Prettin Prettin: Lichtenburg-Verein und Stadt Annaburg haben ein Verständigungsproblem

Prettin - Drei Neuigkeiten und eine handfeste Konfliktlage hat der Förderverein Schloss und Gedenkstätte Lichtenburg e.V. Prettin zu vermelden.
Zum einen ist Patrick Schubert - Stadtrat in der Fraktion der Freien Wähler Annaburg - in der jüngsten Jahresversammlung vom Posten des Vereinsvorsitzenden zurückgetreten. Der Grund: „Kommunikationsschwierigkeiten“ zwischen Förderverein und Stadt Annaburg, zu welcher Prettin gehört. Der 2010 gegründete Zusammenschluss mit derzeit rund 25 Mitgliedern sieht sich in seinen Bemühungen um die Lichtenburg von der Stadt nicht ausreichend unterstützt.
Eva Weil lehnt Vorsitz im Förderverein Lichtenburg ab
Zum anderen fühlt sich Eva Weil mit dem Ansinnen der Runde, ihr den Vorsitz zu übertragen und die verkrusteten Befindlichkeiten zwischen Kommune und Verein etwas aufzubrechen, schlichtweg überfordert. Die 87-jährige Witwe von Ernesto Kroch (vor vier Jahren verstorben; er war Jude, Kommunist, Widerstandskämpfer, Häftling im KZ Lichtenburg, Gewerkschaftler und wirkte in Deutschland wie in Uruguay) lebt jetzt in Frankfurt/ Main. „Zu alt, zu weit weg“, sagt Eva Weil, die vor zwei Jahren einen Schlaganfall erlitt.
Aus den beiden aufgeführten Umständen ergibt sich die dritte Neuigkeit: Die Vorstandswahl bei der Mitgliederversammlung kürt den Historiker Sven Langhammer zum neuen Vorsitzenden des Fördervereins. Sein Stellvertreter ist Marco Gutewort, Schatzmeisterin Marion Meißner und Schriftführer Patrick Schubert. Vor allem Sven Langhammer hätte Eva Weil gern an der Vereinsspitze gesehen.
Neuer Vorsitzender sieht Probleme mit Stadt Annaburg
In einem ersten Statement sagt er der MZ: „Als Förderverein wünschen wir uns, dass wir die Möglichkeit bekommen, uns ins Geschehen um das Schloss Lichtenburg mit einzubringen, uns fürs Museum und die Gedenkstätte einzusetzen.“ Als Beispiel nennt Sven Langhammer das Gestalten neuer Ausstellungen. Womit er auf besagten Konflikt mit der Stadt Annaburg zu sprechen kommt. Der Verein habe der Kommune angeboten, eine Ausstellung zur Zeitspanne der Lichtenburg als Witwensitz (16. bis 18. Jahrhundert) auf die Beine zu stellen, zum Nulltarif für die Stadt. Das Konzept dafür liege vor. Dennoch sei dies abgelehnt worden.
„Die alten Ausstellungen stammen aus den 1970er Jahren und sind wissenschaftlich überholt“, erklärt Sven Langhammer. Außerdem würden neue Expositionen wieder mehr Publikum anlocken. Daher möchte der Verein auch Ausstellungen zur Phase des Schlosses als Strafanstalt (18. und 19. Jahrhundert) sowie zu den Decken- und Wandmalereien in den so genannten Frauengemächern konzipieren.
Lichtenburg-Verein gibt Broschüre und Kalender raus
Ganz aktuelle Projekte sind eine Broschüre über die Antoniter im ehemaligen Kloster Lichtenbergk (Vorgänger vom Schloss Lichtenburg), die in Kürze erscheinen soll, und wie im vorigen Jahr ein Monatskalender für 2017, diesmal mit Aufnahmen von den Malereien in den Frauengemächern. „Die Erlöse fließen eins zu eins in die nächste Kampagne zur Sicherung der Malereien zurück.“
Zudem, so Sven Langhammer, bemühe sich der Verein, die Regionalgeschichte von Prettin und Umgebung zu erforschen. Wer Interesse daran habe, könne sich unter den Kontaktangaben auf der Homepage melden.
Bezüglich der Kalamität um die Ausstellung zur Lichtenburg als kurfürstlicher Witwensitz verwies Annaburgs stellvertretende Bürgermeisterin Anja Liebig am Montag gegenüber der MZ auf das Antwortschreiben zu dem vom Förderverein (damals Patrick Schubert) unterbreiteten Vorschlag zu einer Kooperationsvereinbarung aus dem April 2016. Darin heißt es: „Im Hinblick auf die Absicherung der Öffnung der Lichtenburg hat sich die Stadt entscheiden müssen, die Trägerschaft und damit die personelle Bewirtschaftung der Museen an den ,Wir’ e.V. mittels Kooperationsvereinbarung zu übertragen.“ Das sei auch geschehen, weil sich weder die Stadt noch der Förderverein dazu in der Lage sahen.
Wir-Verein plant zwei neue Ausstellungen auf der Lichtenburg
Um die Förderkriterien für die nun in der Lichtenburg über den „Wir“-Verein Beschäftigten (in den Programmen Soziale Teilhabe und Ü 58) durch die Bundesagentur für Arbeit bzw. das Jobcenter einhalten zu können, sei das Etablieren zweier zusätzlicher Ausstellungen - zu Luther und der Lichtenburg als Witwensitz für dänische Prinzessinnen - ausschließlich durch den „Wir“ e.V. als Träger der Maßnahme erforderlich.
Deshalb, so Anja Liebig, könne die Ausstellung des Fördervereins zum Witwensitz hier nicht zum Zuge kommen. Dessen ungeachtet habe die Stadt aber Interesse an den anderen Expositionen des Fördervereins zur Zeit des Schlosses als Strafanstalt - dafür müsse, wenn das Konzept stehe, noch ein Platz gefunden werden - und zu den Frauengemächern.
Am 11. Februar 2017 wäre Ernesto Kroch, prominenter Widerstandskämpfer und Häftling im KZ Lichtenburg, 100 Jahre alt geworden. Mit 95 Jahren ist er leider verstorben. Wie seine Witwe Eva Weil berichtet, wurde der Nachlass ihres Mannes, der wie sie auch in Uruguay wirkte, ins Exil-Archiv der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt/Main übernommen. Dort finde am 10. Februar 2017 eine Erinnerungsveranstaltung für Ernesto Kroch statt. Eine Woche später gebe es wahrscheinlich eine ähnliche Zusammenkunft der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Berlin. Und der Förderverein Lichtenburg Prettin überlegt, zum 100. Geburtstag von Ernesto Kroch eine Filmvorführung zu organisieren.
(mz)