Sohan Singh will Annaburg besuchen
Hohndorf/MZ. - Vom 19. Januar bis zum 6. Februar war der Hohndorfer, der dem Annaburger Verein für Heimatgeschichte und Denkmalpflege angehört, diesmal auf Indientour.
"Es war eine sehr, sehr erfolgreiche Reise", versicherte er der MZ. Der Hobby-Historiker bezog dies nicht zuletzt auf seine erneute Begegnung (nach vier Jahren) mit Sohan Singh. Der inzwischen 83-Jährige war von 1943 bis 1945 Kriegsgefangener in Annaburg und ist von der Sehnsucht beseelt, diese Stadt noch einmal zu sehen. Gegenüber Volker Kummer erklärte er auf dessen Nachfrage, dass er sich durchaus noch in der Lage fühle, nach Deutschland zu kommen. "Jetzt werde ich, gemeinsam mit vielen Partnern auf deutscher und indischer Seite, alle Kraft daran setzen, die Reise von Sohan Singh nach Annaburg Wirklichkeit werden zu lassen", so der Hohndorfer. Er sprach von einem rund zweiwöchigen Besuch Ende September, Anfang Oktober 2007.
Am 30. Januar charterte Volker Kummer in Neu Delhi, Indiens Hauptstadt, einen Mietwagen mit Fahrer für seinen Zwei-Tage-Abstecher zu Sohan Singh. Dieses Unterfangen (550 Kilometer) kostete ihn nur 95 Euro. Der alte Herr wohnt im Unionsstaat Uttaranchal, im District Udham Singh Nagar, in der Ortschaft Badripur. Und die Farm von Sohan Singhs Familie nennt sich Chakiwala. Sie liegt etwa 270 Kilometer nordöstlich von Neu Delhi, am Fuße des Himalaja.
Gegen 6 Uhr am 31. Januar brach Volker Kummer von seinem Hotel aus auf. Nach siebeneinhalb Stunden Fahrt hatte er das Zuhause von Sohan Singh erreicht, wo er von den Familienangehörigen auf das Herzlichste empfangen wurde. Natürlich hatte der Hohndorfer etliche Geschenke im Gepäck. Darunter Foto-Tassen mit Motiven aus Annaburg, Schlüsselbänder sowie jede Menge aktuelle Aufnahmen von der Stadt und der einstigen Unteroffiziersvorschule, aus der inzwischen ein schmuckes Altenpflegeheim geworden ist. Besonders viel Freude fand Sohan Singh an einem großen Luftbild vom Zentrum Annaburgs, in das sein Jugendporträt hineinmontiert ist.
Schon 1974 hatte der Inder in einem Brief den Wunsch geäußert, Annaburg noch einmal zu besuchen. Dort befand sich im Zweiten Weltkrieg das größte Lager für indische Kriegsgefangene auf deutschem Boden - 4 000 Internierte insgesamt, einer von ihnen war Sohan Singh. Am 21. und 22. Dezember 1941 besuchte der indische Freiheitskämpfer Subhas Chandra Bose das Annaburger Lager und rekrutierte dort die ersten 200 Freiwilligen für seine Legion "Freies Indien" (Befreiung vom englischen Kolonial-Joch). Sie bildete den Grundstock für die Indische Befreiungsarmee. Bose (am 23. Januar 1897 geboren) ist in Indien ein Nationalheld.
Kalter Krieg und Ost-West-Spannungen machten es unmöglich, dass Sohan Singh zu DDR-Tagen nach Annaburg kommen konnte. Und 2003 scheiterte der damals unternommene Anlauf Volker Kummers, den betagten Mann nach Deutschland zu holen, am Geldmangel. Doch diesmal will sich der Hohndorfer nicht wieder von seinem Vorhaben abbringen lassen. Deshalb nutzte er seine jüngste Indienvisite auch, um viele Leute zu treffen, die ihn und Sohan Singh unterstützen könnten.
Zum Beispiel besuchte er das Forschungszentrum für Subhas Chandra Bose in Kalkutta. Dort fand im Zuge der Feierlichkeiten zum 110. Geburtstag Boses und zum 50-jährigen Bestehen der Einrichtung eine zweitägige, hochrangig besetzte Fachkonferenz statt, an der Volker Kummer teilnahm. Des Weiteren war er beim Indischen Zentrum für historische Forschungen in Neu Delhi zu Gast, kontaktierte dessen einstigen Direktor Dr. T. R. Sareen (ein Bose-Spezialist), den ARD-Korrespondenten Christoph Heinzle (will über die anstehende Reise Subedar Sohan Singhs nach Annaburg berichten), den indischen Schriftsteller Gurial Singh (er möchte über Sohan Singh ein Buch verfassen), das indische Staatsfernsehen, das Goethe-Institut in Kalkutta sowie die deutsche Botschaft in Neu Delhi.
Am 1. Februar gegen 11 Uhr verabschiedete sich Volker Kummer, nachdem er über Nacht auf der Chakiwala-Farm geblieben war, von Sohan Singh und dessen großer Familie. Es sei ein sehr berührender Abschied gewesen, berichtete der Hohndorfer. Und Subedar Sohan Singh habe dabei symbolisch eine Einladung zur Ende Februar geplanten Hochzeit seines zweiten Enkels ausgesprochen. Eingeladen habe der Inder nicht nur ihn, sondern ganz Annaburg.