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Bildung Rockiger Trommelwirbel in Grundschule Elster

Kinder der Grundschule „Elbkinderland“ bereiten sich in Projektwoche auf gemeinsames Konzert vor. Welchen Unterricht die Viertklässler nie gehabt haben.

Von Thomas Tominski 24.06.2021, 20:34
Bei jedem Schritt durch die  Elsteraner Turnhalle ist volle Konzentration gefragt. Die  Augen sind  dabei stets auf den  Projektleiter gerichtet.
Bei jedem Schritt durch die Elsteraner Turnhalle ist volle Konzentration gefragt. Die Augen sind dabei stets auf den Projektleiter gerichtet. (Foto: Thomas Tominski)

Elster - Der Rhythmus des Queen-Klassikers „We Will Rock You“ schallt durch die Turnhalle. Axel Meier deutet mit den Drumsticks die nächste Pause an und fordert die Aufmerksamkeit der Kinder ein. Wie auf Kommando herrscht Stille - und Erleichterung pur. Für die Präsentation am heutigen Freitag auf dem Pausenhof der Grundschule „Elbkinderland“ Elster läuft alles nach Plan. Die fleißigen Trommler aus der vierten Klasse packen ihr Equipment weg und verlassen den Veranstaltungsort.

Der studierte Musiker aus Berlin nutzt die Pause zwischen den Klassenwechseln, um sein demoliertes „Schlagzeug“ noch flugs zu reparieren. Sein Kunststoffeimer droht nach einer Stunde Einsatz, in mehrere Einzelteile zu zerfallen. Der 31-Jährige repariert die Stellen mit einem stabilen Klebeband und erzählt, dass solch eine Projektwoche an den Kräften zehrt. Es sei nicht seine Zeit, bereits um 7.20 Uhr vor 100 Kindern zu stehen und sich von diesen lautstark wachrütteln zu lassen. „Nach fünf Stunden Unterricht brauche ich meinen Mittagsschlaf“, gibt Meier ehrlich zu.

Verordnete Ruhepause

Andererseits: Die Arbeit mit den Kindern macht dem freischaffenden Künstler, der in mehreren Bands spielt, Filmmusiken mitproduziert und für Trommelwirbel bei verschiedenen Orchestern gesorgt hat, viel Spaß. Sie sind mit Feuereifer bei der Sache - und mit strahlenden Augen. Axel Meier ist froh, dass mit den Lockerungen der Corona-Bestimmungen wieder Normalität einkehrt. Von September 2020 bis Mai dieses Jahres haben seine Projekte auf Eis gelegen. Dazu gehören Workshops bei Firmen, Auftritte auf Konzerten oder eben Projektwochen an Schulen.

Direktorin Yvonne Höhne erzählt, dass sie den Künstler im Spreewald kennengelernt hat und es erstaunlich fand, wie schnell er das Publikum zum Mitmachen animierte. Die Kosten für die Projektwoche, so die Chefin weiter, übernehmen der Landkreis im Rahmen von „Schulerfolg gemeinsam sichern“ und Energieversorger Envia-M. Deshalb ist die Teilnahme für alle 115 Kinder der „Elbkinderland“ kostenlos. Für die vierte Klasse ist es zumindest ein versöhnlicher Abschluss. „Sie haben in ihrer gesamten Schulzeit nicht einmal Musikunterricht gehabt. Uns fehlt die passende Fachkraft“, drückt Yvonne Höhne den Finger auf die Wunde.

Nach der ersten Corona-Welle habe es Pläne gegeben, dass die Kinder ihr Abschlusskonzert gemeinsam mit Liedermacher Rolf Zuckowski - Schirmherr des Vereins „Elbkinderland“ - im Freizeitpark Elster aufführen. Doch dies ist aufgrund der Pandemie verschoben. Am heutigen Freitag geht ab 11.30 Uhr die gemeinsame Präsentation aller Klassen über die Bühne.

Bei  einem Projekt  mit  Trommelwirbel geht  die  Post  ab.
Bei einem Projekt mit Trommelwirbel geht die Post ab.
(Foto: Thomas Tominski)

Der Musiker aus Berlin hat sich vier verschiedene Aufführungen ausgedacht, die beim großen Finale als Gesamtkunstwerk zusammenfließen. Höhne ist fasziniert, wie schnell der 31-Jährige den Kindern ein Rhythmusgefühl vermittelt und die Fehlerquote minimiert. „Hoffentlich spielt das Wetter mit“, sagt sie.

Wechsel aufs Gymnasium

Emma Gündel findet das Projekt super. Mathematik und Sachunterricht sind zwar ihre Lieblingsfächer, doch täglich eine Stunde ohne Lesen und Schreiben sei noch besser. Das Mädchen aus der vierten Klasse ist froh, dass Homeschooling Geschichte ist. Ihr haben die sozialen Kontakte gefehlt, die Gespräche mit den Lehrern. Nach der Grundschule, erzählt Emma Gründel, wechselt sie auf das Gymnasium nach Jessen.

„Meine Eltern sind sehr stolz“, meint sie, über eine Belohnung wird noch gesprochen. Privat hört das Mädchen gern die Musik von Mike Singer. Ansonsten, „was im Radio so läuft“. Die Viertklässlerin erzählt, dass mit jedem Tag die Aufregung etwas steigt. „Hoffentlich“, so Gündel, „hört beim Abschlusskonzert am Freitag keiner zu spät auf oder fängt zu zeitig an.“

Klassenkamerad Julius Zapkay ist ebenfalls kein Fan von Homeschooling. Er schätzt den Präsenzunterricht, die Treffen mit den Kumpels, den täglichen Kontakt mit den Lehrern. Bei Fragen vermitteln sie den Lehrstoff sehr verständlich. Der Junge aus Elster besucht nach den Sommerferien auch das Gymnasium der Elsterstadt. Täglich mit dem Schulbus fahren ist für Julius Zapkay kein Problem. Bei der Fußball-EM drückt der Viertklässler Deutschland die Daumen. Klappt es mit dem Titel? „Das ist schwer einzuschätzen“, meint er diplomatisch.

Axel Meier hat seine Trommel auf Vordermann gebracht und wartet auf die nächste Klasse. Zum Schlagzeug, sagt er, sei er eher durch Zufall gekommen. Einem Mädchen seiner Schule ist beim Vorspielen am Klavier der Begleiter ausgefallen. Kurzerhand wird ein Junge aus dem Publikum rekrutiert, der ohne Noten zu kennen, eine tolle Leistung am Schlagzeug abliefert. „Da wusste ich, ein Instrument, was ohne Noten gespielt werden kann, ist genau mein Ding.“ (mz)

Die als Schlagzeug  umfunktionierten  Kunststoffeimer  haben sich die  Schüler der vierten Klasse von zu  Hause  mitgebracht.
Die als Schlagzeug umfunktionierten Kunststoffeimer haben sich die Schüler der vierten Klasse von zu Hause mitgebracht.
(Foto: Thomas Tominski