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Trockenschäden  Trockenschäden : Gemeinsam für neue Wälder

Von Frank Grommisch 10.09.2019, 15:37
Der bisherige Leiter des Betreuungsforstamtes Annaburg (rechts), Frank Ackermann, hat gemeinsam mit seinem potentiellen Nachfolger Philipp Nahrstedt (mit Mikrofon), der Waldkönigin von Sachsen-Anhalt, Christiane Heinrichs-Vogel, und Annaburgs Bürgermeister Klaus-Rüdiger Neubauer den Tag der offenen Tür eröffnet.
Der bisherige Leiter des Betreuungsforstamtes Annaburg (rechts), Frank Ackermann, hat gemeinsam mit seinem potentiellen Nachfolger Philipp Nahrstedt (mit Mikrofon), der Waldkönigin von Sachsen-Anhalt, Christiane Heinrichs-Vogel, und Annaburgs Bürgermeister Klaus-Rüdiger Neubauer den Tag der offenen Tür eröffnet. Frank Grommisch

Annaburg - „Da weiß man, was man getan hat.“ Hubert van Heerde ist der Erste, der das Hantieren mit einem der Pflanzspaten ausprobiert. Die Werkzeuge werden beim Aufforsten benötigt und sind Teil der praktischen Vorführungen zu diesem Thema während des Tages der offenen Tür im Betreuungsforstamt Annaburg.

Mehr Arbeit als Leute

Dort ist die dramatische Situation in den Wäldern Hauptgesprächsthema. Unzählige Bäume, die aufgrund von Trockenheit und Schädlingsbefall abgestorben sind, müssen gefällt werden. „Der Wald stirbt uns weg. Wir kommen gar nicht mehr hinterher“, sagt Maik Zaydler, der seit 20 Jahren ein Forstservice-Unternehmen in Großtreben betreibt. Der Arbeitsanfall ist groß, die Kapazität begrenzt. Es fehlt zudem an Fachkräften, sagt er.

Vor zwei Jahren noch war das Unternehmen auf der Suche nach Aufträgen, heute gehen unablässig Anfragen ein. Das sorgt für volle Auftragsbücher, doch der Anblick der vielen absterbenden Bäume belaste. Ein Ende ist nicht abzusehen. Im Grün des Waldes sind immer wieder braune Kronen auszumachen. Wo Bäume gefällt werden müssen, soll möglichst wenig Zeit vergehen, bis an gleicher Stelle neue wachsen.

Doch da die Holzpreise aufgrund des hohen Anfalls an geschädigten Stämmen im Keller sind, ist das Geld für das Pflanzen auf diesem Wege kaum hereinzubekommen. Wer Kosten sparen will, wird selbst Hand anlegen müssen. Dass diese Überlegung viele umtreibt, zeigt am Sonnabend die große Resonanz bei der praktischen Vorführung auf dem Hof des Betreuungsforstamtes.

Wie lässt sich in diesen Zeiten ein klimatisch stabiler Wald bilden? Philipp Nahrstedt, amtierender Leiter des Betreuungsforstamtes, erläutert es mit Unterstützung von Maik Zaydler und seinen Kollegen sowie Mitarbeitern der Fürst Pückler Forstbaumschulen aus Bad Liebenwerda. Wer mit der Familie in den Wald zieht, um das Pflanzen zu erledigen, der sollte es richtig machen, darum die praktischen Vorführungen. Ansonsten war die Arbeit umsonst und muss wiederholt werden, schildert Nahrstedt den schlimmsten Fall.

Zehn Millionen Pflanzen

Zwei Zahlen verdeutlichen das Arbeitspensum in den Wäldern. Vom Unternehmen von Maik Zaydler werden derzeit pro Jahr 500000 Pflanzen in die Erde gebracht. Die Forstbaumschule verkauft acht bis zehn Millionen kleine Gewächse, nadlige wie belaubte. Den Stein der Weisen, was gepflanzt werden sollte, habe keiner, es komme immer auf die konkreten Bedingungen an.

