Wolfsattacke bei Jessen Wolfsattacke bei Jessen: Wolf tötet Schafe

Zwuschen - Schäfer Frank Seide versucht, dass Ausmaß des Grauens in Worte zu fassen. Auf dem Acker zwischen Zwuschen und Steinsdorf liegen vier tote Mutterschafe, zwei Lämmer sind gänzlich verschwunden. Für den 59-Jährigen ist die Sache klar: Der Wolf hat zugeschlagen! „Alles Kehlbisse“, sagt er und weist auf die Wunden am Hals hin.
Einem Schaf fehlen die Eingeweide. „Nun hat es mich nach 2014 zum zweiten Mal erwischt“, sagt er und erzählt vom schockierenden Anruf in den Morgenstunden. Leute, die zur Arbeit gefahren sind, haben ihn auf die Wolfsattacke hingewiesen. Seide geht von einem Raubtier aus.
Die Rhön- und Schwarzkopfschafe sind beim nächtlichen Erscheinen des Wolfs in Panik geraten und aus dem Gatter geflüchtet. Auf dem freien Gelände haben sie keine Chance gehabt. „Ein Rudel von mehreren Tieren“, sagt er, „hätte im Gatter einen größeren Schaden angerichtet.“ Denn die flüchtenden Schafe haben den 90 Zentimeter hohen Zaun stellenweise niedergetrampelt.
Wolf attackiert Schafe: Hoher Schaden für Landwirt
Der Schäfer aus Prettin rechnet den Schaden zusammen. Vier Muttertiere kosten insgesamt 600 Euro, pro Lamm kommen 80 Euro hinzu. Um einen Entschädigungsantrag beim Amt für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten stellen zu können, benötigt der 59-Jährige eine Bestätigung des Wolfskompetenzzentrums Iden, dass es sich um einen Wolfsangriff und nicht um eine Attacke eines freilaufenden Hundes handelt.
Zudem muss Seide als Halter laut Richtlinie des Landes die Anforderungen an einen wolfsabweisenden Grundschutz nachweisen. Vereinfacht auf den Punkt gebracht: 90 Zentimeter hoher Zaun, stark gesichert, unter Strom.
Der Leiter des Wolfskompetenzzentrums Iden (bei Stendal), Andreas Berbig, nimmt gegen Mittag die Begutachtung bei den toten Schafen vor und betont, dass er sich laut Rissbild „sehr wahrscheinlich“ um einen Wolf handelt. Dies wird im Protokoll so vermerkt. Berbig macht an den Biss-Stellen Abstriche, die an das wildtiergenetische Labor am Senckenberg-Institut in Gelnhausen (Hessen) geschickt werden.
Dort untersuchen jedes Jahr Wissenschaftler rund 200 Wolfsproben aus Deutschland und anderen Ländern. Anhand des Speichels in der Bisswunde (Ergebnis in drei bis vier Wochen) können sie zweifelsfrei feststellen, ob es sich um einen Wolf handelt. „Wir wissen, dass es in der Glücksburger Heide ein Rudel gibt. Ob es sich um einen Einzelgänger oder ein Mitglied des Rudels handelt, kann ich nicht sagen“, so Berbig, der alle Halter darauf hinweist, ihre Tiere sicher zu halten.
Trotz des eher schwierigen Jobs - starker Geruch, Fliegenschwarm, Erscheinungsbild - hat der Chef des Kompetenzzentrums den Humor nicht verloren. Seine Frau, sagt er, habe ihm verboten, Arbeit mit nach Hause zu bringen.
Wolf greift Schafe an: Kreisjägermeister zur Stelle
Der Angriff des Wolfs spricht sich in der Gegend schnell herum. Seide ist „gespannt“ auf die Fotos, die Schaulustige in den sozialen Netzwerken posten. Kreisjägermeister Klaus Seibicke ist ebenfalls vor Ort. Nach Besichtigung der toten Schafe tippt er sofort auf Wolf. Ein entlaufener Hund ist von Hause aus satt und weiß, wo der Fressnapf steht. Er jagt nicht mit dem Streben, Tiere zu töten und diese „halb aufzufressen“. Der Wolf muss sich selber versorgen. Wenn er ein Schaf ausweidet, bekommt er Flüssigkeit und nährstoffreiche Nahrung auf einen Schlag.
Der Hobbyschäfer aus Prettin hat sofort erste Konsequenzen gezogen und die Herde (Schwarzköpfe, Rhönschafe) an einen anderen Ort verlegt. Die Heidschnucken, die auf der andere Straßenseite in einem Gatter untergebracht sind, verbleiben vorerst an Ort und Stelle. „Bei dieser Witterung kann ich sie nicht im Stall einsperren“, sagt er. Wenn die Politik nicht langsam auf die Wolfs-Risse reagiert, überlegt er, sich von den Schafen zu trennen. (mz)