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Zweiter Weltkrieg in Gentha Zweiter Weltkrieg in Gentha: Eisen fällt vom Himmel

Von Detlef Mayer 12.04.2015, 10:31

Gentha - Intensiv mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges in der hiesigen Region hat sich der Genthaer Hobby-Historiker Dietmar Steinecker befasst. Anlässlich des 70. Jahrestages des Sieges über den Hitlerfaschismus spürte der Rentner in verschiedenen Aufzeichnungen und Zeitzeugengesprächen vor allem der Frage nach, wann im April 1945 die Rote Armee Gentha und andere Orte der Gegend erreichte und welche Ereignisse sich damit verbanden.

Informationen zu dem beschriebenen Sachverhalt nehmen Dietmar Steinecker, Telefon 035387/4 23 63, und Reinhard Schüler in Steinsdorf, 03537/21 36 31, entgegen.

Feldflugplatz Mark Zwuschen

Indizien entnahm er neben anderen Quellen dem überlieferten Geschehen um den Feldflugplatz der deutschen Luftwaffe bei Mark Zwuschen. Dort war seinen Recherchen zufolge vom 14. Februar bis Anfang April 1945 die VI. Gruppe vom Jagdgeschwader 4 (JG 4) mit den Staffeln 13, 14, 15, 16 sowie der Stabs-Staffel stationiert. Sie flogen die Flugzeugtypen FW 190 D und BF 109. Anfang April begann das Verlegen von Teilen des JG 4 von Berlin-Schönefeld und den Flugplätzen im Raum Jüterbog (wo sie infolge Spritmangels häufig nicht mehr starten konnten) nach Sachsen (Mörtitz bei Eilenburg und Löbnitz bei Delitzsch).

Am 5. April stürzte bei einem Luftkampf im Raum Zahna der Fähnrich K. Josef Heid von der 15. Staffel des JG 4 mit seiner ME 109 tödlich ab. Sechs Bomben fielen am 6. April auf die so genannten Redestücken (Flurname, der wohl „Rote Stücken“ bedeutet) zwischen Leipa und Gentha. Für die beiden letzten Gruppen des JG 4 begann am 9. April eine erneute Verlegung, diesmal in den Raum Jüterbog. Der Stab des JG 4 startete 10.15 Uhr in Löbnitz und landete eine Viertelstunde später in Mark Zwuschen. In Buschkuhnsdorf stürzte am 10. April Oberleutnant Walter Schuck mit seinem Düsenjäger ME 262 ab. Er wurde von einer P 51 abgeschossen und rettete sich durch Fallschirmabsprung.

Vom 12. bis 19. April 1945 lag auf dem Flugplatz Glücksburg (Leipa-Arnsdorf) die II. Gruppe vom JG 4 mit den Staffeln 5, 6, 7, 8 und der Stabs-Staffel. Danach wurde der Flugplatz geräumt. In Mark Zwuschen befand sich zur selben Zeit die III. Gruppe des JG 4 (Staffeln 9, 10, 11, 12 und Stabs-Staffel). Am 2. Mai erfolgte der Rückzug nach Leck, wo sich die III. Gruppe auflöste. Vier BF 109 K-4 vom Stab JG 4 und der III. Gruppe starteten am 14. April um 20 Uhr in Mark Zwuschen als Begleitschutz für vier BF 109, besetzt mit Selbstmordpiloten. Die vier Kamikaze flogen in Richtung Seelow, um mit ihrer Bombenlast dortige Ziele anzusteuern. Die III. Gruppe unternahm am 15. April zwei Angriffe auf Bodenziele bei Magdeburg und Helmstedt-Gifhorn. Drei Maschinen kehrten nicht nach Mark Zwuschen zurück. Unter ihnen Unteroffizier Max Miller, einer der ersten Flugzeugführer der 2. Staffel des JG 4, der in der Glücksburger Heide, im Jagen 144 abstürzte und ums Leben kam.

Zu einem besonders ereignisreichen Tag entwickelte sich der 16. April, ein Montag: In Mühlanger-Prühlitz fiel nach Flak-Beschuss eine amerikanische B-26 Marauder vom Himmel. Sämtliche Insassen fanden den Tod. Laut Zeitzeugen war an diesem Tag auch ein alliiertes Fliegerkommando über Jessen in Richtung Annaburg unterwegs. Ein deutscher Jagdflieger vom JG 4 griff die Formation mit seiner BF 109 an. Er bekam einen Bugschuss und musste abdrehen. In Arnsdorf im Mordtal ging er nieder. Einige Jugendliche, die das gesehen hatten, rannten dorthin. Die Alliierten-Jäger, die das Flugzeug verfolgten, nahmen die Jungs unter Feuer, so dass sie in den Straßengräben Schutz suchten. Der Pilot der BF 109 rettete sich per Fallschirm und ging zu einem nahen Gehöft, wo er sich wusch, um anschließend in Richtung Wald zu verschwinden. Zu diesem Zeitpunkt war dort das Jagdgeschwader 4 stationiert. Am 19. April wurde der Feldflugplatz geräumt, weil die Rote Armee bis auf 15 Kilometer herangerückt war.

Zwei Bomben in Jessen

Ebenfalls am 16. April fielen in Jessen zwei Bomben. Eine krachte kurz vor der alten Elsterbrücke ins Wasser, ohne viel Schaden anzurichten. Sie zerstörte bei Elektromeister Max Nicolaus eine Gartenlaube. Die andere Bombe fiel in der Weberstraße auf ein Gebäude des Tischlermeisters Prinz. Zwei Tote waren hier zu beklagen.

Doch damit nicht genug. Im Raum Plossig stürzte eine ME 109 ab (siehe dazu auch „Wer kann mit Informationen dienen?“) und Tiefflieger beschossen Leipa. Sie verfolgten wohl einen Militärbus. Dabei wurde das Wohnhaus von Bauer Hermann Heinrich in Mitleidenschaft gezogen und die Ställe von Herbert Räbiger und Max Zöllner brannten. Tiefflieger sorgten bis zum 22. April für eine Schreckenszeit. An diesem Tag besetzte die Rote Armee dann Leipa. Dabei fiel kein Schuss. (mz)