Schmiede-Werkstatt in Prettin Schmiede-Werkstatt in Prettin: Flucht vor der Hitze unmöglich

Prettin/MZ - Über Jahrzehnte hinweg mag die Werkstatt von Andreas Schneiders Vater der heißeste Platz in der Elbestadt gewesen sein. Denn selbst bei mehr als 30 Grad im Schatten draußen loderte drin das Schmiedefeuer. Das heißt, lodern ist genau genommen der falsche Begriff. Was im Foto den Eindruck der üppigen Temperaturen verdeutlicht, „macht normalerweise kein Schmied“, so Andreas Schneider. „Sobald die Flammen lodern, löscht man sie ab. Die Steinkohle muss glühen. Und schon bleibt die Hitze am Herd und verteilt sich nicht so dramatisch.“
Der 51-Jährige ist genau wie sein Bruder Matthias in die Fußstapfen des Vaters getreten. Beide führen eigene Schlossereibetriebe. Doch Andreas Schneider besitzt noch das Schmiedefeuer in seiner früheren Werkstatt. 2006 wechselte er mit seinem Betrieb allerdings in eine Empl-Halle in Klöden. Dort haben er und seine zehn Mitarbeiter deutlich mehr Platz.
Die alte Werkstatt genau gegenüber der Feuerwehr in Prettin hält Andreas Schneider aber weiter in Ehren. Das Andenken an seinen Vater ist es ihm wert. „Damals haben sie mit eigener Kraft und völlig ohne Fördermittel ihre Betriebe aus dem Boden gestampft“, meint er, „und ohne wirklich reich zu werden am Leben erhalten.“ Doch inzwischen ist es noch ein anderer Grund, der ihn an der Tradition festhalten lässt. In den vergangenen zwei Jahren haben er und seine Frau Annett hier rings um Feuer, Amboss, Lufthammer und Bohrmaschine einen gemütlichen Gastraum gezaubert. Rustikal im Erscheinungsbild („Ich habe hier viele Teile der alten Einrichtung mit eingebaut.“) und so gestaltet, dass er eine Schauschmiede daraus machen kann. Noch wartet sie auf die offizielle Eröffnung, wohl im kommenden Jahr, wie Schneider meint. Doch ihre Feuertaufe im wahrsten Sinn hat sie schon während der Prettiner Adventskalenderaktion erlebt (die MZ berichtete).
Zwar facht Andreas Schneider das Schmiedefeuer heutzutage nicht mehr jeden Tag an - vor dessen Hitze scheut er sich dennoch keinesfalls. „Das sind wir von früher so gewohnt.“ Freilich, wirft seine Frau ein, „hatten wir bei solchen Außentemperaturen wie gegenwärtig dann schon einen Eimer mit frischem Wasser da stehen, damit sich die Männer zwischendurch abkühlen konnten“. Aber vor der Hitze am Arbeitsplatz flüchten, war gar nicht drin. „Die neuen gedämmten Fenster haben wir erst nach der Flut 2002 eingebaut“, erinnert Annett Schneider.
Etwas Paradoxes hat die Tatsache, dass hier lange Zeit tagtäglich das Schmiedefeuer glühte, gleichsam: Bevor Schneiders Vater das Grundstück erwarb und hier seine Werkstatt einrichtete, war es wohl der kühlste Fleck im Ort. Nämlich ein Teil der früheren Brauerei Musche: und zwar der Eiskeller.
