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Gewerbe Wie ein Holzdorfer Spediteur die hohen Spritpreise stemmt

Hohe Dieselpreise machen Spediteuren das Leben schwer. Wie Marcel Sommerfeld die Lage einschätzt und welche Kosten er zusätzlich stemmen muss.

Von Thomas Tominski 25.03.2022, 09:30
Marcel  Sommerfeld  leitet  in  Holzdorf  ein 16-köpfiges  Transportunternehnen.   Sorgen machen  ihm die  aktuellen  Dieselpreise.
Marcel Sommerfeld leitet in Holzdorf ein 16-köpfiges Transportunternehnen. Sorgen machen ihm die aktuellen Dieselpreise. Foto: Thomas Tominski

Holzdorf/MZ - „Es ist eine sehr abenteuerliche und nervenaufreibende Zeit“, sagt Marcel Sommerfeld, der als Inhaber eines Transportunternehmens in Holzdorf aktuell Kostenvoranschläge mit „Preisbindung für einen Tag“ verschickt. Der Preis für einen Liter Diesel ist in den vergangenen Wochen sprichwörtlich durch die Decke gegangen. Dieser hat sogar Super-Benzin um einige Cent überholt, nur Super Plus verteidigt hartnäckig die Pole Position an der Zapfsäule.

Der 46-Jährige macht die Preisexplosion an einem Beispiel fest. Zu seinem Unternehmen, das europaweit unterwegs ist, gehören zwölf Lastkraftwagen. Die Kosten (gerechnet von Freitag zu Freitag) haben vor dem Dreh an der Preisschraube pro Lkw Pi mal Daumen 1.400 Euro betragen. Jetzt muss der Unternehmer pro Füllung 2.100 Euro überweisen. Das macht in der Summe 8.400 Euro Mehrkosten innerhalb von sieben Tagen aus. Auf einen Monat hochgerechnet sind das über 30.000 Euro.

Im Endeffekt, ist Sommerfeld überzeugt und verweist auf die steigenden Lebensmittelkosten, wird der Endverbraucher noch stärker zur Kasse gebeten. Der Unternehmer appelliert daher an die Politik, nicht den Krieg in der Ukraine zum Anlass zu nehmen, um die Preise in die Höhe zu treiben.

In diesem Fall spricht er von einer „bodenlosen Frechheit“. Wenn der Diesel nicht kurzfristig um 30 Prozent sinkt, sei eine Insolvenzwelle in seiner Branche nicht mehr abzuwenden. „Die Politik sollte nicht vergessen, dass die mittelständischen Unternehmen das Land am Laufen halten.“

Regionaler Zusammenhalt

Der 46-Jährige betont, dass diese Aufzählung von Fakten kein Gejammer sei. Er sei ein Typ, der positiv nach vorn schaut und sich den Herausforderungen stellt. Was Sommerfeld Mut macht, sei die Tatsache des regionalen Zusammenhalts. Seine Kunden, so der Unternehmer, halten ihm die Treue.

Sie wissen, dass er unverschuldet in die Lage gekommen ist, Kostenvoranschläge eventuell nachbessern zu müssen, andererseits besteht in puncto Zusammenarbeit ein gesundes Vertrauensverhältnis, das über Jahre hinweg gereift ist. „Als Spediteur kann ich mit guter Arbeit und Planung meinen Erfolg beeinflussen. Doch plötzliche Preisexplosionen eben nicht“, so Sommerfeld.

Die Auftragsbücher sind proppenvoll, doch die tägliche Kalkulation ein ganz schwieriger Balanceakt. „Im Endeffekt geht es immer darum, Verträge einhalten zu müssen.“

Bei MS Transporte   sind alle  Brummis unterwegs.  Der Chef  zeigt,  wie  sie  im Kleinformat  aussehen.
Bei MS Transporte sind alle Brummis unterwegs. Der Chef zeigt, wie sie im Kleinformat aussehen.
Foto: Tominski

Seit Ausbruch der Corona-Pandemie hat sich der Markt in Deutschland grundsätzlich verändert. Der Chef der 16-köpfigen Spedition erzählt, dass Leasing-Rückläufer so selten wie ein Lottogewinn sind. Dies gilt für Lastkraftwagen und Sattelauflieger gleichermaßen. „Die haben früher ganze Höfe gefüllt.“ Wer seinen Betrieb also breiter aufstellen möchte, muss tiefer in die Tasche greifen.

Da Sommerfeld gerade solch eine Phase durchlebt, bezeichnet er seine aktuellen Bestellungen als Millionen-Investition. Der nächste Lkw wird Anfang April ausgeliefert.

Treue Mitarbeiter

Unter der angespannten Lage darf nicht das Betriebsklima leiden. Der Chef möchte seinen Mitarbeitern gern „den einen oder anderen Euro“ mehr zahlen, doch bei den Diesel-Preisen hält er (vorerst) die Füße still. Er hat Mitarbeiter aus Polen, die mit dem Auto anreisen und ebenfalls von den explodierenden Kosten betroffen sind. Trotzdem halten sie MS Transporte die Treue. „Wir suchen noch ein, zwei Kraftfahrer“, weist Sommerfeld indirekt noch einmal auf den Neukauf von Fahrzeugen hin.

Für die nahe Zukunft wünscht sich der Spediteur vor allem ein ruhiges Arbeiten ohne Hiobsbotschaften am Fließband. Er will ohne ständige Preissteigerungen im Nacken sicher kalkulieren, sein Geschäftsfeld erweitern und alle Mitarbeiter stets pünktlich bezahlen. Sommerfeld hofft, dass die Politik bald regulierend eingreift, damit die Lage nicht weiter angespannt bleibt.

Bisher zeigen seine Kunden viel Verständnis, denn in diese Situation ist jeder Spediteur unverschuldet geraten. Ob die Banken es bei der Rückforderung von Krediten ebenso locker sehen, sei eine völlig andere Geschichte. „Da müssen wir jetzt durch“, sagt er.