Polizeikontrolle in Jessen Polizeikontrolle in Jessen: Viele Radfahrer ohne Licht unterwegs

Jessen - Das Ergebnis ist ernüchternd: Etwa ein Viertel der rund 100 Radfahrer, die am Montag zwischen 6.30 und 7.20 Uhr in Jessen zwei Kontrollstellen passiert haben, werden entweder mit Mängeln am Rad oder wegen falschen Fahrverhaltens festgestellt. Insgesamt handelt es sich um 25 Verkehrssünder.
Am frühen Morgen
Es ist noch stockfinster, als die Polizeibeamten und die Vertreter des Jessener Ordnungsamtes am ersten Schultag nach den Winterferien die Aktion beginnen. In der Mühlberger Straße, die als Hauptzufahrt zum Gymnasium dient, und parallel dazu in der Alten Gorsdorfer, nahe der Max-Lingner-Grundschule, braucht es jeweils nur Minuten, bis sich – nach vorschriftsmäßig beleuchteten Pedalrittern auch einige „Blindschleichen“ nähern. In der Alten Gorsdorfer Straße ist es ein Grundschüler, der zuerst auffällt. An seinem Fahrrad funktionieren weder das Vorder- noch das Rücklicht.
Der Junge reagiert sichtlich überrascht. Polizeikommissar Heinz Geisler verdeutlicht ihm: „Du bist nicht verkehrssicher unterwegs und setzt dich einer großen Gefahr aus.“ Ordnungsamtsmitarbeiterin Karolin Schmischke – sie begleitet eine solche Kontrolle zum ersten Mal – wird nachdenklich, als sie das Geburtsdatum des Jungen notiert: „Zwölf Jahre alt ist er, da sollten die Eltern schon noch nachsehen, wie der Junge unterwegs ist.“ Das Kind darf anschließend seinen Schulweg fortsetzen – allerdings zu Fuß, seinen blinden Drahtesel in der Dunkelheit neben sich her schiebend. Im Laufe der knapp einstündigen Kontrolle werden insgesamt drei Radfahrer unter 14 Jahren festgestellt, alle als „Geister-Fahrer“ mit mangelhafter Beleuchtung. In diesen Fällen erhalten die Eltern einen amtlichen Brief, in dem sie auf diesen Sachverhalt aufmerksam gemacht werden. Die über 14-Jährigen – darunter befinden sich auch einige Erwachsene – bekommen ebenfalls Post. Von der Bußgeldstelle.
Die zehnjährige Zoe passiert die Kontrolle mit freundlichem Lächeln und ohne Beanstandungen: „Mein Rad ist immer in Ordnung, mein Vati schaut genau nach“, verrät sie.
Beleuchtung und Bremsen
In der Morgendämmerung biegt Silke Schramm mit ihrem Rad und einem weiten Lichtkegel in die Alte Gorsdorfer Straße ein und steigt an der Kontrollstelle ab. Die Grundschullehrerin möchte noch vor dem Großteil der Schüler an ihrer Arbeitsstelle sein. Dem steht auch nichts entgegen. Heinz Geisler hat nichts zu beanstanden. Alles andere wäre auch verwunderlich – wenn nicht gar peinlich gewesen, denn Silke Schramm fungiert an ihrer Schule als Verkehrssicherheitsbeauftragte. Das erfahren die Ordnungskräfte jedoch erst später.
Im „Bußgeldkatalog für Radfahrer 2015“ sind in der Regel Geldstrafen zwischen fünf und 35 Euro festgesetzt. Deutlich teurer kann es bei schweren Verstößen werden, etwa wenn Ampeln bei Rotlicht überfahren werden oder wenn ein nicht verkehrssicheres Fahrrad eine Verkehrsgefährdung hervorruft.
Vor den Winterferien gab es am 29. Januar eine Radfahrkontrolle in Annaburg. Dabei wurden sieben Verstöße festgestellt – alle wegen mangelhafter Beleuchtung. Die Ordnungskräfte kündigen weitere Aktionen an, sowohl in Jessen als auch in anderen Orten. Schwerpunkte sollen neben dem allgemeinen technischen Zustand der Fahrräder vor allem das Fahren auf Gehsteigen oder das Fahren auf der falschen Straßenseite sein. Auch das „Radeln mit Handy“ werde ins Visier genommen.
Kontrollschwerpunkt ist vordergründig die Beleuchtung an den Rädern, doch die Ordnungskräfte stellen auch andere Mängel fest, vor allem an den Bremsen. Ein Jugendlicher ist gänzlich ohne Vorderbremse unterwegs. Argumente, weswegen und seit wann etwas nicht funktioniert oder vorhanden ist, hören Polizeihauptmeisterin Heike Kühn und ihre Kollegen zur Genüge: „Der Opa hat schon dreimal geschaut, aber nichts gefunden.“ Oder: „Das muss wohl ein Wackelkontakt sein.“ Heinz Geisler kürt die zwei besten Ausreden: „Die Bremsen sind eingefroren“, und: „Der Akku liegt zu Hause an der Steckdose.“ Polizeikommissar Tobias Trabitz, der Annaburger Regionalbereichsbeamte, unterstützt seine Jessener Kollegen in der Mühlberger Straße. Er stößt häufig auf (vermeintliche) Unwissenheit: „Viele sagten, dass sie die kaputte Beleuchtung nicht bemerkt – oder vergessen hätten, das Licht einzuschalten.“
Auf der falschen Seite
Einige Male stoppt er Radfahrer, die auf dem Fußweg – oder entgegen der Fahrtrichtung unterwegs sind. Dieses falsche Verhalten sei in Jessen relativ häufig anzutreffen. Thomas Knesch und Marion Preuß vom Jessener Ordnungsamt favorisieren deshalb Kontrollen speziell zu dieser Problematik. (mz)
