Männer mit engen Beziehungen nach Köthen, wurden auf Napoleons Befehl in Wesel als Briganten, als Straßenräuber erschossen - nicht ohne Grund wollte der Diktator ihnen den Status von Kriminellen anheften. Albert von Wedell hatte, bis er sich Schill anschloss, Dienst in der Garde des Herzogs von Anhalt-Köthen versehen, auch seine Geschwister lebten in Köthen, wobei der noch minderjährige Albert 1808 nach dem Tod seines Vaters im Haus der Familie des Oberhofmeisters von Griesheim, der heutigen Löwen-Apotheke, ein neues Zuhause fand. Philippine von Griesheim war Albert von Wedells Braut.

Neben spanischen Guerillerros und Tiroler Bauern waren Schills Jäger die ersten, die sich mit der Waffe in der Hand gegen die napoleonische Fremdherrschaft zur Wehr setzten - und insofern hat ihr Aufenthalt an der Ziethe die Stadt Köthen für wenige Tage in das Licht der deutschen Geschichte gerückt wie selten zuvor und wie selten danach.

Diesen Umstand will die Köthener Kultur und Marketing GmbH (KKM) entsprechend würdigen. Am 8. Mai, so KKM-Chef Michael Schuster, werde man im Historischen Museum die Sonderausstellung "Schill - eine Spurensuche" eröffnen, die anschließend bis zum 31. August in Köthen zu sehen sein wird. "Und zwar nur in Köthen", wie Schuster unterstreicht, auch wenn Schill in Dessau und Bernburg gewesen sei. Dankenswerterweise haben Bernburg und Dessau die Ausstellung mit Leihgaben unterstützt.

Aus Bernburg kommt eine Tabakdose, die das Porträt des Amtsrates Carl Friedrich Christoph Breymann (1763 bis 1821) zeigt, der den Preußen Schill schon 1806 - auf der Flucht nach der verlorenen Schlacht von Jena und Auerstedt - vor den Franzosen gerettet hatte. Aus der Anhaltischen Gemäldegalerie Dessau wird ein Gneisenau-Porträt nach Köthen ausgeliehen. August Graf Neidhardt von Gneisenau, der vielleicht strategisch klügste Kopf des preußischen Heeres, war Schills militärischer Vorgesetzter 1807 bei der Verteidigung von Kolberg.

Dazu wird man in der Ausstellung ein Diorama sehen können, das Köthen an dem Tag zeigt, an dem Schill die Stadt erreicht hat. "Wir haben in der Exposition sogar ein originales Dokument aus Kolberg im Jahr 1807, das die Unterschrift von Schill trägt", freut sich Schuster, dass es gelungen ist, eine Vielzahl von seltenen Ausstellungsstücken zusammenzubekommen. "Es war gar nicht so einfach, in diesem Jahr Leihgaben zu bekommen, immerhin wird auch in Stralsund und in Wesel Schill und seiner Männer gedacht - und die Zahl der Originalstücke aus der Zeit ist nicht allzu groß."

Köthen aber gehöre zu den drei Museen in Deutschland, "die Schill in diesem Jahr dem Anlass entsprechend würdigen". Dabei ist Köthen ein besonderer Erfolg gelungen. Das Wehrbereichsmusikkorps III aus Erfurt wird am 8. Mai, dem Eröffnungstag der Ausstellung, zu einem Festkonzert aufmarschieren. "Wir sind sehr froh darüber, dass das Musikkorps der Einladung von Oberbürgermeister Zander gefolgt ist", so Schuster. Parallel zu der Ausstellung wird es Stadtführungen geben, die ebenfalls auf den Spuren von Schill in Köthen unterwegs sind. "Da gibt es eine ganze Reihe von historischen Bezügen", weiß Schuster.

Für ihn war die Schill-Ehrung ein besonderes Anliegen. Der KKM-Chef hat zu diesem frühen Abschnitt der Befreiungskriege zwei Bücher verfasst, die sich mit den personellen Verbindungen Köthens mit Schill und seinem Rebellenzug sowie mit einem Einwohner Anhalts befassen, der Mitglied der Lützowschen Freischar war.