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Ärger an der "Spinne" Ärger an der "Spinne": Hartmut Stahl über Fällarbeiten in Köthener Fasanerie erschüttert

Von Matthias Bartl 16.10.2019, 05:00
Nicht nur die Wege an der „Spinne“ haben durch die Fällaktion an einigen Stellen gelitten.
Nicht nur die Wege an der „Spinne“ haben durch die Fällaktion an einigen Stellen gelitten. Matthias Bartl

Köthen - Hartmut Stahl ärgert sich. Nicht zuletzt über sich selbst. Darüber, dass er den Versicherungen der Stadt Glauben geschenkt hat, die Fällung von 77 trockenen, toten Bäumen in der Fasanerie würde mit Augenmaß erfolgen und nur das Notwendigste umfassen.

So hatte es Umweltamtsleiter Oliver Reinke bei einem Rundgang durch den Stadtwald ausgedrückt, an dem die Mitglieder des Bau- und Umweltausschusses vor gut einem Monat teilgenommen hatten. Auch Stahl war dabei. „Es hörte sich vernünftig an“, sagt er heute. Deswegen habe er dem Vorhaben auch zugestimmt.

Beim nächsten Mal wird Stahl nach eigenem Bekunden misstrauischer sein. Denn was inzwischen in der Fasanerie passiert ist, geht seiner Meinung nach sichtbar über das hinaus, was den Stadträten zugesichert wurde. „Es sind Bäume gefällt worden, die gar nicht auf der Karte stehen, die die Stadt beim Rundgang präsentiert hat“, nennt der Stadtrat der IG-Fraktion einen Kritikpunkt.

Stahl habe durchaus die Notwendigkeit gesehen, wirklich abgestorbene Bäume zu entfernen

Auf der „Spinne“ etwa war nur ein Baum markiert, bei dem die Krone weggenommen werden sollte - mehr nicht. Die Kronenentfernung ist auch geschehen, aber darüber hinaus würde ein großen, alter Baum auf der Spinne vollständig gefällt; ein kleinerer Baum ebenso. Beide waren aber laut Karte gar nicht zur Fällung vorgesehen. Darüber hinaus sei die Fällung teilweise auf eine rabiate Art und Weise erfolgt, meint Stahl, der die Arbeiten in der Vorwoche längere Zeit beobachtet hatte.

Zum Beispiel habe er gesehen, wie die Holzarbeiter einfach einen kleinen Baum gefällt hätten, um sich Äste zu schneiden, mit denen sie auf Spaltkeile an einem größeren Baum schlugen. Dazu seien sie „zum Spaß mit ihren Fahrzeugen auf den Wegen herumgefahren, ohne dass dafür ein Anlass zu erkennen gewesen wäre - außer zur Unterhaltung“, ärgert sich Stahl nicht zuletzt darüber, dass nichts darauf hindeutete, die Arbeiten würden seitens der Stadt überhaupt kontrolliert.

Er habe durchaus die Notwendigkeit der Maßnahme gesehen, wirklich abgestorbene Bäume zu entfernen - „aber von der Radikalität, von dem Ausmaß bin ich doch sehr erstaunt und erschüttert“. Auch will Stahl die Frage beantwortet haben: „Wo ist das Holz geblieben?“ Zwar sei beim Rundgang gesagt worden, die Masse des Holzes werde entsorgt, ein Teil gehe an so genannte Selbstwerber, „aber das Holz, was da lag, sah durchaus nicht so wertlos aus, dass es hätte entsorgt werden müssen“, so Stahl.

„Ich bin entsetzt“, so der Chef der Unteren Naturschutzbehörde

Die MZ hatte sich um ein Gespräch mit dem Umweltamtsleiter der Stadt bemüht, das allerdings bis gestern nicht zustande kam. Dabei kann nur Reinke wesentliche Fragen zur Fasanerie beantworten, wie Andreas Rößler, Umweltamtsleiter des Landkreises, deutlich machte. Auch Rößler war von Stahl informiert worden und hatte sich selbst ein Bild von den Fällarbeiten gemacht. Fazit: „Ich bin entsetzt“, so der Chef der Unteren Naturschutzbehörde. Er vermisse klare Vorgaben für die Holzfäller hinsichtlich der Zu- und Abfahrten in und aus der Fasanerie. Dann würden sich die Wege nicht in einem solch schlechten Zustand befinden.

Rößler hatte darüber hinaus den Eindruck, „dass doch sehr großzügig Schneisen geschlagen wurden“. Und auch den Eindruck, dass über das genehmigte Maß hinaus gefällt worden sei. Dies soll in dieser Woche genau überprüft werden. Rößler wies aber auch darauf hin, dass die Kontrollpflicht bei der Stadt liege, „wir werden keine parallelen Kontrollen durchführen“.

Rößler machte deutlich, dass er die Stadt nicht verstehe. „Schon gar nicht nach der Vorgeschichte. Nach dem Engagement der Bürger. Nachdem der Landkreis die Erstellung eines Konzepts für die Entwicklung der Fasanerie auf den Weg gebracht hat. Nachdem die Fasanerie einen Naturschutz-Status hat. Viele haben sich an vielen Stellen für die Fasanerie eingesetzt - und dann so etwas. Ich halte das für fahrlässig.“ (mz)

Die Fasanerie ist seit etwa einem Jahrzehnt zum Kampfplatz zwischen Bürgerbewegten einerseits und der Stadtverwaltung andererseits geworden. Was letztlich dazu führte, dass sich der Landkreis als ehrlicher Makler dazwischenschaltete, Geld für ein Entwicklungskonzept auftrieb und das Konzept durch Experten aus Dresden erstellen ließ.

Ob dieses Konzept nun, nach zwei extrem trockenen, die Baumsubstanz schädigenden Sommern, noch so umgesetzt werden kann wie geplant, scheint nicht mehr in Stein gemeißelt. Im Dezember jährt sich die Unter-Schutz-Stellung der Fasanerie zum 10. Mal. Damals erhielt das 35 Hektar große Terrain den Status als „geschützter Landschaftsbestandteil“.

Panoramablick von der „Spinne“ in Richtung Bärteichpromenade/Waldfrieden
Panoramablick von der „Spinne“ in Richtung Bärteichpromenade/Waldfrieden
Bartl
Gefällter Baum auf der „Spinne“
Gefällter Baum auf der „Spinne“
Bartl