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Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: «Wossi» hat das Krankenhaus auf Vordermann gebracht

Von WLADIMIR KLESCHTSCHOW 30.08.2010, 19:09

KÖTHEN/MZ. - Ab Mittwoch ist Hans-Georg Neumann, Geschäftsführer der Krankenhaus Köthen GmbH, kein Pendler mehr. Auch kein Geschäftsführer. Am Mittwoch wird er 65 und geht in den Ruhestand. Also ist Schluss mit den täglichen Fahrten zwischen dem Wohnort Leipzig und dem Arbeitsort Köthen, die Neumann seit Anfang 2008 absolvieren musste. Damals hatte er im frisch privatisierten Köthener Krankenhaus den Geschäftsführer-Posten übernommen.

Die Rhön-Kliniken wollten in die Einrichtung kräftig investieren, um sie konkurrenzfähig zu machen. Hans-Georg Neumann sollte diesen Prozess vor Ort lenken. Erfahrungen, die dafür erforderlich sind, hatte er bereits. Immerhin war er unter anderem Geschäftsführer einer großen Krankenkasse in Schweinfurt, weitere Leitungserfahrungen sammelte er an der Uni Leipzig und am Herzzentrum in der sächsischen Metropole.

Der erste Eindruck, den der Rhön-Manager Neumann von seiner neuen Wirkungsstätte erhielt, war: Alles absolut veraltet. Und nicht nur technisch, sondern auch räumlich. "Auf längere Sicht hätten die Menschen diesen Zustand nicht akzeptiert", ist sich Hans-Georg Neumann überzeugt. Die Frage hatte für das Krankenhaus also eine existenzielle Bedeutung. "Und es ist schwierig, sich eine Kreisstadt ohne ein Krankenhaus vorzustellen", bringt Neumann den Standpunkt zum Ausdruck, den er selbst und sein Konzern mit der Köthener Stadtverwaltung teilen.

Die Rhön-Kliniken beschlossen, mehr als 30 Millionen Euro in das Köthener Krankenhaus zu investieren. Selbst für so einen großen Konzern ist das kein Pappenstiel, und der neue Geschäftsführer freute sich aufrichtig, als die Finanzierung endlich auch auf der höchster Rhön-Ebene abgenickt wurde. Inzwischen ist der erste Bauabschnitt fertig, wichtige Ressorts sind in den Neubau gezogen. Erfreulich für die Patienten: Es gibt hier keine Mehr-Bett-Zimmer mehr, höchstens zwei Patienten teilen sich ein Zimmer.

Auch in Bezug auf die Belegschaft sah der Geschäftsführer Handlungsbedarf. "Die Altersstruktur war so, dass wir gezwungen waren, Personalanpassungen vorzunehmen", blickt er zurück. Das Durchschnittsalter der Beschäftigten sei relativ hoch gewesen, es mangelte an Nachwuchs. Die Belegschaft wurde um etwa zehn Prozent reduziert - durch Aufhebungsverträge oder die Verkürzung der Arbeitszeit - alles mit Abfindungen bzw. einem finanziellen Ausgleich, betont Neumann. "Dadurch konnten wir junge Menschen als neue Mitarbeiter gewinnen. Wir bilden zum Beispiel jedes Jahr zehn Azubis aus.

Apropos Personal. Während seiner Manager-Zeit hat sich Hans-Georg Neumann von Grundsätzen leiten lassen, die auch manch anderem Chef nicht schaden würden. Zum Beispiel: "Die Mitarbeiter bringen die besten Leistungen, wenn sie offen über Erfolg und Misserfolg sprechen können." "Kein Mitarbeiter muss Sorgen haben, dass für ihn eine Meinung, die anders ist, als die seines Chefs, zum Nachteil führen kann." "Die besten Ergebnisse erzielt ein Mitarbeiter, der in einem angstfreien Raum arbeitet."

"Ich weiß, diese Ansichten werden nicht von allen geteilt", ist sich Neumann im Klaren. "Wenn ich aber will, dass alle mir nach dem Munde reden, brauche ich keine Mitarbeiter. Ich habe ja einen Spiegel. Ohne eine offene Diskussion, auch eine kontroverse, gibt es keine positive Entwicklung."

Eigentlich plante Hans-Georg Neumann noch einen Tag der offenen Tür, an dem sich die Bevölkerung den Neubau des Krankenhauses anschauen kann. Jetzt muss das seine Nachfolgerin organisieren. Das ist Dr. Christine Lipp (56), die seit dem 1. August Geschäftsführerin des Krankenhauses ist.

Während Neumann in seiner Laufbahn ein "Wossi" ist - schließlich kam er aus dem Westen in den Osten - , stammt Frau Lipp aus dem Osten. Geboren in Friesdorf bei Wippra, machte sie das Abitur in Hettstedt, studierte und promovierte an der Technischen Hochschule Merseburg. Nach der Wende ging die Mathematikerin zuerst nach Hannover, wo sie an der dortigen Fachhochschule und bei der Varta-Batterie AG tätig war.

Dann wechselte sie zur Sana Kliniken AG München und bekleidete hier verschiedene Leitungsposten - zuletzt den der Vorsitzenden der Geschäftsführung der OsteMed Kliniken. Auf ihre neue Aufgabe bei den Rhön-Kliniken in Köthen freut sich Christine Lipp. Sie wolle die Attraktivität des Klinikstandortes Köthen weiter ausbauen, so die Geschäftsführerin.

Hans-Georg Neumann bleibt auch als Ruheständler in Leipzig. Die sächsische Metropole hat ihn mit ihrem quirligen Leben und ihrem umfangreichen Kulturangebot für sich eingenommen - obwohl er hier ursprünglich nur einige Jahre bleiben wollte und einen großen Freundeskreis in Wiesbaden hat.