1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Jessen
  6. >
  7. Nachwuchsgewinnung in Jessen: Nachwuchsgewinnung in Jessen: Zugkraft von Handwerksbetrieben lässt nach

Nachwuchsgewinnung in Jessen Nachwuchsgewinnung in Jessen: Zugkraft von Handwerksbetrieben lässt nach

Von H.-Dieter Kunze 15.01.2015, 19:41
Kfz-Meister Uwe-Ives Schöne, Lehrling Lukas Horn und Jungmeister Benjamin Koch mit dem neuen Reifendruckkontrollsystem-Messgerät in der Hand (v. l.) in der Jessener Werkstatt
Kfz-Meister Uwe-Ives Schöne, Lehrling Lukas Horn und Jungmeister Benjamin Koch mit dem neuen Reifendruckkontrollsystem-Messgerät in der Hand (v. l.) in der Jessener Werkstatt Kunze Lizenz

Jessen - „Handwerksberufe haben nicht mehr eine so hohe Zugkraft wie einst.“ Mit dieser Erkenntnis steht Uwe-Ives Schöne aus Jessen nicht allein da. Doch der Kfz-Meister mit acht Beschäftigten in seinem Team steuert aktiv dagegen. Mit seinen Erfahrungen und einem eigenen Konzept. Neun Lehrlinge hat er seit 1995 in seiner freien Werkstatt am Jessener Gorrenberg bereits ausgebildet, ein weiterer, Lukas Horn aus Jessen, erlernt seit 2014 den Beruf eines Kfz-Mechatronikers.

Engagement in Schulen

„Man muss an Kfz-Berufen interessierte junge Leute gezielt gewinnen. Da sollte man nichts dem Zufall überlassen. Denn es ist erschreckend, wie immer weniger sich von selbst bewerben“, spricht Schöne aus Erfahrung. Zu seinem Konzept gehört beispielsweise das Angebot von Betriebspraktika. Ab 15 Jahre sind diese möglich. „Dazu gehe ich an Schulen und mache auf unsere Branche und die beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten aufmerksam.“ Lukas Horn bewarb sich um einen Praktikumsplatz, schnupperte in den Ferien Werkstattluft und absolvierte vor seiner eigentlichen Lehrausbildung ein längeres Praktikum. Heute sagt er: „Ich habe diese Entscheidung nicht bereut. Es ist ein sehr anspruchsvoller Beruf, den man nicht so im Vorbeigehen erlernt. Aber ich bekomme immer wieder fachliche Unterstützung vom Meister und den Gesellen.“ Was ihm hier besonders gefalle, sei das gute Betriebsklima.

Schöne betont, dass in seiner Werkstatt die Qualität der Arbeit und damit verbunden die ständige Weiterbildung der Mitarbeiter an erster Stelle stehen. „Ich zwinge aber keinen Mitarbeiter, sich zu qualifizieren“, unterstreicht er. Die erkennen das jedoch selbst, weil sie mithalten wollen. Er ist auch ehrenamtliches Mitglied der Lehrlingsprüfungskommission der Handwerkskammer Halle, Bereich Innung Wittenberg. Vier von ehemaligen Schöne-Lehrlingen erwarben einen Kfz-Meisterabschluss, zwei studierten Maschinenbau. Sie alle machten ihren Weg. Einer arbeitet bei BMW in Leipzig, ein anderer bei Airbus Toulouse.

Unterstützung für Meisterstudium

Benjamin Koch aus Prettin arbeitet seit 2006 in der Werkstatt. Jetzt hat der Firmeninhaber den 24-Jährigen in den Rang eines Jungmeisters erhoben, der ihm gleichberechtigt fachlich zur Seite steht. „Ich bin rundum zufrieden hier, sowohl mit der Arbeit als auch dem kollegialen Verhältnis“, äußert der Prettiner anerkennend. Für sein Meisterstudium habe er sehr große Unterstützung erhalten. So wurde er für eine Intensivausbildung für fünf Monate teilweise freigestellt.

Schöne ist jetzt 53 Jahre: „Ich möchte aber nicht, dass mein Lebenswerk eines Tages auf der Kippe steht, wie man es jetzt häufig so hört. Denn die Jahre vergehen schnell.“ Deshalb setzt er auf eine gezielte Nachwuchsförderung.

Uwe-Ives Schöne hat das Kfz-Handwerk von der Pike auf gelernt. Seine Lehrausbildung absolvierte er bei der Produktionsgenossenschaft des Handwerks (PGH) „Trabant“ in Jessen. Dazwischen liegen Welten, der Stand der Technik gerade im Kfz-Wesen hat sich rasant entwickelt. „Wir schicken aber trotzdem keinen Kunden weg, der mit einem Trabant oder Wartburg zu uns kommt. Denn wir reparieren beinahe alle Typen von Pkw und Transportern.“

1991 machte sich Schöne als Autohändler selbstständig. Er wusste, dass dieser Boom, nach der Wende losgetreten, abflauen würde. Deshalb erwarb er 1993 das ehemalige Wasserwerk am Gorrenberg und eröffnete eine freie Werkstatt. Gleichzeitig begann er eine Ausbildung zum Kfz-Mechanikermeister, die er im März 1995 erfolgreich abschloss. Umgehend stellte er den ersten Lehrling ein, Danny Schubert aus Groß Naundorf. Er machte sich selbstständig und hat seit Jahren ein eigenes Autohaus.

Anforderungen steigen

Beinahe jedes Jahr steigen die Anforderungen in der Kfz-Branche. So ist ab dem 1. November 2014 ein Reifendruck-Kontrollsystem Pflicht bei allen Neuwagen. Die müssen gewartet und die Steuergeräte bei der Umstellung von Sommer- auf Winterreifen und umgekehrt jedes Mal neu kalibriert werden. Die Kfz-Werkstatt Schöne ist dafür gerüstet. Ein kostenintensives Messgerät steht bereit und Mitarbeiter sind qualifiziert worden.

Mit umfangreichen Baumaßnahmen wurde die Kfz-Werkstatt Schöne modernisiert. Ein neuer Sozialtrakt entstand und die einst sehr enge Werkstatt ist um Außenbereiche erweitert worden. Uwe-Ive Schöne sieht sich aber nicht als Einzelkämpfer. Er arbeitet deshalb mit anderen Betrieben der Region eng zusammen. Besonders eng verbunden sind drei Betriebe der Region, die Mitglieder im „Meisterhaft-Autoreparatur Konzept“ sind. Schöne ist es seit 2012, der Autohof Grießig in Schadewalde und der Autohof Henze in Düßnitz gehören ebenfalls dazu. Schöne ist zuversichtlich, dass er die immer höher werdenden Herausforderungen in der Kfz-Branche weiterhin meistern wird: „Nicht im Alleingang, sondern mit einem starken und zuverlässigen Team von Mitarbeitern an meiner Seite. Ich weiß, dass ich mich auf sie verlassen kann.“ (mz)