Tausende Punkte jeden Tag im Visier
Seyda/MZ. - Betroffen ist der Bereich von der neuen Umgehungsstraße Richtung Gadegast und Zahna bis hin zum Seydaer Ortsausgang nach Mellnitz und Seehausen.
Rund einen Kilometer lang ist die Strecke. Sie führt über den Markt, durch einen Teil der Jüterboger Straße bis zur Kreuzung Neue Straße und weiter bis in den Bereich der Fließbrücke, wo das Kopfsteinpflaster in eine Asphaltdecke übergeht. Mit den Arbeiten beauftragt wurde die staatlich bestellte Vermessungsgesellschaft Jenrich & Minning GmbH mit Sitz in Dahlenwarsleben im Bördekreis. Die Vermessungsingenieure Carsten Zühlke und Christian Minning haben für rund zwei Wochen in Seyda Quartier bezogen. Denn die Vermessungsarbeiten sind äußerst aufwendig, da zählt jede Minute.
Pro Tag müssen rund 1 500 Messpunkte angepeilt werden. Nicht nur auf der L 39 selbst, auch abzweigende Straßen, beispielsweise die Bergstraße, werden bis zu einer Tiefe von 50 Metern bis an die Gebäude heran vermessen. Das ist wegen der Höhenanpassung notwendig. "Es darf ja nicht sein, dass nach dem Ausbau der L 39 Regenwasser in die Nebenstraßen abfließt", erklärt Christian Minning die Vorgehensweise. Die Arbeiten in Seyda erfolgen im Auftrag des Landesbetriebes Bau - Niederlassung Ost - mit Sitz in Dessau, dem Baulastträger für die L 39.
Die mit dem System "Leica" ermittelten Daten werden digital erfasst und in den Objektkatalog Straßenbau (OkStra) aufgenommen. Das Werk ist Grundlage für die eigentlichen Planungen zum Straßenausbau. Die beiden Vermesser überprüfen mit "Leica" auch die zahlreichen Vermessungspunkte, die bereits vor geraumer Zeit im Bereich der L 39 markiert wurden, sei es durch Farbzeichen oder als so genannte Nägel. Dabei wird das Global Positioning System (GPS) genutzt. Damit werden auch die Navigationsgeräte in Fahrzeugen mit Daten "gefüttert". 28 Satelliten des Systems umkreisen in etwa 24 000 Kilometer Höhe die Erde. Mindestens vier, besser sieben, seien für eine zentimetergenaue Positionierung der Messpunkte erforderlich, erläuterte Christian Minning.
Die Vermessung bedeute aber noch lange nicht, dass die Bauarbeiten in der Ortslage Seyda bald beginnen werden. Das machte Uwe Hoyer, Fachbereichsleiter Straßenbau und -betrieb im Landesbetrieb Bau deutlich. Er verstehe sehr wohl den Unmut der Anwohner über den teilweise katastrophalen Zustand der L 39 in Seyda, besonders im Kopfsteinpflasterbereich der Neuen Straße. Erst 2009 werde feststehen, ob beim Landesverwaltungsamt Halle ein Planfeststellungsverfahren beantragt werden muss. Das wäre dann der Fall, wenn sich beispielsweise Anwohner weigern, Teile ihrer Privatgrundstücke in den öffentlichen Verkehrsraum "abzutreten". Auch müssen Natur-, Umwelt- und Denkmalschützer sowie Anwohner angehört werden, ebenso die Träger öffentlicher Belange, wie Energie- sowie Wasser- und Abwasserver- und Entsorger. Ein gewichtiges Wort mitzureden hat auch die Stadt Jessen. Sie ist für die Gestaltung und Mitfinanzierung der Gehwegbereiche zuständig. Gelder dafür seien aber im Etat eingestellt, hatte Bürgermeister Dietmar Brettschneider schon zu Jahresanfang bei einer Einwohnerversammlung versichert (die MZ berichtete). Geklärt werden müsse auch die Regenentwässerung. Alles in allem ein sehr komplexes Paket. "Da ist es derzeit wirklich unmöglich, einen Termin für den Baubeginn zu nennen", machte Hoyer deutlich. Er sagte weiter, dass die L 39 erst nach Abschluss der Ausbauarbeiten an der Kreisstraße K 2239 vom Abzweig nach Mellnitz bis hinter das Schützenhaus beginnen könne. Solange muss die Landesstraße als Umleitungsstrecke dienen.
Andrea Tischer, Abteilungsleiterin Kreisstraßen beim Landratsamt Wittenberg bestätigte dies. Allerdings seien die Vermessungsarbeiten, wie sie gegenwärtig an der L 39 laufen, am Kreisstraßenabschnitt durch Seyda bereits 2007 erfolgt. Sie ist zuversichtlich, dass kein aufwendiges Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden muss. "Wir gehen davon aus, dass jeder Anwohner den Bauarbeiten Zustimmung erteilen wird. Schließlich sind die im Interesse jedes einzelnen." Doch sowohl Andrea Tischer als auch Uwe Hoyer machten eines deutlich: Die Realisierung der Straßenbauvorhaben steht und fällt mit der Bereitstellung entsprechender Fördermittel durch das Land.