102 Jahre alt 102 Jahre alt: Editha Weis ist Köthens Bonbon-Oma

Köthen - Blumensträuße stehen auf dem Tisch, daneben liegt eine Packung mit Schokoladenpralinen und ein selbstgemaltes Bild. Auch zahlreiche Gäste sind an diesem Morgen ins städtische Pflegeheim „Am Lutzepark“ gekommen: Köthens Oberbürgermeister Bernd Hauschild und ein Vertreter des Landkreises, außerdem Editha Weis’ Sohn, Schwiegertochter und Urenkel.
Weitere Besucher sind für den Nachmittag angemeldet. Sie alle wollen der Jubilarin zum Geburtstag gratulieren. Sie ist am Mittwoch 102 Jahre alt geworden.
1915 wurde Editha Weis in Lübeck geboren
Editha Weis wurde am 10. Mai 1915 in einem Vorort von Lübeck geboren und hat im Laufe ihres Lebens einiges erlebt: den Ersten und den Zweiten Weltkrieg, die Elektrifizierung und die technische Entwicklung.
„Sie hat immer viel erzählt. Als kleines Kind hatte sie ja noch keinen Strom“, sagt Sohn Hans-Wilhelm Weis. Auch von dem ersten Radio habe seine Mutter berichtet. Wie die ganze Familie mit Kopfhörern um das Gerät herum saß, das mitten auf dem Tisch platziert wurde.
10 Jahre saß sie an der Kasse des Gauziger Freibades
1960 zog Weis mit ihrem Ehemann nach Glauzig, arbeitete hier zunächst in der damaligen Rohtabakfabrik und später bei Orbita in Weißandt-Gölzau. Auch als Rentnerin ging sie weiterhin arbeiten und saß für zehn Jahre an der Kasse des Glauziger Freibades.
Erst 1995 verabschiedete sie sich endgültig aus der Arbeitswelt. Seit sechs Jahren lebt sie nun im Pflegeheim „Am Lutzepark“.
Das Lesen der Zeitung ist der 102-Jährigen noch heute wichtig
„Schlechte Tage vom Charakter her gibt es bei ihr nicht, sie ist immer freundlich und lieb“, erzählt Altenpfleger Sebastian Schmidt. Bis heute sei Frau Weis morgens bei der Zeitungsschau dabei, wenn aus der aktuellen Ausgabe vorgelesen wird.
Zu wissen, was in der Zeitung steht, das sei Editha Weis immer wichtig gewesen, sagt Schwiegertochter Gertraud Weis. Auch andere Interessen und Vorlieben sind geblieben. Früher, berichtet Getraud Weis, habe ihre Schwiegermutter „in allen Lebenslagen“ Bonbons gegessen.
Editha Weis ist die Bonbon-Oma
„Sie hatte immer eine Decke und hat die Bonbons darunter ausgewickelt, sich weggedreht und dann gegessen“, erzählt sie. Es sei so gewesen, als hätten ihr die Bonbons nur geschmeckt, wenn sie sie heimlich aß.
Editha Weis brachte das den liebevollen Namen „Bonbon-Oma“ ein. Süßes mag sie noch immer, nur dass es statt Bonbons inzwischen Schokolade gibt. Und noch etwas gehört bis heute zu ihrem Speiseplan: „Käseschnitte muss sein“, sagt Pfleger Schmidt.
Ihr ganzes Leben über hat für sie die Familie eine wichtige Rolle gespielt, die sie regelmäßig im Pflegeheim besucht. Im vergangenen Jahr habe es Situationen gegeben, in denen man dachte, es sei vielleicht der letzte Besuch, erzählt Hans-Wilhelm Weis.
Aber sie habe sich jedes Mal erholt. „Die Oma hat wohl immer entschieden: Das Leben ist doch schön“, sagt Gertraud Weis. (mz)