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Mühlentag Mühlentag: Das Warten lohnt sich

Von Evelyn Jochade 21.05.2013, 18:04
Gabriele Schanz half dem Bäckermeister bei letzten Handgriffen.
Gabriele Schanz half dem Bäckermeister bei letzten Handgriffen. Jochade Lizenz

Lebien/MZ - Einmal im Jahr ist Deutscher Mühlentag. Da schauen die Lebiener, wie alle in Deutschland, die ein solches Kleinod ihr „Eigen“ nennen, zum Himmel. Am Montag war die Wettervorhersage für den Kreis Wittenberg zweigeteilt. Wolken und Wind sollten sich mit sonnigen Abschnitten abwechseln. Und genauso kam es. Die alte Bockwindmühle von 1833, auch Lindners Mühle genannt, hatte wirklich „Bock“ auf ein paar Drehungen, denn kräftiger Wind war genug vorhanden.

Doch Rüdiger Neubauer ließ die Flügel nicht rotieren. Aus gutem Grund. Erst vor vier Jahren mussten die jeweils acht Meter langen durch kräftigen Wind zerbrochenen Ruten ersetzt werden. Das kostete immerhin 12 000 Euro, denn auch wenn nur ein Flügel bricht, müssen alle vier erneuert werden. Das Lärchenholz, aus dem sie bestehen, sollte den gleichen Trocknungsgrad aufweisen. Sonst entsteht eine Unwucht. Gut, dass es noch Enthusiasten wie Manfred Große gibt, der damals die neuen Ruten im Jessener Betrieb selbst herstellte. Genauso wie ihn hat das Mühlenfieber auch Ortsteilbürgermeister Rüdiger Neubauer seit Jahren erfasst: „Nach jedem Sturm fahre ich raus und sehe nach, ob etwas kaputt gegangen ist. Man hängt eben dran.“

Die Mühle, die eine beachtliche Höhe von 19 Metern aufweist und ein Wahrzeichen des Dorfes ist, war dann auch Anziehungspunkt vieler Besucher, die diesmal vermehrt mit dem Auto anreisten. Einige Mutige allerdings vertrauten auf den Wetterbericht und ihre Waden.

Alle zusammen empfanden den Duft als sehr angenehm, der über dem kleinen Areal neben der Mühle schwebte. Wer wollte nicht mindestens ein Mühlenbrot, Verkaufsschlager der letzten Jahre, mitnehmen? Um in den immer beliebter werdenden Speckkuchen beißen zu können, beides gebacken vom heimischen Bäckermeister Gerald Görz, mussten sich die Besucher etwas gedulden. Als endlich die Bleche des deftigen Kuchens nur noch mit einer Decke begossen wurden, da griff Gabriele Schanz beherzt zu und half. Die Wittenbergerin, die sich mit ihrem Mann Reginald mehrere Mühlenstandorte in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Brandenburg ansah, drückte die Zeit. „Schade, ich hätte gern so ein Stückchen probiert“, meinte sie. „Aber wir können nicht die 20 Minuten warten, bis der Speckkuchen fertig ist.“ Vom Bäcker ließ sie sich noch schnell das Rezept verraten, um zu Hause danach zu backen.

Doch als nach den avisierten 20 Minuten die Tür des Backofens im kleinen Mühlendörfchen geöffnet wurde, war Gabriele Schanz die Erste am Verkaufswagen. Als sie dann noch gekostet hatte rief sie dem Bäckermeister voller Anerkennung zu: „Da hat sich das Warten aber wirklich gelohnt!“