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Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: Wasser ohne Ende

Von KLAUS ADAM 16.02.2011, 20:09

SCHWEINITZ/MZ. - "Wir werden das nächste Halbjahr noch sehr viel Wasser überall haben, ein abnormal hohes Grundwasser." Davon ist der Schweinitzer Heinz Müller überzeugt. Das Grundwasser sei "dermaßen aufgefrischt und aufgestaut", dass es im Extremfall sogar zwei bis drei Jahre dauern könnte, bis sich wieder die zuvor gewohnten Zustände einstellen. Abhängig natürlich davon, ob die nächsten Jahre eher trocken ausfallen oder doch mit weiteren Niederschlägen aufwarten.

Reicher Erfahrungsschatz

Müller ist einer derjenigen - und wenigen -, die noch genau wissen, wie sich das Wasser in der Region verhält. Auch das unsichtbare. Denn er hat fast 50 Jahre in der Melioration gearbeitet. Zuerst seit Anfang der 60er Jahre als Leiter einer der vier Regional-Meliorationsbetriebe und später als Produktionsleiter der Meliorationsgenossenschaft Jessen.

Selbst dem Flussbereichsingenieur Jörg Herrmann vom Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) konnte er mit seinem Wissen schon dienen. Er hat nach dem Rekordhochwasser an der Schwarzen Elster im Dezember einige Schwerpunkte aufgelistet, die aus seiner Sicht künftig beachtet werden sollten.

"Das Material ist sehr hilfreich", schätzt Herrmann ein, "da wir mit der Übernahme des Gebietes", infolge der Länderbildung vor 20 Jahren, "durch den Bezirk Cottbus kaum Unterlagen zur Verfügung gestellt bekommen haben", sagt er. Der Flussexperte verweist aber auch darauf, dass sich in puncto Melioration die Zuständigkeiten für die Gewässer erster und zweiter Ordnung überschneiden. Hier sei der Gesetzgeber gefragt, eindeutige Regelungen zu treffen. Die Zusammenarbeit zwischen Unterhaltungsverband "Schwarze Elster" und LHW funktioniere aber gut. Insbesondere beim zweiten Hochwasser im Januar habe sich das bewiesen, detaillierte Hermann.

Bei den von Heinz Müller analysierten Schwerpunkten handelt es sich um vier Stau-Bauwerke, die insbesondere beitragen können, das Schweinitzer Schöpfwerk an den so genannten Küchenteichen zu entlasten. Voraussetzung ist natürlich, dass die Anlagen entsprechend gewartet werden. Müller zeigt auf einer großen Karte, dass allein das Einzugsgebiet des Schweinitzer Fließes weit über die Region des Altkreises Jessen hinausreichte.

Unterirdische Drainage

Das ist auch dadurch bedingt, dass in den großen Landwirtschaftsflächen "sehr viel Drainung drinliegt", wie Müller erläutert. Also von oben her durchlässige Rohre, die das Oberflächenwasser in die Grabensysteme ableiten sollen. Und diese münden ins Fließ, welches bekanntlich wiederum an die Schwarze Elster anbindet. Von den Drainagesystemen in den Flächen sei allerdings "leider viel kaputtgewirtschaftet worden", soll heißen, zum Beispiel zerpflügt worden. "Ich glaube nicht, dass eine Genossenschaft in den letzten 15, 20 Jahren eine Drainung gebaut hat", beschreibt der Meliorationsexperte seine Vermutung.

Der Aufwand, der heute betrieben wird, um den Hochwasserschutz in den Griff zu bekommen, stehe in keinem Verhältnis zu den Aufwendungen, die der Unterhalt der bestehenden Anlagen gekostet hätte, ist Müllers eindeutige Ansicht. Doch die Kenntnis über die zum Teil unterirdischen Anlagen ist für ihn wichtig, weil sie hilft, bei Extremlagen vor Überraschungen geschützt zu sein. Die habe es nach seiner Beobachtung beim Rekordhochwasser im Oktober und erneut im Januar durchaus gegeben. Da habe manche unterirdische Drainageleitung zusätzlich Wasser in die Gräben gebracht und ihren Teil beigetragen, dass die Gewässer derart hoch stiegen.

Ab Freitag neue Arbeitsgruppe

Solche und weitere Fragen soll künftig eine Expertenrunde erörtern, für die Landes-Landwirtschaftsminister Hermann Onko Aeikens (CDU) am Freitag in Wittenberg offiziell den Startschuss geben will. Eine von sieben im Land. Doch, weder Kommunen noch Landwirte oder Betroffene werden daran teilnehmen. "Die Gemeinden sind da ausgeladen", erklärte Jessens Bürgermeister Dietmar Brettschneider (CDU. "Obwohl es um Belange gehen soll, die die Gemeinden betreffen." Er selbst werde dennoch teilnehmen - in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Unterhaltungsverbandes "Schwarze Elster".

"Es wird so schon eine große Runde", verteidigt Detlef Thiel, Pressesprecher des Landwirtschaftsministeriums, dass man nicht alle habe berücksichtigen können. Neben Fachleuten aus dem Umweltministerium werden der Landrat, der Dessauer Oberbürgermeister, Vertreter vom Landesbetrieb für Hochwasserschutz, Unterhaltungsverbände und Kreisbauernverbände dabei sein. Der Chef des Kreisbauernverbandes, Hartmut Steiner, spürt selbst den Unmut der Kollegen. Dass nur er dabei sein darf, stößt auf. "Ich kann sie ja verstehen", sagt er, hält es aber mit dem Ministerium. "Das ist erst der Auftakt", so Steiner, der dort darauf drängen will, dass in nächsten Arbeitsschritten die Betroffenen zu Wort kommen. Die Experten werden morgen hinter verschlossenen Türen tagen. Informationen sollen aber im Internet zu finden sein.