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„Die Ukraine gehört zu Europa!“ Partnerstädte diskutieren in Zahna - Wie wichtig ist die EU für Deutschland und Europa?

In Zahna-Elster wurde das Partner-Städtetreffen gefeiert. Die Vertreter der Städte Zahna-Elster, Edemissen, Kaltenbach und Steszew sprechen bei einer Podiumsdiskussion gemeinsam über die Euroskepsis und den Krieg in der Ukraine. Wie das Publikum die Diskussion im Nachgang einschätzt.

Von Aline Kauper Aktualisiert: 06.09.2022, 09:03
Bei einer Podiumsdiskussion in Zahna diskutierten Politiker aus drei Ländern über die Europäische Union und ihre Vor- und Nachteile.
Bei einer Podiumsdiskussion in Zahna diskutierten Politiker aus drei Ländern über die Europäische Union und ihre Vor- und Nachteile. (Foto: Kauper)

Zahna-Elster/MZ - „Europa 2019 - was nun? Argumente gegen die Euroskepsis“ lautete die Überschrift der Podiumsdiskussion, die am Samstag in Zahna geführt wurde von den Partnerstädten von und mit Zahna-Elster. 2019 - das Jahr der Europawahl. Kurz darauf sollte das Städte-Partnerschaftstreffen vom vergangenen Wochenende stattfinden. Aus bekannten Gründen wurde es aber von 2020 verschoben.

Das Thema ist aktuell geblieben. „Damals gab es einen Rechtsruck“, erklärt Zahna-Elsters Bürgermeister Peter Müller (Freie Wähler). Auch hätten einige klare Tendenzen gehabt, Europa zu verlassen. Hat sich das verändert?

Versprechen nicht eingehalten

Europas Werte Frieden und Freiheit sind keine selbstverständlichen Werte heutzutage“, sagt Bundestagsabgeordneter Sepp Müller (CDU). „Unsere Generation konnte das Versprechen, nie wieder Krieg zu führen, nicht einhalten“, bedauert er. Dass er sich selbst zu Beginn der Podiumsdiskussion auch auf französisch vorstellen konnte, kam beim Publikum besonders gut an.

Auch Sepp Müller (links) und Karolin Braunsberger-Reinhold nahmen am Gespräch teil. Rechts im Bild Peter Müller.
Auch Sepp Müller (links) und Karolin Braunsberger-Reinhold nahmen am Gespräch teil. Rechts im Bild Peter Müller.
(Foto: Kauper)

Denn das Gespräch findet zur Überraschung von Karolin Braunsberger-Reinhold, CDU-Abgeordnete für Sachsen-Anhalt im Europaparlament, dreisprachig statt. Für die Freunde aus den Partnerstädten wird in französisch und polnisch übersetzt. Seit dem Ukrainekrieg sei die Europäische Union „näher zusammengerückt“, findet Braunsberger-Reinhold. „Dass Berufs- und Studienabschlüsse europaweit anerkannt werden, ist eine große Errungenschaft“, zählt sie unter anderem als Beispiel dafür auf, wie die Bürger von der Mitgliedschaft der EU profitieren.

Profitieren würde vor allem auch der Bildungsbereich im Landkreis, erklärt der stellvertretende Landrat Jörg Hartmann (CDU). Viele Baumaßnahmen und Investitionen in der Schulsozialarbeit etwa seien durch Mittel der EU gefördert worden. Von den Förderprogrammen, macht Bürgermeister Müller deutlich, profitieren auch die Gemeinden wie Zahna-Elster. „Die EU ist sehr wichtig. Umso mehr in diesen Zeiten!“

Vorschriften erschweren die Arbeit

Er weist aber eben auch daraufhin, dass gerade in ländlichen Regionen, wo die Landwirtschaft einen besonderen Stellenwert genieße, Verordnungen und Vorschriften der EU den Landwirten ihre Arbeit erschweren.

Ähnliches berichtet auch Roland Schandert, Inhaber von Elektro Schandert aus dem Publikum. Er spricht von hoher Bürokratie bei Ausschreibungen und sehr vielen Kontrollen. „Es ist definitiv zu viel Bürokratie“, stimmt ihm die Europaabgeordnete zu. An diesem Problem müsse gearbeitet werden - das nehme sie auch als Hinweis mit ins Parlament, erklärt sie der MZ. „Skeptisch darf man sein und hinterfragen muss man dürfen. Doch ein geeintes Europa muss bleiben!“ Das erklärt Kaltenbachs (Österreich) Bürgermeister Klaus Gasteiger. Er verstehe die Skepsis von 2019 nicht und ist sich auch sicher, dass eine erneute Abstimmung über den Brexit in Großbritannien heute ganz anders ausgehen würde.

Gasteiger fordert von der EU, sich nun dem Problem der Energiekrise anzunehmen: „Das ist das was den Leuten auf den Nägeln brennt. Die EU muss diese Probleme angehen.“ Dafür erntet er viel zustimmenden Applaus des Publikums im Zelt. Sepp Müller lobt im Verlauf der Podiumsdiskussion, „was die polnischen Freunde leisten“. Er sei kürzlich selbst in Polen gewesen und dankt stellvertretend Włodzimierz Pinczak, dem Bürgermeister der Stadt Steszew. „Die meisten Polen sind für die EU“, erklärt dieser. Die Vorteile, die die Mitgliedschaft mit sich bringen, seien sehr wichtig. Beispielsweise die Möglichkeit, die Grenzen ohne einen Pass zu überqueren. Jetzt müsse man alles tun, um die Zusammenarbeit weiter zu entwickeln.

Zuschauer aus Deutschland, Polen, Österreich und Frankreich hörten zu.
Zuschauer aus Deutschland, Polen, Österreich und Frankreich hörten zu.
(Foto: Kauper)

Ukraine gehört zu Europa

„Für mich geht an Europa, der EU, kein Weg vorbei“, erklärt Tobias Faust, Bürgermeister der Gemeinde Edemissen (Niedersachsen). Frieden, so Faust, könne man nur gemeinsam erreichen.

Dass der Frieden gerade jetzt mit dem Krieg den Russland gegen die Ukraine führt, in Gefahr ist, ist eines der Hauptthemen der Diskussion. „Die Ukraine gehört zwar nicht zur EU, gehört aber zu Europa. Die Ukrainer verteidigen nicht nur ihr eigenes Land, sondern auch die Freiheit und die Souveränität von ganz Europa“, betont Braunsberger-Reinhold im Nachgang der Diskussion gegenüber der MZ.

Gerade deshalb seien eben solche Gespräche wie hier in Zahna wichtig. Enttäuscht zeigt sich nach der Veranstaltung Jeanin Lange. „Eine Diskussion ist für mich, wenn auch kritische Stimmen dabei sind“, findet sie. Die Probleme des Volkes hätten hier zu wenig Platz gefunden. Zahna-Elsters Stadtratsvorsitzender Matthias Wartenberg (CDU) sieht es als ein „gutes Signal“, dass sowohl der Bundestagsabgeordnete als auch die Europaabgeordnete nach Zahna gekommen sind. Er sei sich der Euroskepsis in der Region bewusst, die Mehrheit wisse jedoch, was der Zusammenhalt innerhalb der EU bedeute.

Dass die vier Partnerstädte gemeinsam ein solches Fest feiern und den Kontakt halten, sei gerade in diesen Zeiten keine Selbstverständlichkeit, betont die Europaabgeordnete.