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Rückblick auf Hochwasser 2013 Rückblick auf Hochwasser 2013: Zum zweiten Mal "abgesoffen"

Von Niclas Hecht 04.06.2014, 20:29
Großflächig ist Elster im Juni 2013 von der Elbe überflutet. Links im Bild das Gewerbegebiet, an dessen oberem Rand die Tagesstätte liegt.
Großflächig ist Elster im Juni 2013 von der Elbe überflutet. Links im Bild das Gewerbegebiet, an dessen oberem Rand die Tagesstätte liegt. Archiv/Gückel Lizenz

Listerfehrda/MZ - Der erfolgreiche Kaninchenzüchter Hartmut Karschunke und seine Frau Uta leben seit 31 Jahren mit ihren Kindern gemeinsam in einem Haus zwischen Elster und Listerfehrda und genießen die Idylle an der Elbe, wenn nicht wieder einmal eine Katastrohe vor der Tür steht. Karschunke ist noch heute entsetzt: Elf Jahre nach dem Jahrhunderthochwasser von 2002 kam schon das nächste und wieder brachte es schwere Folgen mit sich. Auch beim jüngsten Hochwasser, das nun ein Jahr zurückliegt, zählten die Karschunkes zu den hart betroffenen Familien.

Am härtesten betroffen vom Hochwasser 2013 in der Region war Elster. Die MZ stellt die Ereignisse chronologisch zusammen:

Das Wasser steht unterhalb der Elbstraße. Anwohner, Helfer und Einsatzkräfte beginnen einen 50 Zentimeter hohen Sandwall in der Elbstraße zu schütten und mit Folie sowie Sandsäcken zu sichern. Zwischen Elster und Listerfehrda läuft das Wasser bereits übe die Straße. Die Bundesstraße 187 wird daher gesperrt. In der Sekundarschule wird der Keller soweit möglich geräumt.

Die Elsteraner verteidigen ihre Behelfsdämme. Doch in der Elbstraße ist es zu eng, sie weiter zu erhöhen. Im Keller der Sekundarschule laufen sieben Pumpen, um eindringendes Wasser wieder herauszufördern. In ersten Häusern wird wegen des Wasserstandes der Strom abgeschaltet, die Bewohner deshalb auch evakuiert.

Kurz nach 8 Uhr geben die Elsteraner den Kampf gegen die anrückenden Fluten verloren. Bürgermeister Peter Müller (Freie Wähler) ruft die Einwohner auf, den Ort zu verlassen. Der Notdamm sei nicht das Problem, die Kanalisation sei das neuralgische System, informiert Müller.

Entsetzen nicht nur bei Eltern, Erziehern und Kindern: Knietief steht das Wasser um und daher natürlich auch in der nagelneuen Kindertagesstätte. Helfer hatten am Abend zuvor noch Möbel hochgestellt und die Türen so gut es ging gesichert. Es war aussichtslos. Auch der Gewerbepark ist überflutet.

Das Wasser beginnt sich zurückzuziehen und offenbart die großen Schäden. Zwei Drittel des Ortes sind überflutet, schätzt Peter Müller ein. „Die neue Tagesstätte ist total hin“, sagt er.

Im gesamten Ort summen Notstromaggregate. Das Wasser soll wieder aus den Kellern heraus. Die Einwohner beginnen mit dem Großreinemachen, dazu gehört zu allererst, den Schlamm aus Häusern und Grundstücken zu verbannen.

Flut verhindert Spatenstich

Schon 2002 hatte sie das Hochwasser in Aufruhr versetzt. Nach der Katastrophe warteten sie optimistisch auf den Baubeginn der Hochwasserschutzeinrichtungen, die Karschunke schon damals als notwendig empfand. Der Spatenstich sollte eigentlich im Juni 2013 vollzogen werden, doch das plötzliche Eintreten des Hochwassers verhinderte das. Als in anderen Gebieten Deutschlands viele Flüsse bereits Überflutungen hervorriefen, ahnten Karschunkes das kommende Unheil. Ihre Vermutung erwies sich als richtig. Mit der Unterstützung von Freunden und Familie räumten sie die Möbel ihrer Wohnung rechtzeitig aus und begannen sich auf die Flut vorzubereiten. Die Erfahrungen aus dem Hochwasser von 2002 spielten dabei eine wichtige Rolle. Am 7. Juni 2013 hatte die Elbe bei Elster ihren Höchststand erreicht. 2002, erinnert sich Karschunke, stand die Wohnung allerdings noch acht Zentimeter höher im Wasser als 2013. Vor elf Jah-ren kam es in der Nacht und flachte am Tag darauf wieder ab. 2013 aber stand die erste Etage des Wohnhauses drei Tage lang unter Wasser, entsprechend höher war der Schaden. Obwohl sie staatlich unterstützt wurde, musste die Familie viele Kosten aus privaten Mitteln aufbringen.

Ans Aufgeben nie gedacht

Doch Uta Karschunke und ihr Mann dachten nie daran aufzugeben. „Wer am Fluss leben will, muss mit Hochwasser leben“, sagt Uta Karschunke entschlossen; sie ist an der Elbe aufgewachsen. Insgesamt vier Monate lebten die Karschunkes während der Aufräumarbeiten in der Wohnung in einem Wohnwagen, der auf ihrem Grundstück stand. Zusammen mit ihren Kindern und Freunden begannen sie, die Wohnung zu renovieren, und sind dankbar für jede Unterstützung, die ihnen zuteil wurde. Für Uta Karschunke war das Warten auf die Fertigstellung der Wohnung das „Schlimmste“, was das Hochwasser mit sich brachte. Nun hofft das Paar, dass der Damm 2015/2016 fertig wird, denn beide vertrauen zu hundert Prozent darauf, dass dieser ihre Wohnung vor künftigen Überflutungen schützt und dass sie unbeschadet darin leben können.

Bis heute sind nicht alle Schäden repariert. Auch an das Dorffest in Listerfehrda war nach dem folgenschweren Hochwasser nicht zu denken. Dieses wurde vom Ortsbürgermeister Hartmut Karschunke abgesagt, da niemandem zum Feiern zumute gewesen wäre und es zwangsläufig andere Aufgaben zu bewältigen gab.