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Kampfmittelbelastung in der Glücksburger Heide So wird der Boden in der Glücksburger Heide bearbeitet, um Weideflächen herzustellen

Aufgrund der Kampfmittelbelastungen in der Glücksburger Heide sind Bodenbearbeitungen schwierig. Weshalb sie dennoch erfolgen und was geplant ist.

17.03.2024, 14:45
Naturschutz unter erschwerten Bedingungen: Eingesetzte Maschinen wie die Raupe hatten zum Schutz vor möglichen Kampfmittel-Detonationen gepanzerte Bodenplatten. Das verbaute Schutzglas war splittersicher.
Naturschutz unter erschwerten Bedingungen: Eingesetzte Maschinen wie die Raupe hatten zum Schutz vor möglichen Kampfmittel-Detonationen gepanzerte Bodenplatten. Das verbaute Schutzglas war splittersicher. (Foto: Sebu GmbH)

Jessen/MZ. - Über neueste Entwicklungen in der Glücksburger Heide hat am Freitag die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) informiert. Es wird mitgeteilt, dass dieses Areal wohl das größte zusammenhängende Heidegebiet außerhalb noch aktiver Truppenübungsplätze in Sachsen-Anhalt und bedeutend für den Naturschutz ist.

„Die rund 1.000 Hektar großen Zwergstrauchheiden entwickelten sich seit den 1930er Jahren durch den ehemaligen militärischen Betrieb und gehören inzwischen zur DBU-Naturerbefläche Glücksburger Heide nördlich von Jessen. Die Pflege ist heute aufgrund der möglichen Kampfmittelbelastung schwierig.“ Dank der Schafe des Landschaftspflegehofs Dabrun werde ein Teil des wertvollen Lebensraums offengehalten. Jetzt habe das DBU Naturerbe, eine gemeinnützige Tochtergesellschaft der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), als Flächeneigentümer einen Weg gefunden, mit geschützter Technik vorerst weitere 50 Hektar zu entkusseln.

Mehr Fläche als Weide

„Unser Ziel ist es, in einigen Jahren mindestens für weitere 200 Hektar die Beweidungsfähigkeit herzustellen, um Lebensräume etwa für den Ziegenmelker, den Wiedehopf und die Italienische Schönschrecke zu erhalten“, wird Susanne Belting, Fachliche Leiterin im DBU Naturerbe, in einer Presseinformation zitiert. Schritt für Schritt wolle die Stiftungstochter diese kostenintensive Ersteinrichtung vorantreiben und hofft auf finanzielle Unterstützung durch das Land Sachsen-Anhalt. „Schafe und Ziegen können so stark überalterte Heidepflanzen zwischen dichtem Gehölzaufwuchs nicht gut abfressen. Deshalb müssen wir erst Bewuchs zurücknehmen, bevor wir einen Schäfereibetrieb für die neu freigestellten Flächen als Pächter unter Vertrag nehmen können“, so Jan Felix Rennack, Offenlandmanager im DBU Naturerbe. Ein Expertenteam sorge daher maschinell in einem ersten Schritt mit gepanzerter Technik dafür, dass beispielsweise aufwachsende Kiefern gefällt und Gehölzgruppen aufgelichtet wurden. Auf stark belasteten Flächen kam ausschließlich ferngesteuerte, durch Drohnen unterstützte Technik zum Einsatz. Eingesetzte Harvester und Traktoren hatten zum Schutz vor möglichen Detonationen gepanzerte Bodenplatten; und das verbaute Schutzglas war splittersicher. Alle Maßnahmen seien im Vorfeld mit der zuständigen Ordnungsbehörde durch die Revierleiterin Katalin Wiese-Brattig vom Bundesforstbetrieb Mittelelbe abgestimmt worden. Die Arbeiten seien inzwischen abgeschlossen. Die nächsten Schritte sollen, wie weiter informiert wurde, im kommenden Herbst folgen.

Gemeinsam mit Kollegen vom DBU Naturerbe und Mitarbeiterinnen des Bundesforstbetriebs Mittelelbe hat sich Susanne Belting (2.v.l.), Fachliche Leiterin im DBU Naturerbe, einen Eindruck von den Arbeiten in der Glücksburger Heide verschafft.
Gemeinsam mit Kollegen vom DBU Naturerbe und Mitarbeiterinnen des Bundesforstbetriebs Mittelelbe hat sich Susanne Belting (2.v.l.), Fachliche Leiterin im DBU Naturerbe, einen Eindruck von den Arbeiten in der Glücksburger Heide verschafft.
(Foto: Jan-Felix Rennack)

Die DBU-Naturerbefläche Glücksburger Heide ist rund 2.600 Hektar groß. Ab 1936 beanspruchte die Wehrmacht die Fläche als Truppenübungsplatz, insbesondere für die Luftwaffe. Ein 400 Hektar großes Areal war Bombenabwurfgebiet.

Öfters große Brände

Nach 1945 nutzten russische Streitkräfte die Fläche als Panzerübungsplatz. Es gab Schießplätze und einen Hubschrauberlandeplatz. Mehrfach hat es im Gebiet gebrannt, was die Ausbreitung der Besenheide beförderte, die als Brandkeimer mit Feuerereignissen gut umgehen kann, wie dazu erläutert wurde. Trockene Europäische Heiden gehören zu den europäisch geschützten Lebensräumen. „Alle Bundesländer haben entsprechende Flächengrößen nach Brüssel gemeldet und sich verpflichtet, einen günstigen Zustand zu erhalten oder, wenn nötig, zu verbessern – so auch in der Glücksburger Heide“, erläutert Rennack.

1990 wurde der Militärbetrieb eingestellt. Seit 2008 gehört die Fläche zum Nationalen Naturerbe. Das DBU Naturerbe verantwortet den Naturschutz auf 66 überwiegend ehemaligen Militärflächen mit rund 70.000 Hektar in zehn Bundesländern. Der Bund verzichtet seit 2005 auf den Verkauf ausgewählter, wertvoller Naturflächen im Bundeseigentum und hat bislang rund 164.000 Hektar als Nationales Naturerbe stattdessen dem Naturschutz gewidmet und an Stiftungen, Naturschutzverbände oder Bundesländer übertragen.