«Schöneren Beruf kann ich mir nicht vorstellen»
Mügeln/MZ. - 46 Jahre ist es insgesamt her, dass er als Lehrling der Zunft beitrat. Wenn sich die meisten Menschen längst gähnend und träumend in ihre Decken eingemummelt haben, beginnt für Siegfried Kotte und sein Team der Arbeitsalltag in der Backstube. In der Regel eine Stunde nach Mitternacht, in Druckzeiten schon ab 23 Uhr.
Er stammt aus Gorden bei Elsterwerda, arbeitete zwei Jahre in Klettwitz, danach 13 Jahre in Lauchhammer. Am 12. Mai 1992 wurde die Bäckerei in Mügeln eröffnet. In einem Mehrzweckgebäude, das die ortsansässige Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) gebaut hatte. Arzt- und Zahnarztpraxis, Friseursalon und Dorf-Konsum waren hier etabliert.
Mit sieben Angestellten fing alles an. Zurzeit arbeiten elf Frauen und Männer sowie acht Verkäuferinnen in und um die Backstube. Mit sechs mobilen Verkaufsständen sind sie täglich im Altkreis Jessen sowie bis Luckenwalde in zahlreichen Orten präsent. Geschäfte gibt es in Mügeln sowie Elster. Niemals habe er auch nur einen Gedanken daran verschwendet, mit einem Stand in einen Supermarkt zu gehen. Meist werde dort selbst gebacken, traditionelle Handwerkskunst sei das aber nicht, einfach nur billiger, so Siegfried Kotte.
Die Kunden können zwischen 20 Sorten Brot und ebenso vielen Brötchenkreationen aus seiner Backstube wählen. 15 Kuchen- und Tortenangebote runden das Angebot ab, bis hin zu individuell gestalten Fotohochzeits- oder anderen Jubiläumstorten. Siegfried Kotte ist kein Mann, der klagt, sondern durchzieht. Ihm zur Seite stehen seine Ehefrau sowie Tochter Ramona und Sohn Marko. Er ist ebenfalls Bäckermeister und übernimmt peu á peu die Geschäftsführung aus den Händen des Vaters. Der muss kürzer treten, seit ihn ein Herzinfarkt ziemlich aus der Bahn geworfen hatte. So schwer es ihm auch fällt. Sein Team, so der Seniorchef, stehe voll hinter ihm. Das beweise nicht zuletzt die äußerst geringe Fluktuationsrate. Die meisten der Angestellten halten seit 15 Jahren voll zu ihm. "Ich habe immer wieder die Löhne angepasst. Das bin ich ihnen einfach schuldig. ,Westniveau' kann ich allerdings nicht bieten. Das verstehen sie auch", so Siegfried Kotte. Die Kosten in und um die Mügelner Bäckerei, so erläutert er, sind enorm gestiegen, haben sich seit dem Start in Mügeln nahezu verdoppelt. Elektroenergie, Öl für die Beheizung der Backöfen, 2006 neu installiert, der Sprit für die Verkaufswagen, gestiegene Rohstoffpreise... "Das kann ich einfach nicht alles auf die Kunden umlegen. Kleinere Brötchen werden bei mir aber trotzdem nicht gebacken", versichert der Meister selbstbewusst.
In all den Jahren hat er rund 40 Lehrlinge ausgebildet. Allerdings, die Nachwuchsgewinnung gestalte sich zunehmend schwieriger. "Das Bildungsniveau der meisten jungen Leute ist kontinuierlich gesunken. Ich als Ausbilder soll sie hauptsächlich auf das Leben vorbereiten? Das ist wohl eher Aufgabe der Schulen sowie der Elternhäuser. Da klemmt es wirklich. Erschwerend hinzu kommen fehlende Tugenden, die meine Generation noch hat, so Pflichtbewusstsein und Pünktlichkeit. Das trifft aber nicht auf alle meiner Lehrlinge zu", relativiert der Bäckermeister.
Ausdrücklich möchte er sich bei seinen Kunden für ihre Treue bedanken, die nach wie vor auf hausgemachte Qualitätsprodukte aus Mügeln schwören. "Ohne diese Menschen würde mein Unternehmen nicht mehr existieren. Und auch meinem Team bin ich dankbar. Wir halten weiterhin zusammen", meint Siegfried Kotte.