Sozialer Möbelhof und „Wir“-Verein Was aus dem Projekt von sieben Landfrauen in Holzdorf wurde
Vor 25 Jahren baute ein Bündnis aus sieben Landfrauen in Holzdorf einen sozialen Möbelhof auf. Welche Intention sie hatten und wie er bis heute läuft.

Holzdorf - Auf dem ehemaligen Gelände der Bäuerlichen Handelsgenossenschaft in der Ladestraße in Holzdorf befindet sich die Wiege des Jessener Vereins „Wir - Landfrauen helfen sich selbst“. Sieben Landfrauen im Verein begründeten dort einen sozialen Möbelhof. Abgestellt aus der Wirtschaft wie Möbelstücke, die doch noch gute Dienste leisten können, wollten sie sich selbst aus der Arbeitslosigkeit und Mitmenschen in sozialer Not helfen.
Endlich richtig Platz
Allerdings wurde es bald eng in dem ersten Objekt, zumal auch andere Einrichtungsgegenstände ins Portfolio aufgenommen worden waren. Nach Schließung des Raiffeisenmarktes 2006 konnte sich der „Soziale Dienst“ in der einstigen Verkaufsstätte richtig ausbreiten und vor allem das Angebot besser präsentieren.
Vereinschefin Margit Mehr legt Wert darauf, dass es nicht aussieht, wie in einer „Rumpelbude“, zumal es an Zubehör wie etwa Bettzeug, Sofakissen und Deko für Wände, Schränke und Regale beileibe nicht mangelt. „Sie haben dafür das richtige Händchen“, lobt Margit Mehr die 51-jährige Diana Senz, die mit Unterbrechung 16 Jahre dort mitarbeitet.
Die Präsentation ist aber der kleinste Teil der Arbeit, die Organisationstalent, Muskelkraft, handwerkliches Geschick und Gründlichkeit erfordert. Sechs Frauen und Männer sind derzeit damit beschäftigt, die Abholung der Möbelspenden zu organisieren, diese zu transportieren, ab- und aufzubauen, zu reparieren, Polster zu reinigen, Schränke zu putzen, Geschirr zu waschen - und alles wieder an die Kunden zu bringen. Die kommen aus dem gesamten Kreis Wittenberg, aus angrenzenden Gebieten Brandenburgs und Sachsens, und es sind viele Zuwanderer.
„Vor allem junge Leute brauchen beim Einrichten der Wohnung Beratung“, sagt Diana Senz. Auch Uwe Klütz hilft, anhand der Zimmermaße die passenden Möbel auszuwählen. „Manche vergessen, vorher zu messen“, erzählt er. Von Geschirr bis zum Wandbild können Bedürftige hier eine komplette Erstausstattung bekommen - Kindersachen inbegriffen. Und Gardinen - die Vorhänge werden in der Näherei im Jessener Mehrgenerationenhaus auf das gewünschte Maß gebracht. Auch eine kleine Abteilung mit Kleidung und Schuhen gibt es.

Die Abgabe erfolgt gegen eine Spende. „Wir müssen schließlich unsere Unkosten decken“, erklärt Margit Mehr. Die Transporter seien betagt und brauchen entsprechend oft Reparaturen. Sprit ist teuer geworden, Putzmittel und die Miete für das Objekt möchten bezahlt werden.
Die Mitarbeiter, Menschen die wegen bestimmter Einschränkungen auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht vermittelbar sind, werden von jeher über verschiedene Beschäftigungsprogramme gefördert. Es sind deutlich weniger geworden als im letzten Jahrzehnt. In Spitzenzeiten - da allerdings lief die Gesamtwirtschaft schlecht - hatte der Soziale Dienst in Holzdorf doppelt so viele Beschäftigte.
Armut bleibt
Die Generation der Vereinsgründerinnen, die es nach mehr als einem halben Arbeitsleben schwer hatte, damit klar zu kommen, wenn sie auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr gebraucht wurden, geht jetzt in Rente. Ihre wirtschaftliche Situation wird damit noch schlechter. Die Zahl der Menschen, die auf solche Angebote angewiesen sind, bleibt indes stabil. Der „Wir“-Verein ist auch anerkannte Einsatzstelle für den Bundesfreiwilligendienst. „Aber wir bekommen keine Bewerbungen mehr“, berichtet Margit Mehr. (mz)