Sondertransporte im Landkreis Wittenberg Sondertransporte im Landkreis Wittenberg: Besser ohne Polizei?

Elster - Sollen künftig private Sicherheitsfirmen statt der Polizei Schwertransporte begleiten? Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) hatte das im Dezember in einem MZ-Interview als eine Option zur Entlastung der Polizei befürwortet.
Erfahrung seit 1995
„Für die Branche wäre das positiv“, sagt der Geschäftsführer der in Klieken ansässigen Speditionsfirma TAS-Logistik Birger Dammann. „Ich bin der Meinung, dass wir die Transporte dann besser lösen könnten.“
Das Unternehmen fährt seit 1995 schwere Stahlbauteile. Zunächst vornehmlich für die Roßlauer Schiffswerft tätig, hat es sich später unter anderem den wachsenden Markt für Windkraftanlagen erschlossen. In Spitzenzeiten, erzählt Dammann, gehen pro Nacht bis zu 20 Transporte von der Ambau-Niederlassung in Gräfenhainichen, wo Windkraftanlagen gebaut werden, weg. Auch bis zu 130 Tonnen schweren Brückenteile aus dem Werk in Elster haben Fahrer des Unternehmens schon sicher ans Ziel gebracht.
Allerdings erreichen laut Dammann die Lieferungen nicht immer pünktlich ihre Zielorte, weil die Begleitteams der Polizei nicht rechtzeitig zum Start einträfen. Über eine Stunde, erinnert sich auch der Kollege, der 2014 für die MZ den Transport von Teilen für die nordrhein-westfälische Lennetalbrücke von Elster bis zur Autobahnabfahrt Coswig begleitet hat, haben sie auf das Begleitfahrzeug der Polizei gewartet. Weil solche Schwerlast- und Großraumtransporte zum Teil auch kurzzeitige Sperrungen von Straßenabschnitten oder Kreuzungen erfordern, dürfen sie nur in verkehrsarmen Zeiten von 22 bis 6 Uhr unterwegs sein. Laut Dammann ist es auch schon passiert, dass Transporte, weil sich die Abfahrt um mehrere Stunden verzögert hatte, nur noch kurze Strecken schafften und tagsüber zwangsweise pausieren mussten.
Die mit solchen Transporten häufig verbundenen Sperrungen oder Änderungen der Verkehrsführung - die Elsteraner Brückenteile wurden zum Beispiel entgegen der Einbahnstraße durch Coswig gefahren - sind in Deutschland hoheitliche Aufgaben, die nur von Polizei oder Ordnungsbehörden veranlasst werden dürfen.
In Österreich und Holland zum Beispiel sei das anders. „Dort machen das private Firmen, und das funktioniert“, so Dammann. „Es wäre auch kostengünstiger, wenn man es ausschreiben würde.“ Die Polizei erhebe für diese Leistung feste Gebühren, egal wie pünktlich sie erbracht werde. Dass hinter den Verspätungen kein schlechter Wille steckt, ist dem Logistik-Experten aber bewusst: „Die Beamten sind einfach nur überlastet.“ Komme ein anderer Einsatz dazwischen, müsse der Transport warten.
Normalerweise stehe für die Begleitung außerhalb der Autobahn der Zentrale Einsatzdienst der Polizeidirektion zur Verfügung, erklärt Maik Strömer, Sprecher der Polizeidirektion Ost. Nur bei bestimmten Einsatzlagen werde auf Polizeibeamte aus den Revieren zurückgegriffen. „Im Jahr 2015 wurden im Bereich der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Ost 1 868 Schwerlasttransportbegleitungen durchgeführt“, so Strömer. „Dabei wurden 6 271 Stunden durch die eingesetzten Polizeibeamten geleistet, dies ergibt einen Durchschnittswert von 3,35 Stunden pro Transportbegleitung.“ Eine grundsätzliche Aufhebung von Schwerlasttransportbegleitungen durch die Polizei sei aber nicht beabsichtigt, verweist Strömer auf Veröffentlichungen des Bundesverkehrsamtes.
Teurer Leerlauf am Aufbauort
„Wir verkaufen unsere Anlagen ab Werk“, erklärt die Marketingverantwortliche der Ambau Windservice GmbH mit Sitz in Bremen, Yagmur Nursel. „Der Transport ist Kundensache.“ Insofern sei das Problem der Verzögerungen für den Hersteller nicht relevant. „Aber ich kann mir vorstellen, dass das schwierig ist“, sagt Nursel weiter. Schließlich warte am Aufbauort der Anlagen schon das Team mit Spezialtechnik, die zeitlich gebunden und teuer ist. „Da ist es schlecht, wenn man die Termine so legen muss, wie es den Behörden passt.“
Für den Geschäftsführer vom C+P Brückenbau, Michael Steeger, liegt das Problem weniger in der Polizeibegleitung, sondern in der Genehmigungspraxis, die in Deutschland noch dazu Ländersache ist. Im Genehmigungsverfahren seien viele Stellen eingebunden. „Wir bekommen die Genehmigungen meist drei Wochen nach Antrag. Da ist bei der Bearbeitung manchmal nicht bekannt, dass inzwischen auf der Straße eine neue Baustelle aufmacht. Das macht uns dann richtig Probleme.“ Und da sei es gut, die Polizei dabei zu haben, auch wenn im günstigsten Fall nur eine Sperrbake beiseite geräumt werden muss. (mz)