Auf keinen Fall könne es heißen „weiter so wie bisher“, sagt Oliver Fischer von den Forstbaumschulen Fürst Pückler mit Sitz in Zeischa. Aber es sollte auch nicht abrupt mit Traditionen gebrochen werden. Es wäre völlig falsch zu sagen, dass jetzt keine Kiefern mehr gepflanzt werden sollten. „Die Kiefer wird das Grundgerüst des Waldes bleiben.“ Die Erfahrungen bei Aufforstungen nach Holzeinschlägen besagen, dass die einjährige Kiefernpflanze zu 95 Prozent anwächst. Solch ein gutes Ergebnis könne bei keiner anderen Baumart registriert werden. „Die Kiefer wird die wichtigste Baumart bleiben“, unterstreicht Philipp Nahrstedt.

Es sollten keine falschen Schlussfolgerungen aus der aktuellen Situation gezogen werden. Dass etwa Kiefern absterben, hat auch mit dem Absinken des Grundwasserspiegels zu tun. Die Pfahlwurzeln der älteren Bäume kommen nicht mehr an das lebenswichtige Wasser heran. Oliver Fischer warnt vor dem Einsatz exotischer Bäume. Denn nach wie vor müsse in hiesigen Breiten mit Frost gerechnet werden und das überstehen sie häufig nicht.

Die Forschung ist nach Ansicht von Oliver Fischer jetzt besonders gefordert, um den Praktikern Handlungshinweise zu liefern.

Auf Tagebaukippen

Als eine Laubbaumart, die hiesige Verhältnisse verkraftet, wird die Roteiche genannt. Sie sei stabil, gegen Schädlingsbefall gewappnet und komme auf trockenen Standorten zurecht, schließlich werde sie auch beim Aufforsten von Kippenflächen in Tagebaugebieten eingesetzt, wie Philipp Nahrstedt anmerkt.

Die Traubeneiche sei ebenfalls geeignet, auch Hainbuche, Winterlinde und als Alternative bei den Nadelbäumen die Europäische Lärche und die Douglasie. Doch nicht jede der genannten Baumarten gedeiht auf jedem Standort. Zudem komme es auf die Mischung von Nadel- und Laubbäumen an.

„Die Situation ist erschreckend“, beschreibt der amtierende Leiter des Betreuungsforstamtes die Lage. Den Wald zu erhalten, das sei eine Verpflichtung für jedermann, äußert er. Darum bittet er die Bevölkerung um Unterstützung, beim Beseitigen der immensen Schäden. Er kann sich vorstellen, dass auf einer großen Fläche zu einem Arbeitseinsatz zum Aufforsten aufgerufen wird.

Als er das öffentlich äußert, hat er in Annaburgs Bürgermeister Klaus-Rüdiger Neubauer (parteilos) sogleich einen Fürsprecher. Und wer Pflanzspaten für seine Aufforstungsaktion benötigt, kann sie sich im Betreuungsforstamt ausleihen, bietet Nahrstedt an.

Doch zuvor sollte das Angebot genutzt werden, sich bei den Revierförstern Rat zu holen, bei den Leuten, die sich bestens in den hiesigen Wäldern auskennen. Oliver Fischer warnt die Waldbesitzer vor „falschen Beratern“, die von den hiesigen Verhältnissen gar keinen Schimmer haben. (mz)

Oliver Fischer von den Forstbaumschulen Fürst Pückler in Bad Liebenwerda gibt Ratschläge zu Laub- und Nadelbäumen, die auf abgeholzten Flächen in die Erde kommen könnten.
Oliver Fischer von den Forstbaumschulen Fürst Pückler in Bad Liebenwerda gibt Ratschläge zu Laub- und Nadelbäumen, die auf abgeholzten Flächen in die Erde kommen könnten.
Frank Grommisch