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Alles Handarbeit Alles Handarbeit: Kunterbunte Kindersachen von "Phillini"

Von Sylke Hermann 24.07.2016, 08:00
Julia Hertling (rechts und Bild unten), die Gründerin von „Phillini“, und ihre Freundin Claudia Dietrich sind in der Nähstube in ihrem Element.
Julia Hertling (rechts und Bild unten), die Gründerin von „Phillini“, und ihre Freundin Claudia Dietrich sind in der Nähstube in ihrem Element. Heiko Rebsch

Köthen - Die Cousine ist schuld. „Sie hat ein Baby bekommen und ich wollte etwas Besonderes schenken.“ Also holt Julia Hertling die Nähmaschine raus - und fängt an, ihr Geschenk zu kreieren. Eine Mütze und ein Kleidchen mit einer Tasche drauf. Nichts leichter als das... „Es kam sehr gut an“, erinnert sie sich.

Talent spricht sich herum

Die Sache nimmt ihren Lauf. Und bald schon sind die kunterbunten Kindersachen aus der Kreativ-Werkstatt von Julia Hertling gefragter denn je.

Über die sozialen Netzwerke verbreitet sich die Nähkunst der jungen Köthenerin rasant. Binnen weniger Monate spricht sich die Sache rum - und die Auftragsbücher der 27-Jährigen füllen sich. Als sie sich im Forellenhof in Großpaschleben auf einem Trödelmarkt mit ihren Sachen präsentiert, staunt sie nicht schlecht: „Es waren so viele Menschen da - und alle wollten zu mir.“

„Phillini“ - ein Kunstwort

Julia Hertling hat sich mit „Phillini“ - ein Kunstwort aus ihrem Spitznamen und dem Vornamen ihres Freundes - ein zweites Standbein aufgebaut. Tagsüber arbeitet sie als Ergotherapeutin, abends - und wenn die Geschäfte gut laufen auch nachts - näht sie. „Die einen legen sich auf die Couch, bei mir rattert die Nähmaschine.“ Das sei für sie „Entspannung pur“. Von Stress keine Spur. Zumal sie seit einiger Zeit Unterstützung hat.

Claudia Dietrich hat das „Phillini“-Fieber gepackt. „Julia hat immer so viel erzählt und geschwärmt.“ So lange, bis sie sich einspannen ließ. Sie half auf den Märkten, verkaufte die bunten Kindersachen und wollte natürlich auch wissen, wie das geht, eine Mütze oder einen Strampler nähen.

„Ganz einfach“, habe Julia Hertling immer wieder versichert. Heute gesteht sie, ein wenig geflunkert und untertrieben zu haben. Der Plan war, die Freundin als Mitstreiterin zu gewinnen. Und da konnte sie nicht mit komplizierten Schnittvorlagen daher kommen. „Die ersten zwei, drei Hosen werden vielleicht nicht ganz so schön; aber man friemelt sich da rein.“ Nähen, betont Julia Hertling, sei gar nicht so schwer.

Nähen zur Entspannung

Der Plan geht auf. Mittlerweile sitzt Claudia Dietrich, die als Bürokauffrau arbeitet, fast genauso oft an der Nähmaschine wie ihre Freundin. Mindestens einmal die Woche treffen sie sich und tauschen sich aus. Zu neuen Kreationen. Neuen Stoffen. Neuen Schnitten. „Manchmal“, gesteht Claudia Dietrich, „ist es noch etwas kompliziert, links herum zu denken.“

Weil die Stoffe auf links liegen, wenn sie verarbeitet werden. Aber sie lernt. Und findet das Nähen ähnlich entspannend und erholsam wie die Firmen-Gründerin. Bald schon sollen beide hinter der Marke „Phillini“ stehen.

Farbe ist Markenzeichen

Was ihren privaten Kleidungsstil angeht, so halten es die jungen Frauen eher schick, schlicht und einfarbig. Aber „Phillini“ muss bunt sein, kunterbunt.

Farbe ist das Markenzeichen der Firma. Viel Farbe. Damit wollen sie sich abheben, origineller sein als andere. Sie kombinieren, was augenscheinlich nicht zu kombinieren ist. Und sie experimentieren nicht nur bei Farben, auch bei Stoffen.

„Jedes Teil sieht anders aus“, sagt Julia Hertling, die das Nähen übrigens auf der guten alten Tretmaschine bei ihrer Großmutter gelernt hat. Gelernt, meint sie, sei wohl übertrieben. Aber gefallen habe ihr das alte Schmuckstück schon als Kind.

Kein Vergleich zu dem kleinen weißen Modell, das auf dem Tisch mit Blick aus dem Fenster steht. Ihr Nähplatz. „Weil das Licht hier so schön ist.“ Seit der Baum davor gefällt ist, sei es noch viel heller.

Ein Umzug steht an

Doch all das spielt bald keine Rolle mehr. Ein Umzug steht an. Mit ihrem Freund baut sie in Baasdorf ein Haus. Und eigentlich wollte sie sogar das große Wohnzimmer zu ihrem Nähzimmer machen. Nur wegen des Lichtes, versteht sich. Sie bekommt ihr eigenes Nähzimmer, aber nicht das Wohnzimmer. Und einen Verkaufsraum.

Bisher findet man die Firma nur bei Facebook auf der Suche nach „Phillini aus dem Nähkästchen“. „Die meisten Sachen werden zur Geburt verschenkt“, sagt Julia Hertling. Strampler, Röcke, Hosen, Kleider, Mützen. Alles ist machbar. Hauptsache, es darf bunt sein, kunterbunt. (mz)