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Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Große Pause für Pfarrer Nöring

Von LOTHAR GENS 03.01.2011, 18:47

GÖRZIG/MZ. - Einen Tag Pause hatte Leo Nöring, ehe für ihn quasi die große Pause begann. Offiziell endete seine Zeit als katholischer Pfarrer in Görzig am Silvestertag. Dann kam der Tag Pause. Am Sonntag ist der mittlerweile 70-Jährige in der katholischen Kirche von Görzig offiziell aus dem Dienst verabschiedet worden. Und jetzt befindet er sich bereits im Ruhestand.

Im wohlverdienten. Denn obwohl er selbst von sich sagt, dass er kein großer Reisemensch sei (nur drei Auslandsreisen hat Leo Nöring im Laufe seines Lebens gemacht) - unterwegs gewesen ist er stets und ständig. In den acht Jahren, in denen er die Görziger Gemeinde betreute, zu der außer dem Ort selbst bis zum 2. Mai dieses Jahres auch die Gegend um Weißandt-Gölzau über Gröbzig und Edderitz bis nach Preußlitz im Salzlandkreis gehörten. Seit dem 2. Mai zählt die ehemalige Heilige-Geist-Gemeinde Görzig mit zur katholischen Pfarrei Sant Maria Köthen.

Nichtsdestotrotz hatte Leo Nöring in den acht Jahren jede Menge Wege mit dem Auto zu bewältigen: Sonntags hielt er Messen in Görzig und Edderitz, wochentags war er in dieser Angelegenheit einmal in Gröbzig, aller vier Wochen in Preußlitz und Weißandt-Gölzau. Hinzu kamen Werktags-Messen in Görzig und Edderitz und in den Anfangsjahren noch der Religionsunterricht für die Kinder. "Die Kilometer habe ich nicht gezählt", lacht Leo Nöring. "Aber es sind viele, viele."

Das war vor seiner Görziger Zeit übrigens nicht anders. Zuvor wirkte er vier Jahre lang in Schkeuditz, wiederum davor vier Jahre in Löbnitz bei Delitzsch. Fast 16 Jahre lang umfasste seine Zeit davor als Pfarrer in Loburg. Und vorher ist Nöring zwei Jahre lang als Vikar in Burg gewesen, zuvor zweieinhalb Jahre in Weißenfels - ebenfalls als Vikar.

Die berufliche Laufbahn des Leo Nöring als Pfarrer hatte allerdings noch vorher begonnen: nämlich in Giesenslage in der Altmark. "Als ich die Berufung bekam, dachte ich erst, das liegt im Harz", schmunzelt der Mann, der noch davor und vor seinem Studium einmal Kumpel - im Sinne von Bergmann - gewesen ist.

Ja, Bergmann. Das hat der gebürtige Staßfurter - ebenso wie das Priesteramt - von der Pike auf gelernt. Im Kali- und Steinsalzbergbau - "wie sich das für einen echten Staßfurter gehört". Danach arbeitete er als Bergmann noch ein halbes Jahr lang im Kali in der Rhön in Stadtlengsfeld.

Und dann sollte es eigentlich nach Südafrika, in eine Diamantenmine bei Johannesburg gehen. "Die Anstellung war schon abgesprochen", erinnert sich der Geistliche. Cousins seiner Mutter wohnten in Südafrika. "Ich wartete nur noch auf meinen 18. Geburtstag", erzählt Leo Nöring aus dem Jahr 1959. "Dann hätte ich gleich vom Westen aus losfliegen können." Zumal teilweise seine Habseligkeiten schon in Südafrika gewesen sind.

Doch wie so oft und wie bei so vielen: Es kam anders. Während seiner Zeit unter Tage hatten sich viele Kollegen an Nöring gewandt mit manchen Lebensfragen, hatten seinen Rat gesucht. "Wie haltet ihr als Katholiken das eigentlich?", wurde der Mann nicht nur einmal gefordert, gedankliche Anstöße zu geben. Leo Nöring sah einen Bedarf. Und merkte, dass er die Gabe hatte, Menschen in diversen Lebenslagen ein wenig Halt zu geben. Ziemlich spät und spontan fiel so seine Entscheidung: Du wirst Priester.

Möglich wurde das seinerzeit über das Norbertuswerk des Bistums Magdeburg. Mit dessen Hilfe konnten so genannte Spätberufene das Abitur nachholen. Nöring stellte sich dieser Aufgabe vier Jahre lang, danach warteten sechs Jahre Studium in Erfurt und im Pastoralseminar auf der Huysburg bei Halberstadt auf den jungen Mann. Und dann kam die Stelle in Giesenslage, dem als Gemeinde knapp 40 Orte angeschlossen waren. Schon damals lernte Leo Nöring, den Respekt vor Entfernungen abzulegen.

Was er auch künftig beibehalten wird. Denn das Wort Ruhestand trifft das, was er nun tun wird, kaum. Zwar sind da noch viele Bücher, die darauf warten, von ihm gelesen zu werden - in der Hauptsache theologische Fachliteratur. Doch auf der anderen Seite hat Leo Nöring immer gern mit Menschen gearbeitet, sah es als Herausforderung, anderen helfen zu können. Und so wird er auch in Zukunft einer Aufgabe treu bleiben, der er sich schon seit rund drei Jahren verschrieben hat.

Als handwerklich begabter Mensch - eine Bergmannsausbildung bringt das so mit sich - macht er sich innerhalb des "Netzwerks Leben" bei einer Familie im Mansfeldischen nützlich. Jeden Montag - außer bei Extremwetterlagen - gibt er dort einer jungen Witwe, die sechs Kinder hat, praktische Lebenshilfe. "Da waren erst einmal eine ganze Reihe Schlösser zu reparieren", erinnert sich der Pfarrer mit den goldenen Händen an seine ersten Einsätze in der Familie. Doch beim Handwerklichen allein blieb es nicht: Leo Nöring begann, auch den Kindern bei den Hausaufgaben zu helfen. Mittlerweile gehört er voll dazu. "Jetzt muss ich mich schon abmelden, wenn ich mal nicht komme", sagt er schmunzelnd. Und sinniert darüber, ob er nicht noch mehr tun könne. Dort, wo er offenbar gebraucht wird.

So wird es wohl dabei bleiben, dass Leo Nöring auf Achse ist. "Wo man helfen kann, da tut man's halt", sagt der Mann, der zu Hause schon ewig keinen Fernseher mehr hat, kurz und bündig.