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Tipps für Motorradfahrer Tipps für Motorradfahrer: Wenn die Gashand zuckt

Von Detlef Mayer 10.03.2015, 22:44
Rüdiger Golm auf einer in seiner Annaburger Werkstatt gewarteten und für die Saison vorbereiteten Honda CBR 1000
Rüdiger Golm auf einer in seiner Annaburger Werkstatt gewarteten und für die Saison vorbereiteten Honda CBR 1000 D. Mayer Lizenz

Annaburg - Vor dem Vergnügen steht - zumindest ein bisschen - Arbeit. Diese Weisheit gilt auch für alle Biker, die mit ihren Maschinen in die nun unwiderruflich anbrechende neue Saison starten wollen. Auswintern heißt das Zauberwort und meint nichts anderes, als nach der Winterpause das eingemottete Motorrad in einen fahrbereiten Zustand zu versetzen.

Der Frühling - allemal, wenn er mit Temperaturen wie am zurückliegenden Wochenende daher kommt - lässt beim Biker die Gashand unruhig werden. „Je nach Wetterlage Anfang März, spätestens aber mit dem 1. April gibt es kein Halten mehr“, beschreibt Rüdiger Golm seine langjährigen Erfahrungen in dieser Hinsicht. Der 54-Jährige betreibt in Annaburg eine Zweirad-Werkstatt und verbindet mit dem Frühlingserwachen vor allem einen deutlich vermehrten Kundenzustrom.

Durchsichten, Reifenwechsel und Hauptuntersuchungen

„Diesmal sind unter den auszuwinternden Maschinen auch zwei mit Motorschäden“, konstatiert er. „Die standen den ganzen Winter über bei ihren Besitzern in den Garagen und hätten schon längst repariert sein können“, verweist er darauf, dass man mit größeren Eingriffen nicht unbedingt warten sollte, bis die Saison beginnt und in den Werkstätten ohnehin jede Menge Arbeit ansteht. „Zurzeit können wir uns vor Aufträgen kaum retten. Viele Fahrer kommen kurz vor der ersten Ausfahrt“, sagt Rüdiger Golm und zählt auf, was am häufigsten nachgefragt wird: Durchsichten, Reifenwechsel und Hauptuntersuchungen (TÜV).

Die Werkstatt für Motorräder, die Rüdiger Golm jetzt in Annaburg führt, wurde bereits 1912 von Fritz Rödler gegründet. 1935 bis 1987 hatte dann Otto Rödler das Sagen in dem kleinen Betrieb. Erst im Alter von 78 Jahren gab er das Geschäft an Rüdiger Golm ab, der in die Familie eingeheiratet hatte. Otto Rödler war der Opa seiner Frau Ines. Ursprünglich befand sich die Werkstatt am Annaburger Markt. Dort wurden Ausstellungs- und Werkstattfläche mit der Wende jedoch zu klein, so dass in der Baderei ein Neubau entstand.

Mit 27 Jahren hat Rüdiger Golm den Familienbetrieb übernommen. Der heute 54-Jährige ist nicht nur Kfz-Handwerksmeister, sonder auch Maschinenbaumeister und gelernter Kfz-Elektriker. „Ich war immer im privaten Handwerk tätig“, kann der Annaburger von sich sagen. Vor seiner Selbstständigkeit war er dies als Angestellter bei Autolicht-Nitzsche in Holzdorf. „Da fiel mir die Wende nicht so schwer“, rechnet sich Rüdiger Golm die zu DDR-Zeiten gesammelten Erfahrungen zugute.

Die Annaburger Werkstatt in der Baderei 6 beschäftigt nur im Sommer einen Angestellten. „Es ist ein Saisongeschäft, im Winter pausieren wir“, beschreibt der Inhaber die Gepflogenheiten seines Handwerksunternehmens. Übrigens gehören zur Geschäftspalette neben Werkstatt und Fahrzeughandel (anfangs als Honda-Vertragshändler) auch der Motorradverleih und der Verkauf von Motorradbekleidung.

Insgesamt meint er, „das Auswintern wäre leichter, wenn das Einwintern von den Haltern richtig gemacht würde“. Der Annaburger verweist diesbezüglich auf den Abhol- und Bringeservice für Maschinen, den seine Werkstatt gerade über die Wintermonate anbietet. „Fahrer mit Saisonkennzeichen nutzen diese Möglichkeit natürlich auch jetzt noch.“ Daneben gibt es zehn bis 15 Biker, die ihre Motorräder für die kalte Jahreszeit gleich ganz und gar bei Rüdiger Golm unterstellen. „In diesen Fällen kann der Wintercheck in aller Ruhe gemacht werden. Die Leute holen ihre Maschinen jetzt ab und können sofort starten. Frei nach der Devise ,Auf die Karre, fertig, los!’.“

Für das Thema Frühjahrsdurchsicht hat der Kfz-Handwerksmeister eine grundlegende Faustregel, die sich als WOLKE gut merken lässt. Zu überprüfen sind demnach Wasser/Kühlflüssigkeit (W), Oel/ Schmiermittel (O), Licht (L), Kraftstoff (K) und Elektrik/Batterie (E). Hinzu kommt das Kontrollieren der Reifen - ob sie eventuell porös geworden sind, ob der vorgeschriebene Luftdruck stimmt (fürs Überwintern sollte er ein bisschen höher als normal sein, um das Durchstehen der Pneus zu verhindern) und ob noch ausreichend Profil vorhanden ist. Einen kritischen Blick muss man auch der Kettenspannung widmen. Und obendrein gilt es, das Fahrzeug zu „entmotten“, falls es vorm Winter mit irgend einem Konservierungsmittel eingesprüht wurde.

Batterien gehen im Winter häufig kaputt

Was sind die am häufigsten begangenen Fehler? Rüdiger Golm antwortet wie aus der Pistole geschossen: „Dass gar nichts gemacht wird.“ Ergänzend nennt er die Batterien, „die werden gern vergessen und gehen dann im Winter kaputt“. Seine Empfehlung hier sind spezielle Ladegeräte, mit denen man solchen Problemen vorbeugen kann.

Sicher bewegt das Frühjahr auch diesen oder jenen Motorradfreund, über den Kauf eines neuen Bikes nachzudenken. „Der Motorrad-Handel ist zurzeit kein leichtes Geschäft“, bemerkt der Annaburger dazu. „Zwischen 1993 und 2000 etwa sind die Neukäufe stets angestiegen. Bis 2008 weisen die Statistiken dann eine fallende Tendenz aus und die hat sich bis heute fortgesetzt, wenn auch etwas abgebremst.“ Rüdiger Golm kann sich an Kunden erinnern, die in den besten Zeiten alle zwei Jahre ihre bisherige durch eine neue Maschine ersetzten. „Heute werden mehr gebrauchte Motorräder verkauft oder getauscht.“ Auffällig sei allerdings, dass immer mehr Frauen sich ein Zweirad zulegen, und: „Es sind wieder viele MZ aufgetaucht, auch ältere Baureihen wie die RT. Preiswerte Teile dafür kommen inzwischen aus Tschechien und aus Übersee.“ (mz)