Lichtenburg Kunst hängt in Prettin in der Warteschleife
Die Ausstellung von Petra Reichenbach wird am 11. September eröffnet. Was beim Aufbau nicht gleich geklappt hat und mit den Videos passiert.

Prettin - Petra Reichenbach hockt sich mit dem Smartphone vor die Leinwand und versucht, den QR-Code einzulesen. Eigentlich, so die Künstlerin aus Halle, muss jetzt ein Video starten. In diesem berichtet Olga Benario - gesprochen von einer Schülerin der neunten Klasse des Jessener Gymnasiums - über ihre schreckliche Zeit als KZ-Insassin in der Lichtenburg Prettin.
„Die Leinwand ist zu durchsichtig“, stellt Petra Reichenbach nach mehreren erfolglosen Versuchen fest und hält ein Blatt Papier hinter die anvisierte Stelle. Der Schattenriss von Olga Benario erscheint auf dem Display ihres Smartphones, der kurze Film läuft ruckelfrei los.

Im Rahmen des Heimatstipendiums #2 „Starke Frauen in der Lichtenburg“ stellt die 57-Jährige je fünf Persönlichkeiten aus der Renaissance und der NS-Zeit im mittleren Raum der Frauengemächer vor, die Ausstellungsdauer geht laut Reichenbach über drei Jahre. Beim Aufbau der Kunstinstallation hat der Künstlerin Mathias Kaßner aus Halle geholfen, der von Hause aus Tischler ist.
„Das sind keine schwierigen Arbeiten“, sagt er und setzt die Schlagbohrmaschine an. Kaßner befestigt die Alu-Schienen, setzt Konstruktionshölzer ein und beobachtet aus dem Augenwinkel Reichenbach, die neben der Leiter steht und per Staubsauger-Schlauch sofort den Staub auffängt, damit die Leinwände nach dem Aufhängen noch schick aussehen.
Professionelle Filme
Die 57-Jährige hofft, mit der Kunstinstallation ein breites Publikum anzusprechen und gleichzeitig den Spagat zwischen Renaissance sowie dem eher dunklen Kapitel NS-Zeit zu schaffen. Deshalb sei sie beim Aufhängen der Leinwände nicht chronologisch vorgegangen. Die kurzen Filme, gedreht von René Langner, einem Medienpädagogen aus Halle, lassen Geschichte wieder lebendig werden.

Zudem hat der Mann aus der Saalestadt als Regisseur den zehn jungen Damen aus Jessen viel Schauspielkunst abverlangt. Sie nennt das „eine tolle Performance“. Beim Aufbau achtet die 57-Jährige auf jedes Detail. Sie wird den mittleren Raum der Frauengemächer nicht zusätzlich beleuchten, damit das Licht die Leinwände nicht durchsichtig erscheinen lässt und somit Kontrast verloren geht.
„Das wäre dann suboptimal“, meint sie. Neben Olga Benario erzählen noch Kurfürstin Elisabeth von Brandenburg, Kurfürstin Anna von Sachsen, Kurfürstin Hedwig von Sachsen, Kurfürstin Wilhelmine Ernestine von der Pfalz, Kurfürstin Anna Sophie von Sachsen (alle Zeit der Renaissance), Lotti Huber, Lina Haag, Wald-Frieda Weiss und Amalie Pellin (jeweils KZ-Häftlinge) vom Leben und Leiden in der Lichtenburg.
Raum wird abgesperrt
Die Ausstellung bleibt bis zum 11. September geschlossen. Darauf haben sich die Stadt Annaburg, die Kunststiftung Sachsen-Anhalt als Förderer des Projekts und Petra Reichenbach verständigt. „Sie soll erst am Vorabend des Tags des offenes Denkmals feierlich eröffnet werden“, erklärt Anja Liebig, Hauptamtsleiterin der Stadt.
Die Besucher der Prettiner Lichtenburg dürfen lediglich einen Blick auf die Kunstinstallation werfen, den Zugang zum mittleren Raum verhindert ein Absperrband. Alle Filme werden in den nächsten Tagen wieder von der Internetseite der Stadt genommen, damit bis zur Eröffnung noch ein Stück Neugierde bleibt.

„Wir wollten zumindest allen Schülerinnen noch die Möglichkeit geben, sich die Videos vorher anzusehen“, so Anja Liebig, die selbst ganz gespannt ist, wie die Kunstinstallation in der Öffentlichkeit ankommt.
Petra Reichenbach ist froh, dass es eine schnelle Einigung in Sachen Eröffnungstermin gegeben hat. „Die anderen Stipendiaten eröffnen auch in diesem Monat“, sagt sie, für den 12. September sind bereits drei Führungen durch die Künstlerin geplant. „Vielleicht“, so die 57-Jährige, „bringe ich noch ein Info-Schild mit einer Gebrauchsanweisung für den QR-Code an.“ Die Schwachstelle Durchsichtigkeit ist inzwischen beseitigt. (mz)