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Weinanbau in Jessen Weinanbau in Jessen: Schmackhafter Ladenhüter bei Johannes Zwicker

Von Thomas Tominski 26.11.2019, 11:04
Mit dem Weinheber nimmt Küfermeister Johannes Zwicker eine Probe des im Barrique gelagerten Rotweins Dornfelder.
Mit dem Weinheber nimmt Küfermeister Johannes Zwicker eine Probe des im Barrique gelagerten Rotweins Dornfelder. Thomas Tominski

Jessen - Die vergangenen zwölf Monate bezeichnet Jungwinzer Johannes Zwicker „als absoluten Wahnsinn“. „Vor einem Jahr haben sie das Dach meiner Weinmanufaktur gedeckt“, weist er auf das neue Gebäude am Fuß des Jessener Gorrenbergs. Hier hat er Ende Juni bei 40 Grad im Schatten seinen ersten Wein präsentiert - und die Herzen der Kunden im Sturm erobert. „Das ist schon eine coole Sache“, meint der 28-Jährige, der weiß, dass im Endeffekt nur das Prädikat „schmeckt oder schmeckt nicht“ zählt. Der Grauburgunder aus der ersten Kollektion hat sich zum Renner der Saison entwickelt.

„Ich dachte, der wird mein Ladenhüter“, betont der Küfermeister und liefert gleich die passenden Gründe mit. Aufgrund des hohen Alkoholgehalts (15,5 Prozent) und niedrigen Säureanteils sei es ihm nicht gelungen, den Wein traditionell auf trocken zu trimmen. Wahrscheinlich haben die Kunden 2019 „mal Bock auf feinherb“ gehabt. Selbst der oft belächelte Müller-Thurgau sei gegangen wie geschnitten Brot.

Klasse statt Masse

Trotz des augenblicklichen Höhenflugs ist Zwicker stets um Bodenhaftung bemüht. Er setzt auf Klasse statt Masse, plant langfristig, hat die Anbaufläche nur um einen Hektar (jetzt 2,5 ha) erweitert und ist dankbar, dass seine Eltern ihn auf dem Weg in die Selbstständigkeit begleitet haben.

Eine weitere Tür auf dem umkämpften Markt habe das benachbarte Weingut Hanke für ihn geöffnet. Jessen hat durch die Qualität seiner Weine in Sachsen einen guten Ruf. Daher sei er auf Messen in der Region mit Besuchern leichter ins Gespräch gekommen. In stillen Momenten denkt der Jungwinzer über seine Abenteuerlust nach. Er hat einen sechsstelligen Betrag in den Bau der Weinmanufaktur investiert und muss bei der Kundschaft dauerhaft punkten. „Es ist gut, dass auf vielen Weingütern ein Generationswechsel stattfindet. Junge Leute bringen neue Ideen ein und halten über Netzwerke Kontakt untereinander.“

Der 28-Jährige hat zum Auftakt seiner beruflichen Karriere zwei heiße Sommer erwischt. Aufgrund der lang anhaltenden Trockenheit 2018 sind die Trauben klein gewesen. 8650 Flaschen Weiß-, Rot- und Rosé-Wein aus 1,5 Hektar Ertragsrebfläche sind ein Durchschnittswert. In diesem Jahr kommen 11 000 Liter (sind etwa 11 000 Flaschen) in die Abfüllung. Dies ist für Ende Februar/Anfang März geplant. Gelagert werden die Sorten Riesling, Müller-Thurgau, Kerner, Grauburgunder (je Weißweine) sowie die „Roten“ Dornfelder, Regent und Cabernet Dorsa. Bei der Verkostung lädt Zwicker gute Bekannte ein, um ein unabhängiges Urteil zu bekommen. Denn im Endeffekt soll der Rebensaft den Kunden schmecken. Trinkt ein Küfermeister eigentlich Bier? „Na klar“, meint der Jessener, vor allem nach Messetagen, wo tagsüber die Präsentation verschiedener Weinsorten auf dem Programm gestanden hat.

Neue Anbaufläche

Die Schaumanufaktur ist sein ganzer Stolz. Zwicker fühlt sich mit der Region verwurzelt, er sucht die Nähe zum Kunden, will Akzente setzen. Er mag es, wenn Besucher ihm bei der Arbeit über die Schulter schauen. Auf der neuen rund einen Hektar großen Fläche hat der Küfermeister Grauburgunder, Sauvignon Blanc und Spätburgunder angebaut, die erste Lese steht hier für Herbst 2021 auf dem Programm.

Beim Rundgang durch die Manufaktur fallen die neuen Holzfässer (je 225 Liter Inhalt) auf. Diese hat der Jessener bei einem befreundeten Winzer bestellt, der diese wiederum in Frankreich geordert hat. Im Barrique, erläutert der 28-Jährige, wird der Rotwein harmonischer. Zweimal im Monat nimmt Zwicker eine Probe. Beim Thema Wünsche wird er nachdenklich. „Das Klima wie in Südafrika habe ich schon. Was fehlt zum großen Glück, sind bessere Böden.“ Das Telefon klingelt pausenlos. Der eingangs erwähnte Wahnsinn geht weiter.

Weihnachtsmarkt am 1. Dezember

Am ersten Advent steigt auf dem Gelände der Weinmanufaktur (Am Gorrenberg 30) der erste Weihnachtsmarkt. Los geht es um 11 Uhr. Ein konkretes Ende der Veranstaltung ist nicht geplant. Johannes Zwicker stellt sich auf „so um 18 Uhr“ ein.

Der Jungwinzer betont, dass ein gemütliches Beisammensein bei Glühwein, Grillwurst und Suppe im Vordergrund der ersten Auflage steht. Die Schüler der zwölften Klasse des Gymnasiums Jessen verkaufen Weihnachtskekse und Stolle.

Übrigens: Der Glühwein wird aus dem abgefüllten Rotwein gemacht. „Das ist ein altes Familienrezept“, sagt Zwicker. (mz)