Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Findelkinder haben fürsorglichen Ziehvater
STECKBY/MZ. - Moppel, Kleini und Knorkelohr sind gerade in jenem Alter, wo kleine Elbebiber schon mal das Näschen aus der elterlichen Burg stecken und auf Entdeckungstour gehen. Nun hat ihr Ziehvater Peter Ibe auf seinem Grundstück in Steckby für die drei zwar keine Burg gebaut, aber aus dem niedrigen Gatter, in das er sie täglich vor dem Wiegen setzt, lässt es sich trotzdem herrlich ausbüxen, so dass Ibe, der bei der Biosphärenreservats-Verwaltung Mittelelbe in Kapen arbeitet, stets ein waches Auge auf seine "Adoptivkinder" haben muss.
Dass die drei kleinen Biber überhaupt noch leben, haben sie aufmerksamen Tierfreunden zu verdanken. Die haben die verängstigten Babys während des Oder-Hochwassers im Mai bei Frankfurt auf einer überschwemmten Wiese entdeckt. Als sie nach einem Tag immer noch dort saßen, war klar: Sie hatten ihre Eltern verloren. Gerade mal eine Woche waren sie da alt und wären ohne menschliche Hilfe umgekommen.
Ins Biosphärenreservat gebracht
"Biber können zwar in diesem Alter schon schwimmen", erklärt Ibe, "doch zum Tauchen sind sie zu leicht." Wenn die Kleinen also aus irgend einem Grund ihre überschwemmte Burg verlassen haben, so konnten sie den unter Wasser liegenden Eingang nicht wieder erreichen, schildert der Naturschützer ein mögliches Szenario. Ohne Eltern überleben junge Biber aber erst nach einem Jahr, wenn sie mit ihren ausgehärteten Schneidezähnen selbst Bäume fällen können.
Die Tierfreunde brachten die drei Waisen in die Naturschutzstation Zippelsförde bei Brandenburg, wo sie einige Tage aufgepäppelt wurden. Dann kamen sie schließlich dorthin, wo ihre Vorfahren einst lebten und wo man sich mit ihnen gut auskennt: ins Biosphärenreservat Mittelelbe.
Erste Handaufzucht
"Es sind Elbebiber", stellt Peter Ibe fest. Die seien in den 80er Jahren hier um Steckby eingefangen und an der Oder angesiedelt worden. "Nun haben wir drei zurück bekommen", weist er auf die putzigen Gesellen.
Seit 37 Jahren arbeitet Ibe im Biberschutz, doch eine Handaufzucht ist für ihn neu. "Das ist zwar spannend, es macht aber nicht nur Spaß", deutet er die Mühen an. Nachts kommen die Waisen mit ins Haus. "Ich lasse sie doch nicht alleine", meint Ibe. Zwischen 7 und 23 Uhr bekommen die Drei vier mal täglich die Flasche - Milch mit Schlagsahne sowie eine Nähr- und Vitaminflüssigkeit. Dazwischen werden sie gewogen und gebadet. Demnächst werde es wohl etwas leichter, hofft der Biber-Vater. Allmählich werden Moppel, Kleini und Knorkelohr nämlich mit Haferflockenmilch und Weidenzweigen von der Flasche entwöhnt. Zufällig haben die kleinen Biber in diesen heißen Tagen eine Leibspeise entdeckt, der sie in freier Wildbahn wohl nie begegnet wären: Mit einem Stück Melone lassen sie sich überall hinlocken. Der Erfolg dieser Fürsorge lässt sich an der Waage ablesen: Um die 2000 Gramm wiegen die Biberkinder jetzt und nehmen bis zu 100 Gramm pro Tag zu.
Die Drei haben etwa das gleiche Alter wie die drei Biberjungen in der Freianlage nahe der Kapenmühle an der B 185 zwischen Dessau und Oranienbaum. Dort bietet die Verwaltung des Biosphärenreservats Mittelelbe im Juli und August jeden Dienstag um 19 Uhr Abendführungen an. Die Besucher können durch eine Glasscheibe sowohl einen Blick in die Biberburg werfen, als auch das Treiben der fünf Tiere am Wasser beobachten.
Keine Rückkehr in die Natur
Ausgewildert werden können Moppel, Kleini und Knorkelohr später nicht, bedauert Peter Ibe. Dazu hätten sie sich zu sehr an den Menschen gewöhnt. Es gebe aber schon Anfragen von Biber-Gehegen. In der Anlage an der Kapenmühle könne man sie nicht aufnehmen. Die "eingeborenen" Biber würden sich mit den fremden nicht vertragen.
Abendführung in der Biberfreianlage dienstags 19 Uhr. Die Anlage ist bis Oktober sonnabends, sonntags und an Feiertagen von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Gruppen werden um Anmeldung unter 034904 / 4 06 14 oder 4 06 15 gebeten.